Schwerbehinderte zu beschäftigen muss wirtschaftlicher Vorteil sein!

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hansdieter.gimbel1

Schwerbehinderte zu beschäftigen muss wirtschaftlicher Vorteil sein!

Beitrag von hansdieter.gimbel1 »

Wenn die Politik hier mehr als Kosmetik betreiben will, könnte sie ökonomische Hebel ansetzen, die bewirken, dass die Beschäftigung schwerbehinderter Mitarbeiter ein deutlicher wirtschaftlicher Vorteil gegenüber der Nichtbesschäftigung wäre.
Mittel dazu könnten sein:
- Rückkehr zur bisherigen Beschäftigungsquote von 6 % (unter anderem auch zur Gewinnung zusätzlicher Mittel der Ausgleichsabgabe;
- deutliche Anhebung der Ausgleichsabgabe einerseits und
- spürbare Zuschüsse für die Betriebe, die über der Pflichtquote liegen oder die Schwerbehinderte beschäftigen ohne gesetzlich dazu verpflichtet zu sein.

Das Lager der Arbeitgeber ist in diesem Punkt keineswegs einheitlich. Es gibt auch Betriebe, die mit ihrer Beschäftigungsquote über der gesetzlichen Pflicht liegen. Statt zu warten, bis diese Betriebe sich auch von diesem Vorgehen verabschieden sollten diese Betriebe deutlich finanziell besser gestellt werden, damit andere nacheifern.[/quote]
CVedder
Beiträge: 344
Registriert: Dienstag 2. November 2010, 11:14

Schwerbehinderte zu beschäftigen muss wirtschaftlicher Vorteil sein!

Beitrag von CVedder »

Ein interessanter Ansatz, aber ich möchte auch in die Richtung argumentieren, dass Geld alleine nicht für nachhaltige und zufriedene Beschäftigung sorgt. Der richtige Mensch auf dem richtigen Arbeitsplatz ist die Lösung. Dazu bedarf es Aufklärung und Akzeptanz. Wenn erforderlich kann dann mit entsprechender finanzieller aber auch persönlicher Unterstützung ein Arbeitsverhältnis langfristig gesichert werden. Oftmals sind es aber die Dinge im Bürokratiedschungel oder auch nicht verbindliche Aussagen im Kontext der Beschäftigungsanbahnung seitens möglicher Kostenträger, welche den Weg bis zum erfolgreichen Arbeitsvertragsabschluss schwierig machen.

albin.göbel
Beiträge: 701
Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

AW: Schwerbehinderte zu beschäftigen muss wirtschaftlicher Vorteil sein!

Beitrag von albin.göbel »

hansdieter hat geschrieben:Wenn die Politik hier mehr als Kosmetik betreiben will, könnte sie ökonomische Hebel ansetzen...
Finanzminister Schäuble: Behinderten
Arbeitnehmern eine Chance geben

Hallo Herr Gimpel,

so ähnlich sieht das wohl z.B. auch die Behindertenbeauftragte Verena Bentele sowie Wolfgang Schäuble mit seinem mutigen Vorstoß zur Anhebung der Ausgleichsabgabe:

Mit seinem Vorstoß will Schäuble die Beschäftigungschancen schwerbehinderter Menschen erhöhen. Bislang "kaufen" sich Jahr für Jahr viele Unternehmen trotz gesetzlicher Beschäftigungspflicht davon frei, eine (ab 2001) von 6 % auf 5 % abgesenkte Mindestquote schwerbehinderter und gleichgestellter behinderter Menschen zu beschäftigen.
Kommentare & Diskussion

Nach dem klaren Wortlaut des § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB IX hat die gesetzliche Mindest-Quote von wenigstens 5 % Vorrang und erlischt nicht durch die Entrichtung der Ausgleichsabgabe! Es besteht entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben nach BAG aber rechtlich keine Möglichkeit des »Freikaufs«. Zum Verlauf der Quote all die Jahre hindurch seit 2001 siehe Farbgrafik der Bundesagentur für Arbeit auf Seite 35.

