Maximilian Baßlsperger hat geschrieben:... i.d.R. vorherige Kontaktaufnahme während der AU "nicht empfohlen"
Wann muss sich der Dienstherr / Arbeitgeber an den Beschäftigten wenden?
Baßlsperger: „Hier spielt zunächst die „Sechs-Wochen-Frist“ die entscheidende Rolle. Es fragt sich jedoch, ob der Dienstherr / Arbeitgeber bereits während der Arbeitsunfähigkeit mit dem Beschäftigten in Verbindung treten soll / darf, um später ein „BEM“ einzuleiten. Eine solche Kontaktaufnahme ist zwar nicht ausdrücklich verboten, sie wird aber auch nicht empfohlen. Es ist in der Regel völlig ausreichend, wenn der Arbeitgeber / Dienstherr eine Kontaktaufnahme nach Rückkehr des Beschäftigten vornimmt. Im Einzelfall – etwa bei Krankheiten nach Unfällen oder bei entsprechenden Äußerungen des Beschäftigten – ist eine solche Kontaktaufnahme auch schon vorher möglich.“
Diese
pauschale Einzelmeinung von Baßlsperger ist m.E. abzulehnen auch vor dem Hintergrund, dass nach dem Gesundheitsreport der BKK (2014) in Deutschland 4 % der Fälle mit Langzeiterkrankungen für über 45 % der Fehlzeiten verantwortlich sind. Ein Bruchteil der AU-Fälle ist somit für einen Großteil der Fehlzeiten verantwortlich. Einer „entsprechenden Äußerung“ bzw. eines Antrages des BEM-Berechtigten bedarf es nicht entgegen Baßlsperger.
www.bem-netz.org
• Ebenso BMAS-Leitfaden 2015, FAQ 18:
"Ein BEM ist gesetzlich vorgeschrieben, wenn Sie innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank waren. Das BEM kann also beginnen,
bevor Sie in den Betrieb zurückkehren. Dies ist auch
sinnvoll, da viele Maßnahmen, die etwa zur Anpassung Ihres Arbeitsplatzes notwendig werden können, eine gewisse Vorbereitungszeit brauchen. Ihr Arbeitgeber wird deswegen bereits
frühzeitig den Kontakt mit Ihnen suchen."
• Ebenso BIH-Leitfaden 2015, Seite 18:
Die Vorschrift knüpft "allein" an die Sechs-Wochen-Frist an, nicht an die gesunde Rückkehr des erkrankten Mitarbeiters. BEM ist gerade kein Krankenrückkehr-Gespräch. Deshalb soll bereits
während der Arbeitsunfähigkeit der Kontakt zu den Mitarbeitern gesucht werden – und nicht erst danach.
Statistik: Im Jahre 2005 gab es erstmals mehr Mitarbeiter über 50 Jahren als Mitarbeiter unter 30 Jahren. Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln liegt die Anzahl der krankheitsbedingten Fehltage bei den 55- bis 64-Jährigen im Jahr 2011 bei circa 28 Tagen. Die krankheitsbedingte Ausfallzeit älterer Arbeitnehmer ist damit mehr als doppelt so hoch wie die des Durchschnitts. Gerade darauf gilt es sich beim BEM schon während der AU gezielt zu konzentrieren. Damit ist das BEM klar abzugrenzen vom bisherigen Krankenrückkehr-Gespräch.
Viele Grüße
Albin Göbel