vorzeitige Neuwahl SBV

Antworten
GS69
Beiträge: 9
Registriert: Donnerstag 27. September 2018, 18:31

vorzeitige Neuwahl SBV

Beitrag von GS69 »

Hallo, ich habe ein Problem.
Durch zwei Kollegen und mich wurde 2018 die Wahl der Vertrauensperson und der Stellvertreter beim Arbeitsgericht erfolgreich angefochten.
DIe damalige Vertrauensperson hat noch Beschwerde beim LArbG eingelegt. Da die damalige Vertrauensperson zwischenzeitlich in den Ruhestand eingetreten ist, ist der damalige Stellvertreter nachgerutscht und ich wurde erste Stellvertreterin.
Ende Juni 2022 wurde die Beschwerde beim Landesarbeitsgericht von der jetzigen Vertrauensperson zurückgenommen.
Nun kommen meine Fragen:

1. Vorher wurde aber noch der jetzige Wahlvorstand für die Neuwahl von der Vertrauensperson bestellt.- Ist das korrekt?
2. Kann automatisch neu gewählt werden? Oder müssen die Vertrauensperson und die Stellvertreter noch formell zurücktreten?
3. Das neue Wahlausschreiben ist erlassen. Das Wählerverzeichnis wurde nur an der Stammdienststelle beim Wahlvorstand zur Einsicht hinterlegt. Wir haben mehrere Dienststellen, die von der Stammdienststelle teilweise über 150 km entfernt liegen. Ist das ein Verstoß nach
§ 3 Abs. 2 der Wahlordnung?
4. Muss irgendwo vermerkt werden, dass es eine vorgezogene Wahl ist?
5. Da Urlaubszeit ist und keiner weiß, dass jetzt Hals über Kopf gewählt wird, ist das überhaupt zulässig? M.E. werden die schwerbehinderten Menschen gehindert in den zwei Wochen das Wählerverzeichnis einzusehen.
6. Ich bin seit mehreren Monaten krank und stehe kurz vor der stufenweisen Wiedereingliederung. Mir wurde nicht mitgeteilt, dass jetzt Hals über Kopf die Wahl stattfindet. Dies wurde mir nur von Kollegen telefonisch mitgeteilt. Ich habe auch keinen Zugang zur Dienststelle. Die Frist für das Einreichen der Wahvorschläge läuft bald ab. Ich kann weder von zu Hause aus Stützunterschriften sammeln, noch kann ich an die Stammdienststelle zur Einsicht in die Wählerliste fahren, da die über 140 km entfernt ist.
Das Arbeitsgericht Berlin hat für eine Personalratswahl festgestellt, dass auch längerfristig erkrankte Beschäftigte das Wahlausschreiben übersandt werden muss. Ansonsten ist die Wahl nichtig. (Arbeitsgericht Berlin vom 18.06.2010 - 2 BV 6977/10). Ist das auch für die SBV-Wahl anwendbar, da es keine spezielle Regelung hierfür gibt.
Es wäre nett, wenn jemand auf meine Fragen eine Antwort hätte.

Vielen Dank.
jada.wasi
Beiträge: 395
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

Re: vorzeitige Neuwahl SBV

Beitrag von jada.wasi »

1. Vorher wurde aber noch der jetzige Wahlvorstand für die Neuwahl von der Vertrauensperson bestellt. Ist das korrekt?
Hallo, da muss ich momentan passen. Wofür wurde er bestellt? Für vorgezogene Wahl oder für Regelwahl?

2. Kann automatisch neu gewählt werden? Oder müssen die Vertrauensperson und die Stellvertreter noch formell zurücktreten?
Die sind doch nicht mehr im Amt, da Arbeitsgericht rechtskräftig, weil ja Beschwerde „Ende Juni 2022“ zurückgenommen? Welches Aktenzeichen hat das Arbeitsgericht, das Wahlen für ungültig erklärte?

