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Ein-Euro-Jobber wahlberechtigt?

Verfasst: Mittwoch 19. September 2018, 13:50
von albin.göbel
NACHTRAG
zum Wahlrecht von Ein-Euro-Jobbern

Vergleiche dazu auch DVfR-Fachbeitrag D34-2018 vom 12.09.2018 auf reha-recht, "Fragen zur Wahl der SBV":

"Für Ein-Euro-Jobber wurde die Wahl­be­rech­ti­gung in der Diskussion bejaht. Ar­beits­ge­le­gen­hei­ten­­ begründen nach § 16d Abs. 7 S. 2 SGB II kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und auch kein Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis­­ im Sinne des SGB IV. Das SGB IV ist für das Schwer­be­hin­der­ten­recht­­ des SGB IX nicht allein maß­geb­lich­­. Da­rü­ber hinaus stelle das Wahl­recht­­­ ausdrücklich auf das Be­schäf­ti­gungs­- und nicht auf das Arbeitsverhältnis ab...

„Bereits mit Beschluss vom 27. Juni 2001 - 7 ABR 50/99 - entschied das BAG*) daher zutreffend, dass die aktive Wahl­be­rech­ti­gung von Rehabilitanden ni­cht zwingend einen Arbeitsvertrag voraussetzt. Ent­schei­dend­ für das Beschäftigungsverhältnis und damit für die Wahl­be­rech­ti­gung ist vielmehr die betriebliche Eingliederung im Betrieb bzw. der Dienststelle. Für Ein-Euro-Jobber gilt insoweit nichts anderes.“ [9] (Matthias Liebsch)"


:idea: Für SBV-Wahlrecht auch Düwell in: LPK-SGB IX, 5. Auflage, § 177 Rn. 15, un­ter Ab­leh­nung­ der ab­wei­chen­den Ansicht der BIH, ZB Spezial SBV Wahl 2018, Seite 16/17, ­­ die den "maßgebenden" Be­schäf­ti­gungs­be­griff­­ ­­ für diese ­­ Dienststellen- und Betriebsangehörigen verkannt habe. ­­ Für SBV-Wahlrecht von Ein-Euro-Jobbern fer­ner­ Krämer/Gün, FKS-SGB IX, 4. Auflage 2018, § 177 Rn. 25. Die (ggü. den Vor­auf­la­gen­­­­ geänderte) Ansicht in BIH-Wahl­bro­schü­re­­­ 2018 ist folglich laut herrschender Mei­nung sowie laut neuestem Fachschrifttum ab­zu­lehnen­­­; a.A. Schubert/Jerchel in Knittel, § 177 Rn. 9.

Das mag schon sein, dass in einzelnen Ländern Ein-Euro-Jobber nach § 16d SGB II bei der PR-Wahl nicht wahl­be­rech­tigt sind etwa in Sachsen-Anhalt laut § 4 Abs. 4 Nr. 8 PersVG LSA. In anderen Ländern hingegen wurden diese hingegen nicht vom Beschäftigtenbegriff ausgenommen wie etwa in Baden-Württemberg. Darauf kommt es beim bundesrechtlichen „Beschäftigtenbegriff“ so oder so ge­ra­de nicht an nach § 177 SGB IX, da für SBV-Wahl bun­des­recht­lich abschließend geregelter Beschäftigtenbegriff in Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1.

Viele Grüße
Albin Göbel

*) ­ ­­ Darauf hat BAG erst kürzlich wieder Bezug genommen in dem Beschluss vom 25.10.2017 – 7 ABR 2/16 – B I 2 b aa, Rn.17 zur „Wählbarkeit gestellter Arbeitnehmer des öf­fent­li­chen Dienstes in privatrechtlich ­ ­organisierten Un­ter­neh­men“ – und damit zum aktiven SBV-Wahlrecht: Denn die Be­schäf­tig­ten­begriffe im § 177 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 sind wahlrechtlich identisch!
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Ein-Euro-Jobber wahlberechtigt? Rechtsvergleich mit PR-Wahlen

Verfasst: Samstag 13. Oktober 2018, 15:00
von albin.göbel
NACHTRAG
zum Wahlrecht von Ein-Euro-Jobbern

