Stellungnahme bei (außerordentlicher) Kündigung

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PeTo
Beiträge: 6
Registriert: Freitag 30. Dezember 2022, 10:50

Stellungnahme bei (außerordentlicher) Kündigung

Beitrag von PeTo »

Guten Morgen zusammen,

ich benötige fachkundigen Rat.

Ein schwerbehinderter MA soll verhaltensbedingt außerordentlich gekündigt werden. Zum momentane Zeitpunkt ist er freigestellt. Der PR als auch die SBV wurden informiert und um eine Stellungnahme gebeten. Den Kündigungsgrund kann ich (SBV) erst einmal nicht im Zusammenhang mit einer Behinderung (selbst bei einer psychischen Erkrankung aber ich bin kein Arzt) bringen.

Hier die Frage:
Wie umfangreich muss die Stellungnahme gegenüber dem AG sein? Reicht es, wenn ich dem AG mitteile, dass die Kündigung zur Kenntnis genommen wurde?
Eine ausführliche Stellungnahme schulde ich am Ende doch nur dem IA?

Für Eure Hilfe bedanke ich schon einmal im Voraus.

Viele Grüße
matthias.günther
Beiträge: 279
Registriert: Mittwoch 2. Mai 2012, 14:41

Re: Stellungnahme bei (außerordentlicher) Kündigung

Beitrag von matthias.günther »

Hallo,
Reicht es, wenn ich dem AG mitteile, dass die Kündigung zur Kenntnis genommen wurde?
ja, wenn keine Alternativen zur Kündigung gesehen werden, kann das bei einer außerordentlichen Kündigung schon mal passieren
Eine ausführliche Stellungnahme schulde ich am Ende doch nur dem IA?
nö, auch hier kann es im Einzelfall durchaus angezeigt sein, sich einer Stellungnahme zu enthalten. Das liegt im Ermessen der SBV, kommt in der Praxis auch tatsächlich bei verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigungen vor. Z. B. Wenn es keine Alternativen zur Kündigung gibt aus Sicht der SBV, man dies aber nicht schwarz auf weiß in einer Stellungnahme erwähnen will. Der Arbeitgeber und auch der Betroffene haben das Recht auf Akteneinsicht...

VG aus dem Integrationsamt
PeTo
Beiträge: 6
Registriert: Freitag 30. Dezember 2022, 10:50

Re: Stellungnahme bei (außerordentlicher) Kündigung

Beitrag von PeTo »

Hallo Herr Günter,

vielen Dank für die schnelle Antwort.

Eine Weiterbeschäftigung wurde vom AG schon abgelehnt. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung zu prüfen obliegt dann wohl der Gerichtsbarkeit. Sie ist aber augenscheinlich in Bezug auf die Behinderung nicht vorgeschoben

Ich teile dann dem IA mit, dass ich mich einer Stellungnahme enthalte?
Die durch das IA eingeräumte Frist ablaufen zu lassen wäre ja wohl dann eher keine Enthaltung, sondern zeigt eine Tendenz. Hab ich mir die Frage jetzt selber beantwortet? Wahrscheinlich ja.😉

.

Lieben Dank
matthias.günther
Beiträge: 279
Registriert: Mittwoch 2. Mai 2012, 14:41

Re: Stellungnahme bei (außerordentlicher) Kündigung

Beitrag von matthias.günther »

Ich teile dann dem IA mit, dass ich mich einer Stellungnahme enthalte?
ja, dann haben Sie die Frist zumindest nicht ohne Antwort verstreichen lassen.

Das Integrationsamt soll ja nach § 174 Abs. 4 SGB IX die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht.
Das heißt, wenn kein sog. atypischer Fall vorliegt, muss das Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung erteilen. Das Ermessen ist hier stark eingeschränkt, denn das Integrationsamt soll nicht anstelle des Arbeitsgerichtes über schwierige arbeitsrechtliche Fragen entscheiden, die nichts mit der Behinderung zu tun haben. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer soll nicht besser gestellt werden als ein nicht schwerbehinderter Beschäftigter.
Für einen atypischen Fall reichen allgemeine Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche, fortgeschrittenes Alter und langjährige Beschäftigung nicht aus (Düwell in LPK SGB IX, § 174 Rnr. 24).
Ein Zusammenhang des Kündigungsgrundes mit der Behinderung soll aber nach der Rechtsprechung dann ausnahmsweise anzunehmen sein, wenn gerade die Behinderung zur Verhaltensproblematik geführt hat, der Arbeitnehmer diese nicht steuern kann und dieses Verhalten zum Kündigungsgrund geführt hat; OVG Münster, 27.06.2011, 12 A 705/10
albarracin
Beiträge: 158
Registriert: Freitag 21. Januar 2022, 08:47

Re: Stellungnahme bei (außerordentlicher) Kündigung

Beitrag von albarracin »

Hallo,

aus meiner Sicht urteilst Du vielleicht etwas zu früh.
Du kennst nach Deiner Fallbeschreibung die anerkannten Behinderungen des AN nicht wirklich. Das solltest Du schleunigst nachholen, mit dem AN Kontakt aufnehmen und ihn um Einsicht in den bescheid des Versorgungsamtes bitten..
Eine Verhaltensstörung, bei der zumindest unter bestimmten Umständen das eigene Verhalten nicht mehr steuerbar ist kommt gar nicht so selten vor. Auch mit einer paranoiden Schizophrenie im sog. "Residualzustand" oder aber affektiver Psychosen nach Abklingen der Akutphase kann man arbeitsfähig sein bei entsprechender medikamentöser Einstellung. Trotzdem bleibt ein Restrisiko.
Ich habe auch mehrere Fälle, bei denen im Bescheid zB steht "seelische Erkrankung" oder aber "Hirnschaden", hinter denen sich dann behinderungsbedingte Verhaltensstörungen "verbergen".

Wenn Du Deine Schutzfunktion ernst nimmst, solltest Du das dringend abklären. Mit "Schweigen" bzw. bewußter Nichtäußerung schadest Du dem AN zB in einem evtl. Kündigungsschutzprozess. Zu diesem Mittel solltest du wirklich nur greifen, wenn Du Dir völlig und zweifelsfrei im Klarem über die Berechtigung der Kündigung bist oder aber der betroffene AN nicht mit Dir kooperieren will.
&tschüß
Wolfgang
PeTo
Beiträge: 6
Registriert: Freitag 30. Dezember 2022, 10:50

Re: Stellungnahme bei (außerordentlicher) Kündigung

Beitrag von PeTo »

Hallo Wolfgang,

vielen Dank für Deine Einschätzung.
Ich gebe Dir da Recht, ich habe auch schon einige schlaflose Nächte hinter mir.
Ich habe das Gefühl, ich schade dem MA so oder so.
Ich werde hier Kontakt aufnehmen und dann mal sehen, wohin der Weg führt.

Herzliche Grüße
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