3. Das neue Wahlausschreiben ist erlassen. Das Wählerverzeichnis wurde nur an der Stammdienststelle beim Wahlvorstand zur Einsicht hinterlegt. Wir haben mehrere Dienststellen, die von der Stammdienststelle teilweise über 150 km entfernt liegen. Ist das ein Verstoß nach § 3 Abs. 2 der Wahlordnung?
Gemeint wohl Dienststellenteile? Auslegung nur an einer Stelle in diesem weitläufigen Wahlbezirk mit über 150 km erscheint mir ganz schön kühn. Sehr ungeschickt. Sollen diese jetzt alle 300 km fahren? Im § 3 Abs. 2 SchwbVWO ist_zwar nur von geeigneter Stelle (Einzahl) die Rede. Im Schrifttum wird das aber nicht so eng ausgelegt (vgl. BIH-Wahlbroschüre, Kapitel 8.3 Wahlanfechtung, Seite 90, da ansonsten klar unzumutbar erschwert bei > 300 km „Hin- und_Rückfahrt“ auf eigene Zeit und Kosten). Also haben nicht alle wahlberechtigten Beschäftigten die Möglichkeit, sich in „zumutbarer Weise“ Kenntnis von dem Inhalt der Wählerliste zu verschaffen, ggf. eigene Wahlvorschläge einzureichen. Das ist krasse „Wettbewerbsverzerrung“.

4. Muss irgendwo vermerkt werden, dass es eine vorgezogene Wahl ist?
Zur „Transparenz“ würde ich im Bestellschreiben bzw. Wahlausschreiben klarstellen, dass außerplanmäßige Zwischenwahl oder Regelwahl. Welches Datum wurde denn_als das Ende der Amtszeit bei dieser Bestellung angegeben? Gruß Jada Wasi
Zuletzt geändert von jada.wasi am Freitag 5. August 2022, 18:32, insgesamt 1-mal geändert.
GS69
Beiträge: 9
Registriert: Donnerstag 27. September 2018, 18:31

Re: vorzeitige Neuwahl SBV

Beitrag von GS69 »

Ich weiß leider nicht welche Begründung bei der Bestellung des Wahlvorstandes angegeben wurde, da ja die Bestellung des Wahlvorstandes nicht bekannt gemacht wird.
Der Beschluss zur Anfechtung der Wahl war beim Arbeitsgericht Erfurt 2 BV 1/19 - LArbG Erfurt 4 TaBV 23/19.
Darf denn die "alte" Vertrauensperson den Wahlvorstand vorzeitig bestellen?
Denn zum Zeitpunkt der Bestellung gab es ja noch eine SBV und es war kein Grund für eine Wahl außerhalb des Regelzeitpunktes ersichtlich.
Müssen die Schwerbehinderten über die Unwirksamkeit der Wahl zwingend informiert werden?
jada.wasi
Beiträge: 395
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

vorzeitige Neuwahl SBV Thüringen im Sommer

Beitrag von jada.wasi »

GS69 hat geschrieben: Freitag 5. August 2022, 16:25 Durch zwei Kollegen und mich wurde 2018 Wahl der Vertrauensperson und der Stellvertreter beim Arbeitsgericht erfolgreich angefochten. Die damalige Vertrauensperson hat noch Beschwerde beim LArbG eingelegt. Da die damalige Vertrauensperson zwischenzeitlich in den Ruhestand eingetreten ist, ist der damalige Stellvertreter nachgerutscht und ich wurde erste Stellvertreterin. Ende Juni 2022 wurde die Beschwerde beim Landesarbeitsgericht von der jetzigen Vertrauensperson zurückgenommen.
Verständnisfrage:
Wann genau ist denn die gewählte damalige VP in den Ruhestand getreten? Wann hat denn die nachgerückte jetzige Vertrauensperson deren Beschwerde beim LAG zurückgezogen? Hat dieses LAG Thüringen reagiert per Einstellungsbeschluss? Den dürfte auch Arbeitgeber ggf. erhalten haben als Beteiligter.

Ich frage das deswegen, da womöglich alle Mandate schon mit Eintritt in den Ruhestand erloschen sind, sofern nur die damalige VP Beschwerde beim LAG Erfurt erhoben haben sollte? Denn dann wäre womöglich das rechtliche Interesse an deren Beschwerde erloschen? Da muss ich aber passen, da reines Prozessrecht: Evt kennt sich hier ein mitlesender Experte damit aus und kann mehr dazu sagen, ob mit der Ruhestandsversetzung der Nachrücker dann automatisch Beschwerdeführer wurde oder eben nicht bei dem LAG Thüringen?