• Baden-Württemberg (amtlich*)
Diese werden sogar per­so­nal­ver­tre­tungs­recht­lich ­etwa in Baden-Württemberg als Beschäftigte angesehen laut § 4 Abs. 1 LPVG BW, sagte schon am 11.02.2014 das StMI Stuttgart in Or­ien­tie­­rungs­hil­fe­­ für PR-Wahlen 2014, S. 13:

• Ministerium für Inneres (Ba-Wü)
"Vom Beschäftigtenbegriff nach § 4 Abs. 1 LPVG sind ferner insbesondere erfasst: erwerbsfähige Ar­beits­su­chen­de, die in der Dienststelle eine Arbeitsgelegenheit nach § 16d des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch wahr­neh­men (so genannte Ein-Euro-Jobs)"

• Landesrecht (Auswahl)
Ferner in die gleiche Richtung - wonach akt. Wahlrecht für PR-Wahl nicht zwingend ein Arbeits- oder Dienstverhältnis zur Dienststelle erfordert sowie ein PR-Wahlrecht sogleich oder später (NI: „am Wahltag mindestens seit einem Mo­nat in der Dienststelle tätig“, § 11 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG) entsteht, zum Beispiel ...

• Baden-Württemberg
§ 4 Abs. 1 LPVG BW*)
§ 8 Abs. 1 LPVG BW
• Niedersachsen
­ ­ ­§ 4 Abs. 2 NPersVG
§ 11 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG
• Nordrhein-Westfalen
­ ­ § 5 Abs. 1 LPVG NW**)
§ 10 Abs. 1 LPVG NW
• Sachsen
­ ­ § 4 Abs. 1 SächsPersVG
§ 13 Abs. 1 S. 1 SächsPersVG
• Schleswig-Holstein
­ ­ ­ § 3 Abs. 1 MBG Schl.-H.
§ 11 Abs. 1 S. 1 MBG Schl.-H.
• Thüringen
­ ­ § 4 Abs. 2 ThürPersVG
§ 13 Abs. 2 S. 1 ThürPersVG

:idea: Der durch nichts zu rechtfertigenden Gegenansicht steht nach alledem die h.M. in dem Fachschrifttum klar entgegen, wonach aktives SBV-Wahlrecht besteht (und zwar „sofort“ nach Eintritt in Dienststelle) als „Ein-Euro-Jobber“ - entgegen BIH-Broschüre 2018 (a.A. noch BIH-Wahlbroschüre in Vorauflage 2014, Seite 16 und 31***)

:idea: Die in BIH-Wahlbroschüre 2018 (Seite 17) angegebene Begründung mit Quellen von Hahn und Koch in Endnote 56/57, wonach „durch die Zuweisung kein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis im Sinne des SGB VI begründet“ werde, mag so zutreffen, geht jedoch an der Rechtsfrage doppelt vorbei, da es auf beides nicht ankommt schon laut Wortlaut des § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, in dem weder das Wort „Arbeitsverhältnis“ noch „SGB VI“ vorkommen. Zur Eingliederung bei Arbeitsgelegenheiten vergl. BAG vom 05.04.2000, 7 ABR 20/99, B II 2/3, Rn. 14 ff für BR-Wahl.

Viele Grüße
Albin Göbel

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*) LT-Drs. 15 / 4224 vom 22.10.2013 (Ba-Wü)
„Vom Beschäftigtenbegriff nach Absatz 1 sollen danach insbesondere erfasst werden: Erwerbsfähige Ar­beits­su­chen­de, die in der Dienststelle eine Arbeitsgelegenheit nach §16d des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch wahr­nehmen (sogenannte Ein-Euro-Jobs)“ – Seite 85
**) Komba-Leitfaden für PR-Wahl 2016, wonach aktives PR-Wahlrecht für Ein-Euro-Jobber in NRW (Seite 15/16), also Beschäftigte laut Landespersonalvertretungsgesetz.
***) Unter Verweis in Endnote 42 auf Ernst/Adlhoch/Seel, SGB IX, Rn. 37 zu § 94 SGB IX a.F. zu Ein-Euro-Jobber.