"Vom Jobaufschwung der vergangenen Jahre hat die Gruppe der Menschen mit Behinderung vergleichsweise wenig profitiert", sagt die amtliche Statistik. Zu viele Firmen ignorieren nach wie vor § 81 Abs. 1 SGB IX, fragen nicht bei ihrer Agentur für Arbeit durch Übersendung der Stellenausschreibungen nach geeigneten arbeitsuchenden schwerbehinderten Bewerbern bzw. entziehen sich durch Zahlung der Ausgleichsabgabe ihrer Pflicht, eine bestimmte Mindestzahl schwerbehinderter Menschen einzustellen.

Die Quote der Arbeitslosen mit Behinderung war nach Verlautbarung des früheren Wirtschaftsweisen und Vorsitzenden des Sachverständigenrats Prof. Rürup laut PM vom 27.11.2014 mit 14,0 Prozent "mehr als doppelt so hoch" wie die allgemeine Arbeitslosenquote, über 100 % höher als die Quote aller Beschäftigten laut Inklusionsbarometer 2014.

Während in den letzten sieben Jahren seit 2007 die Arbeitslosigkeit der nicht schwerbehinderten Menschen um 24 % sank, erhöhte sich die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen gegen den Trend um 1 %. Dies trotz robustem Arbeitsmarkt, trotz günstiger Konjunktur, trotz Fachkräftemangel und trotz anteilig "mehr Fachkräften als bei nicht schwerbehinderten Arbeitslosen". Dabei sind sie, so Rürup, oft besonders motiviert und leistungsfähig, weil ihre Behinderung oft viel Organisation im Alltag erfordert.

Das bzw. das horrende Gefälle der Quoten wird seit Jahren in diesem und anderen SBV-Foren von betrieblichen Interessenvertretungen als widerrechtlich beklagt. In welchem Ausmaß dies aktuell geschieht, ist detailliert nachzulesen hier auf dieser Website im amtlichen B­IH-Jahresbericht 2013/14, Seite 14, auszugsweise wie folgt:

"Die Pflichtquote von 5 % haben 111.433 Arbeitgeber nicht erfüllt und 37.586 von ihnen beschäftigten überhaupt keinen schwerbehinderten Menschen. Dagegen besetzten (nur) 34.275 Arbeitgeber fünf und mehr Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen..."

Einen Überblick bisheriger Drucksachen des Deutschen Bundestags mit Protokoll und Video (46 kbit/s) zur Anhörung von einem Dutzend Sachverständigen 2013, darunter zwei bundesweite SBV-Verbände, sowie moderiertes öffentliches Forum zur Ausgleichsabgabe, gibt's auf der Website des Deutschen Bundestags.
www.bundestag.de


Viele Grüße
Albin Göbel
jada.wasi
Beiträge: 350
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

AW: Schwerbehinderte zu beschäftigen muss wirtschaftlicher Vorteil sein!

Beitrag von jada.wasi »

Es gibt auch Betriebe, die mit ihrer Beschäftigungsquote über der gesetzlichen Pflicht liegen.
Das seh ich genauso. Die liegen teils weit über der Mindestquote von 5 Prozent für Betriebe oder über der für bestimmte öffentliche Arbeitgeber des Bundes seit jeher geltende höhere Mindestquote von 6 Prozent. Das zeigt, dass es auch ganz anders geht. Und diese können dann gern vom Minister als Beispiele guter Praxis landes- oder bundesweit öffentlich mit Inklusionspreisen ausgezeichnet werden.
www.inklusionspreis.de

Dieses beispielhafte unternehmerische Handeln mit sozialem Engagement müsste halt viel mehr Schule machen. Und genau das wird von namhaften Experten für die nächsten Jahre entschieden bezweifelt, wenn der Gesetzgeber nicht endlich gegensteuert. Bewegung am Arbeitsmarkt ist auch in Zukunft nicht abzusehen: "Nur zehn Prozent planen, in den kommenden zwei Jahren die Quote in ihrer Firma zu erhöhen..."

Die Arbeitskräftenachfrage weist weiterhin eine deutliche Aufwärtstendenz auf in nahezu allen Branchen und befindet sich auf Höchstniveau. Sie steigt seit Jahren von einem Höchststand zum andern. Wie geradezu bescheiden es aber um die weit über 100 % höhere Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen steht im prozentualen Vergleich zur allgemeinen Arbeitslosenquote, kann jeder nachlesen im Internet bei der Bundesagentur für Arbeit, Stand Mai 2015
www.statistik.arbeitsagentur.de

Gruß,
Jada Wasi
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