Mal ganz unabhängig davon: In dem Land Thüringen sind Sommerferien vom 18.07.2022 bis 27.08.2022. Genau in diesem Zeitraum das Wahlausschreiben zu erlassen und so „gezielt“ die Vorschlagsfrist komplett in die Ferien zu legen erscheint mir höchst undemokratisch und durchsichtig bzw. „schäbig“. Erinnert mich spontan an pseudo-demokratische „Wahlen“ unter EH. Sollen Stützunterschriften im Original ! etwa in Ungarn, auf den Kanaren oder in welchen Urlaubs­regionen auch immer gesammelt werden? Auch das ist mE Wettbewerbsverzerrung und hat mit dem ungeschriebenen Wahlgrundsatz der „Chancengleichheit“ nichts zu tun: Das erscheint alles rücksichtslos, manipulativ bzw "abgekartete Sache" und missbräuchlich.

GS69 hat geschrieben: Freitag 5. August 2022, 18:27 Denn zum Zeitpunkt der Bestellung gab es ja noch eine SBV und es war kein Grund für eine Wahl außerhalb des Regelzeitpunktes ersichtlich
Ja, zum Zeitpunkt der Bestellung des Wahlvorstands (wohl unmittelbar vor Rücknahme der vom Vorgänger eingelegten LAG-Beschwerde) lagen m.E. allenfalls die Voraussetzungen für Regelwahl 2022 vor, keinesfalls aber für vorgezogene apl. Zwischenwahlen nach dem § 177 Abs. 5 Satz 2 SGB IX. Der Frühstart sieht mir eher nach gezielter Trixerei aus, um z.B. Urlauber als etwaige Mitbewerber von Wahlvorschlägen bzw. von Stützunterschriften „abzuhalten“? Ein Wahlvorstand für Zwischenwahl konnte demnach explizit wohl gar nicht vor Beschwerderücknahme bestellt werden.

GS69 hat geschrieben: Freitag 5. August 2022, 18:27 Müssen die Schwerbehinderten über die Unwirksamkeit der Wahl zwingend informiert werden.
Klar – auch der Personalrat und das Integrationsamt: Die vormalige SBV darf sich nicht (mehr) als amtierende SBV ausgeben. Denn das wäre m.E. sonst u.a. vorsätzliche Amtsanmaßung. Gruß Jada Wasi
GS69
Beiträge: 9
Registriert: Donnerstag 27. September 2018, 18:31

Re: vorzeitige Neuwahl SBV

Beitrag von GS69 »

Hallo, danke für Ihre Antwort.
die damalige Vertrauensperson hat Beschwerde eingelegt, da er die Zeit bis zum Ruhestand überbrücken musste. Kurz danach ist er in den Ruhestand gegangen.
Das Arbeitsgericht Erfurt und auch das Landesarbeitsgericht haben als Beteiligte immer die SBV angeführt und nicht persönlich die Vertrauensperson oder die Stellvertreter. M.E. passt das schon. Die amtierende SBV hatte einen Bevollmächtigten im Verfahren.

Ich habe jetzt noch eine wichtige Frage. Bis zur Rücknahme der Beschwerde am 27.06.2022 gab es noch drei Stellvertreter. Nun war ja die Wahl der SBV und deren Vertreter erfolgreich angefochten. In der Broschüre ZB_Spezial_SBV_2022 auf Seite 90 steht, dass bei der erfolgreichen Anfechtung nicht neu gewählt wird. Vielmehr rückt der erste Stellvertreter nach. Wenn auch die Stellvertreter angefochten worden sind, würden diese alle nachrücken, bis kein Stellvertreter mehr da ist.
M.E. passt das doch überhaupt nicht. Wenn die Wahl der Stellvertreter erfolgreich angefochten wurde, dann sind auch der zweite und dritte Stellvertreter unwirksam gewählt. Das ist ja unlogisch.
Wer kann mir hierzu Auskunft geben?
jada.wasi
Beiträge: 395
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

Re: vorzeitige Neuwahl SBV

Beitrag von jada.wasi »

In der Broschüre ZB Spezial SBV 2022 auf Seite 90 steht, dass bei der erfolgreichen Anfechtung nicht neu gewählt wird. Vielmehr rückt der erste Stellvertreter nach. Wenn auch die Stellvertreter angefochten worden sind, würden diese alle nachrücken, bis kein Stellvertreter mehr da ist. M.E. passt das doch überhaupt nicht. Wenn die Wahl der Stellvertreter erfolgreich angefochten wurde, dann sind auch der zweite und dritte Stellvertreter unwirksam gewählt. Das ist ja unlogisch.
Hallo, diese Aussage kann ich der BIH-Broschüre auf der Seite 90, „Redaktionsstand: 31.05.2022“ laut Impressum (am_Ende) – nicht entnehmen. Wäre so viel zu pauschal und_daher falsch. Welche Passage meinen Sie exakt im Wortlaut? Richtig ist:

