Hallo,
ich bin Mitarbeiter in einem privatwirtschaftlichen Betrieb.
Meine Frage bezieht sich auf die Offenbarungspflicht der Schwerbehinderteneigenschaft wenn das Beschäftigungsverhältnis
bereits mehr als 6 Monate andauert.
Muss die Frage des Arbeitgebers nach Ablauf von 6 Monaten wahrheitsgemäß beantwortet werden ?
Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten
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Re: Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten
Hallo,
im bestehenden Arbeitsverhältnis ist für die Frage nach der Schwerbehinderung ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse jedenfalls nach sechs Monaten zu bejahen, BAG v. 16.02.2015, 6 AZR 553/10.
Insbesondere wenn der AG eine behinderungsgerechte Beschäftigung prüfen will oder auch im Vorfeld einer beabsichtigten Kündigung, damit der AG seine Pflichten nach SGB IX erfüllen kann.
im bestehenden Arbeitsverhältnis ist für die Frage nach der Schwerbehinderung ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse jedenfalls nach sechs Monaten zu bejahen, BAG v. 16.02.2015, 6 AZR 553/10.
Insbesondere wenn der AG eine behinderungsgerechte Beschäftigung prüfen will oder auch im Vorfeld einer beabsichtigten Kündigung, damit der AG seine Pflichten nach SGB IX erfüllen kann.
Re: Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten
Vielen Dank für die Antwort.
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Re: Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten
... beantwortet der Arbeitnehmer die Frage nicht wahrheitsgemäß, kann er sich auch nicht auf den besonderen Kündigungsschutz nach §§ 168 ff. SGB IX berufen.
Offenbarungspflicht Schwerbehindertenstatus nach 6 Monaten?
Hallo Pille,
es gibt m.E. keine generelle „Pflicht“ zur Offenbarung, nur wenn der sbM selbst „Nachteilsausgleiche“ begehrt, dann muss er grds. zuvor offenbaren und „belegen“. Ohne eine Offenbarung gibts bspw. keinen Zusatzurlaub. Eine ganz andere Frage ist, ob ein Arbeitgeber nach sechs Monaten „diskriminierungsfrei“ danach fragen darf und ob sich sbM dann zwingend offenbaren müssen. Eine derartige Pflicht besteht m.E. nicht; auch kanns „gute Gründe“ geben, sich nicht zu outen, z.B. Zeitverträgler, die auf eine Entfristung hoffen bei Arbeitgebern, welche noch nie sbM eingestellt haben, vgl. u.a. nur „Feldstudie“ 2010. Gruß Jada Wasi
Das unzureichende Einstellungs- und Beschäftigungsverhalten zeigt sich aktuell auch darin, dass ca 45.000 beschäftigungspflichtige Arbeitgeber „keinen einzigen“ Pflichtplatz mit einem schwerbehinderten Menschen besetzen, obwohl hierzu gesetzlich verpflichtet.
Re: Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten
Hallo,
das BAG hat dazu am 16.02.2012 ebenfalls entschieden. Siehe 6 AZR 553/10. Es geht um ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers auf Offenbarung, wenn er Kündigungen plant. Nur wenn bei dieser Konstellation nicht wahrheitsgemäß geantwortet wird, kann sich der Arbeitnehmer im Nachgang nicht mehr auf den besonderen Kündigungschutz nach dem SGB IX berufen https://openjur.de/u/544228.html .
Viele Grüße
Christian Vedder
das BAG hat dazu am 16.02.2012 ebenfalls entschieden. Siehe 6 AZR 553/10. Es geht um ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers auf Offenbarung, wenn er Kündigungen plant. Nur wenn bei dieser Konstellation nicht wahrheitsgemäß geantwortet wird, kann sich der Arbeitnehmer im Nachgang nicht mehr auf den besonderen Kündigungschutz nach dem SGB IX berufen https://openjur.de/u/544228.html .
Viele Grüße
Christian Vedder
Re: Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten
Hallo Forum!
Laut Bundesarbeitsgericht (6 AZR 553/10) ist die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung bzw. einem diesbezüglich gestellten Antrag im bestehenden Arbeitsverhältnis jedenfalls nach sechs Monaten, dh. ggf. nach Erwerb des Behindertenschutzes gemäß §§ 85 ff. SGB IX, zulässig. Das gilt insbesondere zur Vorbereitung von beabsichtigten Kündigungen. Der Arbeitnehmer hat die Frage aufgrund seiner Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB wahrheitsgemäß zu beantworten.
