Teilnahme der SBV am Bewerbungsgespräch abgelehnt - bei den nicht-schwerbehinderten Bewerbern trotzdem teilnehmen?

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snow2009

Teilnahme der SBV am Bewerbungsgespräch abgelehnt - bei den nicht-schwerbehinderten Bewerbern trotzdem teilnehmen?

Beitrag von snow2009 »

Guten Morgen,

Ich bin neu im Amt der SBV und ich setze mich aktuell mit dem Thema Bewerbungsverfahren mit schwerbehinderten Bewerbern auseinander.
Dabei ist eine Frage aufgekommen, die hier zur Diskussion stellen möchte.

Sobald ein schwerbehinderter Bewerber bekannt ist, wird die SBV mit ins Boot geholt, soweit ist das klar. Wenn dieser schwerbehinderte Bewerber die Beteiligung der SBV ablehnt, welchen Grund gibt es dann für die SBV, an den Bewerbungsgesprächen der nicht-schwerbehinderten Bewerber teilzunehmen? (vorausgesetzt es gibt nur diesen einen schwerbehinderten Bewerber in diesem Verfahren).

Ich freue mich auf eure Rückmeldungen.

Danke und Liebe Grüße
albarracin_01
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Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

Re: Teilnahme der SBV am Bewerbungsgespräch abgelehnt - bei den nicht-schwerbehinderten Bewerbern trotzdem teilnehmen?

Beitrag von albarracin_01 »

Hallo,

wenn ein sb Bewerber die Teilnahme der SBV ablehnt, bezieht sich das ausschließlich auf das Vorstellungsgespräch. Alle anderen Vorgänge im Bewerbungsverfahren von der Geeignetheitsprüfung bis zur Auswahlentscheidung sind davon nicht betroffen.
Deswegen kann es in Bezug auf die Geeignetheit sehr wohl Sinn machen, an den anderen Gesprächen teilzunehmen.
Gibt es mehr als einen sb Bewerber, muß die SBV sowieso an den restlichen Gesprächen teilnehmen, um zumindest den/die weiteren sb Bewerber einschätzen zu können und das Verfahren in Hinblick auf mögliche Diskriminierungstatbestände zu prüfen.

Allerdings sollte die SBV auch immer prüfen, warum der Bewerber abgelehnt hat. Bei einer derartigen Ablehnung darf der AG nicht die Finger im spiel gehabt haben, er darf sie in keinster Weise aktiv verlangen bzw. provozieren. Schon die Frage nach der Beteiligung der SBV durch den AG oder aber entsprechende formularmäßige Hinweise auf die Möglichlichkeit der Ablehnung sind unzulässig.
Die Ablehnung muß allein vom sb Bewerber ausgehen. (Düwell in LPK-SGB IX, § 164 Rn 152)
&Tschüß
Wolfgang
snow2009

Re: Teilnahme der SBV am Bewerbungsgespräch abgelehnt - bei den nicht-schwerbehinderten Bewerbern trotzdem teilnehmen?

Beitrag von snow2009 »

Hallo albarracin,

vielen Dank für die schnelle Antwort.
Deswegen kann es in Bezug auf die Geeignetheit sehr wohl Sinn machen, an den anderen Gesprächen teilzunehmen.
Gibt es mehr als einen sb Bewerber, muß die SBV sowieso an den restlichen Gesprächen teilnehmen, um zumindest den/die weiteren sb Bewerber einschätzen zu können und das Verfahren in Hinblick auf mögliche Diskriminierungstatbestände zu prüfen.
Das sehe ich grundsätzlich auch so. In unserem Betrieb sind 15 Schwerbehinderte beschäftigt, es ist daher eher der Ausnahmefall, dass gleich mehrere sich auf eine ausgeschriebene Stelle bewerben. Und wenn es auch keine externe Bewerbungen gibt bei denen ersichtlich ist, das es sich um einen Schwerbehinderten handelt, wüsste ich nicht was meine Teilnahme als Vertrauensperson bewirken soll.
albin.göbel
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Belehrung über gesetzliche Rechte

Beitrag von albin.göbel »

albarracin hat geschrieben: formularmäßige Hinweise auf die Möglichlichkeit der Ablehnung sind unzulässig
Hallo albarracin,
das ist eine m. E. zu weitgehende Ansicht. Kann man das auch irgendwo nachlesen, wonach bloßer neutral ge­hal­te­ner Hinweis zu Rechten eines Bewerbers unzulässig sei? Kenne das anders z.B. Abschn. 4.4.6.1 BayInklR 2019 (Broschüre), aus Diskussion 2013 & Literatur, wonach solche Hinweise zu § 164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX zulässig seien, jedenfalls in neutraler Form. Zur Verfahrens­be­tei­li­gung bei interner bzw. externer Bewerbung vergl auch die Antwort des BMAS vom 19.06.2007 an eine SBV.

