Prüfpflicht des Arbeitgebers

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KaSa
Beiträge: 6
Registriert: Mittwoch 15. Februar 2023, 13:36

Prüfpflicht des Arbeitgebers

Beitrag von KaSa »

Hallo.

die Zusammenarbeit mit dem AG (wir sind gleichgestellt dem öffentlichen Dienst) gestaltet sich schwierig.
Auch der Personalrat hat ganz gravierende Probleme, stellt sich denen aber.

Ich bin noch relativ neu als Vertrauensperson, eine Schulung ist im Oktober, ich recherchiere aber viel.

Bei einer Einstellung von Leiharbeitern wurde die Prüfpflicht durchgeführt und ich anschliessend angehört.
Seitdem sind zwei weitere Ausschreibungen von Büroangestellten hinzugekommen, bei denen keine Prüfpflicht stattgefunden hat.
Daraufhin habe ich den Arbeitgeber erneut auf die Prüfplicht hingewiesen und gebeten, das Ausschreibungsverfahren gesetzeskonform zu gestalten.
Als nächstes sendete mir der AG die neueste Ausschreibung zu mit dem Text "... als Anhang erhalten Sie die o. g. öffentliche Stellenausschreibung zur Kenntnis, welche gleichzusetzen ist mit einer Anhörung."

Die SBV muss doch zur Prüfpflicht angehört werden, welche hier offensichtlich erneut nicht stattgefunden hat.
Anhand einer bloßen Stellenausschreibung kann ich keine Beurteilung geben.
Zumal ich nicht ganz konkret weiß, für welche Stelle die Ausschreibung ist. Ich habe eine Vermutung, weil eine Kollegin dort durch Direktionsrecht auf eine neu zu besetzende Stelle (eine der zwei vorletzten Ausschreibungen) versetzt wurde.

Wie würdet ihr euch hier verhalten?

Ich würde dem AG auch gern konkret mitteilen, was er denn genau zu prüfen hat.
Bei einer Stelle als Sachbearbeiter im Büro, was muss der AG für Angaben machen bzw wie muss die Prüfung, ob der Platz für Schwerbehinderte geeignet ist, aussehen?

Wie kann ich als SBV prüfen, ob eine Meldung bezüglich freier Stellen an die Agentur für Arbeit erfolgt ist?
Darf ich dazu einen schriftlichen Nachweis vom AG verlangen?

Danke für eure Antworten.
matthias.günther
Beiträge: 279
Registriert: Mittwoch 2. Mai 2012, 14:41

Re: Prüfpflicht des Arbeitgebers

Beitrag von matthias.günther »

Hallo,

der AG kommt seiner Unterrichtungspflicht (§ 164 Abs. 1 i. V. m. § 178 Abs. 2 S. SGB IX) nach, wenn er der SBV unmittelbar und umfassend von der zu besetzenden Stelle, den Einstellungsvoraussetzungen und den Bewerbungen Kenntnis verschafft und der SBV ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gibt, so BAG vom 15.2.2005, 9 AZR 635/03. Der AG muss der SBV also geeignete Unterlagen zur Verfügung stellen. Das kann z. B. eine Stellenbeschreibung/Arbeitsplatzbeschreibung sein usw. Eine Stellenausschreibung wird idR das Kriterium "umfassend" nicht erfüllen. Die Prüfung nach § 164 Abs. 1 S. 1 SGB IX muss in jedem Fall vor der Stellenausschreibung erfolgen. Insbesondere muss hier geprüft werden, ob der freie oder frei werdende Arbeitsplatz mit einem bereits im Betrieb beschäftigten schwerbehinderten/gleichgestellten Menschen besetzt werden kann. Wie er das macht, ist dem AG erstmal freigestellt, aus Nachweisgründen wird das aber idR schriftlich erfolgen.

Der PR hat idR ein Verweigerungsrecht, wenn der AG entgegen § 164 Abs. 1 SGB IX vorher nicht geprüft hat, ob der freie Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann bzw. die SBV nicht beteiligt wurde.

Für den AG ist es in seinem eigenen Interesse, seine Pflichten ggü. der SBV im Stellenbesetzungsverfahren ernst zu nehmen. Denn alle Verstöße des AG gegen seine Verpflichtungen nach § 164 Abs. 1 SGB IX lassen eine Benachteiligung des schwerbehinderten Bewerbers wegen der Behinderung i. S. v. § 164 Abs. 2 SGB IX vermuten. Was für jenen letztlich zu einem Schadensersatzanspruch führen kann. Das ist ständige Rspr. des BAG und dazu ist eine Vielzahl von Urteilen ergangen. Gerade wegen des hohen Risikos, dass der AG bei solchen Pflichtverletzungen von abgelehnten Bewerbern erfolgreich verklagt werden kann, empfiehlt sich für den AG die Einhaltung dieser formellen Vorschriften.

Außerdem hätte die SBV in dem Fall gute Karten, wenn die Sache im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren geklärt werden soll. Wenn das geplant ist, würde ich den AG aber nicht noch extra auf Verfahrensfehler hinweisen. Dann lass ihn auf die Nase fallen...

Und: "Ein Kilo Argumente nützt nichts, wenn nicht ein Quentchen guter Wille vorhanden ist" (Schopenhauer). Da kannst du doch so sehr mit dem SGB IX und Urteilen argumentieren. Selbige wären daher aus meiner Sicht immer nachgelagert.
Frag doch mal den AG: "Was müsste passieren, damit Sie mir als SBV die für meine Beteiligung notwendigen Informationen zukommen lassen?"

VG aus dem Integrationsamt
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