Meine Frage dazu:
Würdet ihr den Arbeitgeber aktiv darauf aufmerksam machen?
Dafür
spricht, gerade als Betrieb mit roten Zahlen, ggf. die gesetzliche Ausgleichsabgabe zu minimieren. Kürzungen in anderen Bereichen oder gar eine Insolvenz ist ja in niemanden Interesse...
Des Weiteren liegen wir nicht weit von der Grenze der 100 schwerbehinderten Beschäftigten entfernt, ab der es eine komplette Freistellung gibt. Meine Arbeit schaffe ich mit der Teil-Freistellung kaum noch.
Dagegen
spricht, dass es Beschäftigte gibt, die aus den verschiedensten Gründen einfach nicht wollen das eine Schwerbehinderung/Gleichstellung bekannt wird.
Ich persönlich bin da ein bischen hin- und hergerissen, da ich beide Positionen nachvollziehen kann.
Wie handhabt ihr das bei euch? Wie denkt ihr darüber? Welche Erfahrungen habt ihr (vielleicht) gemacht?
Grüße
Laut Bundesarbeitsgericht (6 AZR 553/10) ist die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung bzw. einem diesbezüglich gestellten Antrag im bestehenden Arbeitsverhältnis jedenfalls nach sechs Monaten, dh. ggf. nach Erwerb des Behindertenschutzes gemäß §§ 85 ff. SGB IX, zulässig. Das gilt insbesondere zur Vorbereitung von beabsichtigten Kündigungen. Der Arbeitnehmer hat die Frage aufgrund seiner Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB wahrheitsgemäß zu beantworten.
Meine Frage dazu:
Würdet ihr den Arbeitgeber aktiv darauf aufmerksam machen?
Dafür
spricht, gerade als Betrieb mit roten Zahlen, ggf. die gesetzliche Ausgleichsabgabe zu minimieren. Kürzungen in anderen Bereichen oder gar eine Insolvenz ist ja in niemanden Interesse...
Des Weiteren liegen wir nicht weit von der Grenze der 100 schwerbehinderten Beschäftigten entfernt, ab der es eine komplette Freistellung gibt. Meine Arbeit schaffe ich mit der Teil-Freistellung kaum noch.
Dagegen
spricht, dass es Beschäftigte gibt, die aus den verschiedensten Gründen einfach nicht wollen das eine Schwerbehinderung/Gleichstellung bekannt wird.
Ich persönlich bin da ein bischen hin- und hergerissen, da ich beide Positionen nachvollziehen kann.
Wie handhabt ihr das bei euch? Wie denkt ihr darüber? Welche Erfahrungen habt ihr (vielleicht) gemacht?
Grüße
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Re: Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten
Hallo,
es ist keine Frage der "Handhabung", sondern der gesetzlichen Pflichten der SBV. Das Faktum, einer bestehenden Schwerbehinderung/Gleichstellung, von der der AG/Dienstherr nichts weiss, fällt unter die Verschwiegenheitspflicht des § 179 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB IX.
Ohne ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen darfst Du das gar nicht ggü. dem AG offenlegen.
Es bleibt Dir nur der Versuch, die Betroffenen davon zu überzeugen, daß eine Offenlegung keine Nachteile bringt. Manchmal stellt sich dabei heraus, daß es sich um ein bloßes Versehen handelt, weil die Betroffenen es nicht "auf dem Radar" haben, daß sie selbst aktiv dem AG die sb-Eigenschaft mitteilen müssen. Manchmal haben sie es auch nur vergessen.
es ist keine Frage der "Handhabung", sondern der gesetzlichen Pflichten der SBV. Das Faktum, einer bestehenden Schwerbehinderung/Gleichstellung, von der der AG/Dienstherr nichts weiss, fällt unter die Verschwiegenheitspflicht des § 179 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB IX.
Ohne ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen darfst Du das gar nicht ggü. dem AG offenlegen.
Es bleibt Dir nur der Versuch, die Betroffenen davon zu überzeugen, daß eine Offenlegung keine Nachteile bringt. Manchmal stellt sich dabei heraus, daß es sich um ein bloßes Versehen handelt, weil die Betroffenen es nicht "auf dem Radar" haben, daß sie selbst aktiv dem AG die sb-Eigenschaft mitteilen müssen. Manchmal haben sie es auch nur vergessen.
&tschüß
Wolfgang
Wolfgang