Viele Grüße
Albin Göbel

vorstellungsgespraeche.pdf
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albarracin_01
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Re: Teilnahme der SBV am Bewerbungsgespräch abgelehnt - bei den nicht-schwerbehinderten Bewerbern trotzdem teilnehmen?

Beitrag von albarracin_01 »

Guten Tag Herr Göbel,

Düwell schreibt in LPK-SGB IX, § 164 Rn 152 zur Ablehnung der SBV:

"Die Initiative muß vom Betroffenen ausgehen und ausdrücklich als Ablehnung formuliert sein. Beachtlich ist deshalb nur ein freiwilliger und ausdrücklich erklärter Verzicht. Diese Bestimmung gilt nur für den Ausschluß der Beteiligung der SBV von der Begleitung des Bewerbungsverfahrens des Betroffenen, insbesondere für den Ausschluss der sonst nach § 178 Abs. 2 Satz 4 möglichen Teilnahme am Vorstellungsgespräch. Liegt bei Eingang der Bewerbung noch keine Abs. 1 Satz 10 genügende Erklärung des Betroffenen vor, so muß der Arbeitgeber die SBV nach Abs. 1 Satz 4 ohne Nachfrage beim Bewerber unterrichten."

Auf einer Fachtagung erklärte Prof. Düwell auf entsprechende Nachfrage, daß grundsätzlich jegliche Initiative des AG in Bezug auf die Ablehnung der SBV-Beteiligung dazu führen würde, daß die Initiative nicht mehr vom Bewerber ausgeht. Auch vordergründig "neutrale" Formulierungen könnten dazu führen, daß der Bewerber den Eindruck bekommt, daß der AG die Ablehnung der SBV-Beteiligung nicht wünscht und der Bewerber somit sich subjektiv unter Druck gesetzt fühlt, "nein" anzukreuzen.
&Tschüß
Wolfgang
albin.göbel
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AW: Hinweise mit Abfrage?

Beitrag von albin.göbel »

albarracin hat geschrieben:... "nein" anzukreuzen.
Düwell lehnt in der zitierten Rn. 152 eine „Nachfrage“ zu Recht ab egal, ob nun vermeintlich neutral oder nicht, da Frage so oder so generell unzulässig. Die teils „kreative“ Begründung einzelner Personaler, dass sie nachfragen müssten, um zu wissen, ob SBV einzuladen ist oder (aus­nahms­wei­se) nicht, ist rechtlich nicht relevant, und recht­fer­tigt keine Nachfrage – folglich kein Feld zum „ankreuzen“.

Mit einem derartigen Ankreuzfeld kombiniert würde der zulässig-neutrale Hinweis rechtlich zur un­zu­lässigen „Nach-Frage“ umfunktioniert – was nach Düwell und Knittel strikt abzulehnen ist, und worauf Düwell auf dieser Fachtagung vermutlich abgestellt hat in dem Kontext. Genau solche noch bis 2018 im Internet kursierende „Kombi-Vordrucke“ wurden nach „Beanstandung“ von Schwerbe­hin­der­ten­vertretun­gen aus dem Web genommen bzw durch rein neu­trale Hinweise „ohne Nachfrage“ (also ohne Ab­frage mittels □ ja □ nein-Kästchen oder sonst) ersetzt.

Viele Grüße
Albin Göbel
snow2009

Re: Teilnahme der SBV am Bewerbungsgespräch abgelehnt - bei den nicht-schwerbehinderten Bewerbern trotzdem teilnehmen?

Beitrag von snow2009 »

Bei uns ist das so geregelt, dass die SBV informiert wird sobald sich ein sbM bewirbt; die SBV tritt dann mit diesem Mitarbeiter in Kontakt, bespricht die Vorgehensweise und informiert den Personalchef ob eine Teilnahme der SBV erfolgt oder nicht.
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