Nur wenn allein die Wahl der VP rechtskr. angefochten wird oder z.B. Mandat wegen Ruhestand „vorzeitig erlischt“ (wie hier), dann rückt die Stellvertretung nach, sonst nicht. Vergl. § 177 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 7 Satz 4 SGB IX. Gruß Jada Wasi
GS69
Beiträge: 9
Registriert: Donnerstag 27. September 2018, 18:31

Re: vorzeitige Neuwahl SBV

Beitrag von GS69 »

Sorry, nicht Seite 90 sondern Seite 88.
"Eine erfolgreiche Anfechtung der Wahl der Vertrauensperson führt nicht automatisch zur Neuwahl.
Vielmehr rückt das mit der höchsten Stimmzahl gewählte stellvertretende Mitglied für den Rest der
Amtszeit nach. Wird die Wahl des stellvertretenden Mitglieds erfolgreich angefochten, rückt das mit
der nächsthöheren Stimmzahl gewählte weitere stellvertretende Mitglied nach. Voraussetzung ist
natürlich, dass weitere stellvertretende Mitglieder gewählt wurden.
Eine Nachwahl findet nur dann statt, wenn kein stellvertretendes Mitglied zum Nachrücken zur
Verfügung steht."

EIne wichtige Frage: Ist § 24 Abs. 2 WO für die Betriebsratswahl auch für die Wahl der SBV gültig?
Es kann doch für die SBV-Wahl nichts anderes gelten. Die Beschäftigten in der Bundesbehörde sind teilweise im Home-Office,
Telearbeit oder auch krank.?
jada.wasi
Beiträge: 395
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

Re: vorzeitige Neuwahl SBV

Beitrag von jada.wasi »

Wird die Wahl des stellvertretenden Mitglieds erfolgreich angefochten, rückt das mit der nächsthöheren Stimmzahl gewählte weitere stellvertretende Mitglied nach.
Hallo, das ist an sich alles korrekt dargestellt. Die BIH meint wohl die eher seltene Konstellation, dass nicht die gesamten Stelliwahlen angefochten werden, sondern einzig und allein die Wahl „des“ (Einzahl) ersten stellvertretenden Mitglieds, das bspw. nicht wählbar ist zum Personalrat nach dem § 15 BPersVG i.V.m. § 177 Abs. 3 Satz 2 SGB IX.

Wenn Wahlen komplett unwirksam sind (wie hier), dann ist natürlich Nachrücken generell ausgeschlossen nach § 177 Abs. 7 Satz 4 Halbsatz 2 SGB IX entsprechend, sobald rkr. Gruß Jada Wasi
jada.wasi
Beiträge: 395
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

Re: vorzeitige Neuwahl SBV

Beitrag von jada.wasi »

GS69 hat geschrieben: Sonntag 7. August 2022, 09:59 Eine wichtige Frage: Ist § 24 Abs. 2 WO für die Betriebsratswahl auch für die Wahl der SBV gültig? Es kann doch für die SBV-Wahl nichts anderes gelten. Die Beschäftigten in der Bundesbehörde sind teilweise im Home-Office, Telearbeit oder auch krank?
Der § 24 Abs. 2 WahlO-BetrVG ist mE nicht direkt für SBV-Wahlen anwendbar, da nirgends darauf verwiesen wird. Ein „verständiger“ SBV-Wahlvorstand richtet sich aber dennoch selbstverständlich danach bzw. orientiert sich daran, damit SBV-Wahlen nicht verzerrt werden durch diese jahrelange unverständliche Untätigkeit der BReg. Der § 24 Abs. 2 WO wurde für den Betriebsrat 2021 nochmals erweitert für das „Ruhen des Arbeitsverhältnisses oder Arbeitsunfähigkeit“, nichts dergleichen für die SBV: Das ist äußerst dürftig!

Das ist echtes Defizit in der SchwbVWO, das verbreitet in Foren bzw. im Schrifttum scharf kritisiert wurde, da sachlich durch nichts zu rechtfertigen – und schon längst nicht mehr zeitgemäß. Ist bisher beim BMAS bzw der Bundesregierung wohl auf „taube Ohren“ gestoßen, die SchwbVWO endlich anzupassen nach § 183 SGB IX. Gruß Jada Wasi
Antworten