Ist jemand wahlberechtigt?

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schmitzi

Ist jemand wahlberechtigt?

Beitrag von schmitzi »

Die schwerbehinderte Person ist seit längerer Zeit abgeordnet in eine andere Behörde, wird in der abordnenden Behörde personalrechtlich geführt, ist aber nicht mehr körperlich anwesend. Wo wählt diese Person die Schwerbehindertenvertretung 2014?
S. Schmitz
Lieselotte
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Registriert: Dienstag 2. November 2010, 11:14

AW: Ist jemand wahlberechtigt?

Beitrag von Lieselotte »

Hallo,
ich interpretiere mal die Begriffe "Abordnung" und "personalrechtlich" in der Form, dass die Frage aus dem Öffentlichen Dienst kommt. Also...nach dem Bundespersonalvertretungsrecht verliert ein abgeordneter Beschäftigter nach 3 Monaten Abordnung sein Wahlrecht in der "alten" Dienststelle". Gleichzeitig erhält er das Wahlrecht in der "neuen" Dienststelle.
Im Personalvertretungsrecht der Länder, z.B. in NRW, kann diese Frist auch 6 Monate betragen. Dass die Person arbeitsunfähig (?) ist, berüht die Zuordnung zur Dienststelle und damit das Wahlrecht nicht.

Gruß Carola Fischer
LVR-Integrationsamt
Meggie
Beiträge: 7
Registriert: Samstag 5. Oktober 2024, 18:38

Re: Ist jemand wahlberechtigt?

Beitrag von Meggie »

Lieselotte hat geschrieben: Mittwoch 10. September 2014, 14:41 Also nach dem Bundespersonalvertretungsrecht verliert ein abgeordneter Beschäftigter nach 3 Monaten Abordnung sein Wahlrecht in der "alten" Dienststelle". Gleichzeitig erhält er das Wahlrecht in der "neuen" Dienststelle. Im Personal­ver­tre­tungs­recht der Länder, z.B. in NRW, kann diese Frist auch 6 Monate betragen.
Hallo zusammen,

das ist so nicht ganz richtig laut Prof. Düwell (DVfR 6/2018 und ZTR 10/2019), Jäger-Kuhlmann (br 1/2021) und BMAS von 2022, wonach sofort aktiv wahlberechtigt ab ersten Tag der Abordnung (anders Fehlbeispiel in BIH-Wahlbroschüre 2022 auf Seite 67, wofür jedoch keinerlei Rechtsgrundlage existiert in § 177 Abs. 2 SGB IX) – und nicht erst nach drei oder sechs Monaten oder später oder nie:

Weder Wahlvorstand noch Wahlleitung müssen sich insoweit mit dem Personal­ver­tre­tungs­recht befassen

Viele Grüße
Meggie
jada.wasi
Beiträge: 459
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

Abordnung: Ist jemand wahlberechtigt?

Beitrag von jada.wasi »

Liebe BIH-Autoren,

Meggie ist zuzustimmen. Ihre fundierten Nachweise von Prof._Düwell und Jäger-Kuhlmann sind in jeder Hinsicht überzeugend und zwingend, wonach kein Rückgriff aufs Personalvertretungsrecht, also klarer Korrekturbedarf:

Folgende fehlerhafte BIH-Darstellung 2022 zu BPersVG ist daher komplett abzulehnen, da eigenständ. abschließende Regelung in § 177 Abs. 1 und 2 SGB IX zum Zählen sowie Wählen und weil analoge Anwendung des Personal­ver­tre­tungs­rechts des Bundes sowie 16x Länder insoweit strikt ausgeschlossen ist. Keiner der zitierten Paragraphen des BPersVG ist einschlägig für dieses aktive SBV-Wahlrecht, zumal nicht darauf verwiesen wird. Zudem wurde offenbar BPersVG a.F. zitiert anstatt das aktuelle sowie novellierte BPersVG 2021:
ZB Spezial 2022 hat geschrieben:… Wer zu einer Dienststelle abgeordnet ist, zählt bei der Bestimmung der Mindestzahl der Beschäftigungsdienststelle mit, sobald die Abordnung länger als drei Monate gedauert hat (vgl. § 13 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 BPersVG). „Länger als drei Monate gedauert" bedeutet, dass das Wahlrecht mit Beginn des ersten Tages (0 Uhr) nach Vollendung des Drei-Monats-Zeitraums entsteht. Gleichzeitig muss die Abordnung auf länger als neun Monate angelegt sein. Wenn also bereits feststeht, dass der Beschäftigte binnen weiterer sechs Monate in die alte Dienststelle zurückkehren wird (§ 13 Abs. 2 S. 3 BPersVG), zählt er bei der Bestimmung der Mindestzahl in der neuen Dienststelle nicht mit, sondern bei der alten Dienststelle (vgl. § 13 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 BPersVG).
Daher auch abzulehnen folgender viel zu pauschale Rechtssatz zum aktiven SBV-Wahlrecht in Behörden (Grundlegend Düwell, in: LPK-SGB IX, § 177 Rn. 13, Stichwort: „Abgeordnet zur Beschäftigung“). Ebenso § 4 Absatz 3 Satz 2 SchwbVWO („bei Eintritt“):
ZB Spezial 2022 hat geschrieben:Besonderheiten im öffentlichen Dienst
„Ob Beschäftigte bei der Bestimmung der Mindestzahl im Sinne des § 177 Abs. 1 S. 1 SGB IX mitzählen und ob sie wahlberechtigt sind, richtet sich im öffentlichen Dienst nach dem jeweils anwendbaren Personalvertretungsrecht“ (BIH-Wahlbroschüre, Seite 67 oben)
Derartige „Besonderheiten im öffentlichen Dienst“ gibt es m.E. nicht fürs akt. SBV-Wahlrecht (so schon Dr. Cramer, BMAS, SchwbG, 5. Auflage 1998, § 24 Randnummer 10) Gegenansicht ist also weder wahlordnungsrechtlich noch wahlrechtlich begründbar, sowie sachlich durch nichts zu rechtfertigen: Auslegung darf klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers wie hier nicht übergehen. Gruß Jada Wasi
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