Sehr geehrtes Team,
Eine derzeitige SBV-Zusammensetzung ist folgende:
Es gibt eine Vertrauensperson.
Es gibt den 1. Stellvertreter, welcher ständig herangezogen ist.
Es gibt den 2. und 3. Stellvertreter, welche im Bedarfsfall durch die Vertrauensperson herangezogen werden.
Zur Zeit sind über 450 SB und GL-Menschen tätig.
Frage 1:
Ist der Arbeitgeber berechtigt, Fachseminare für ein 2. oder 3. stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung, wenn die Vertrauensperson das jeweilige Seminar für erforderlich hält, abzulehnen?
Die Ablehnung für den 2. und 3. Stellvertreter wird regelmäßig mit dem Hinweis auf § 96 Abs. 4 SGB IX abgelehnt. Hinweise der SBV auf gerichtliche Einzelentscheidungen werden damit abgetan, dass es sich auch eben nur um Einzelentscheidungen handeln würde.
Frage 2:
Ist der Arbeitgeber berechtigt, Fachseminare für die Vertrauensperson oder einen Stellvertreter (1., 2. oder 3.) mit der Begründung auf Kosteneinsparungen abzulehnen, falls die Vertrauensperson
das jeweilige Fachseminar für erforderlich hält?
Vielen Dank für die Unterstützung.
Schulungsanspruch der SBV-Stellvertreter
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- Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55
Schulungsanspruch der SBV-Stellvertreter
Guten Tag,
jedenfalls dann, sofern Sie bei 450 sbM auch den zweiten Stellvertreter regelmäßig zu bestimmten Aufgaben heranziehen (das liegt alleine in Ihrem billigen Ermessen), hat dieser einen eigenständigen Schulungsanspruch. Und dass die Mühlen der Justiz nicht nur langsam mahlen, zeigt nachfolgender Beschluss. Diesen Beschluss hat das Hessische LAG binnen sechs Tagen erlassen, hat den Arbeitgeber zur Freistellung für die Schulung verurteilt und hat die entgegenstehende Fehlentscheidung der Vorinstanz zu Recht aufgehoben. Verurteilt wurde eine Universitätsklinik mit jahresdurchschnittlich 320 sbM.
"Leitsatz: ..Soweit es um eine Grundschulung geht, die das mit der zweithöchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung erst in die Lage versetzen soll, die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen, sind an die Darlegung der Erforderlichkeit der Kenntnisse keine weiteren Anforderungen zu stellen."
LAG Frankfurt vom 04.04.2013, 16 TaBVGa 57/13
Dies ist die erste derartige Rechtsprechung eines Obergerichts, soweit ersichtlich. Diesem Eilbeschluss ist m.E. uneingeschränkt zuzustimmen. Durchsetzen kann einen solchen Schulungsanspruch die Vertrauensperson oder der zweite Stellvertreter selbst. Dieser Beschluss ist m.E. auch deshalb übertragbar auf notwendige Fachseminare, da ein dauerhaft herangezogener zweiter Stellvertreter kraft Gesetzes die "gleiche persönliche Rechtsstellung wie die Vertrauensperson" besitzt (§ 96 Abs. 3 Satz 2 SGB IX). Dem zu Recht folgend auch die Integrationsämter und Fachanwälte.
Dass Vertreter als Vertrauenspersonen anzusehen zulässige Auslegung ist und nicht verbotene Rechtsfortbildung, folgt letztlich aus dem Begriff des Vertretens selber, welchen man ersetzen kann durch „vorübergehend jemandes Stelle einnehmen und seine Aufgaben übernehmen“ laut Duden. Wer die Stelle der Vertrauensperson einnimmt, tritt an ihren Platz und ist selber Vertrauensperson. Dies wird bestätigt durch § 96 Absatz 3 Satz 2 SGB IX: „Das stellvertretende Mitglied besitzt während der Dauer der Vertretung und der Heranziehung ... die gleiche persönliche Rechtsstellung wie die Vertrauensperson“ selbst.
Viele Grüße
Albin Göbel
jedenfalls dann, sofern Sie bei 450 sbM auch den zweiten Stellvertreter regelmäßig zu bestimmten Aufgaben heranziehen (das liegt alleine in Ihrem billigen Ermessen), hat dieser einen eigenständigen Schulungsanspruch. Und dass die Mühlen der Justiz nicht nur langsam mahlen, zeigt nachfolgender Beschluss. Diesen Beschluss hat das Hessische LAG binnen sechs Tagen erlassen, hat den Arbeitgeber zur Freistellung für die Schulung verurteilt und hat die entgegenstehende Fehlentscheidung der Vorinstanz zu Recht aufgehoben. Verurteilt wurde eine Universitätsklinik mit jahresdurchschnittlich 320 sbM.
"Leitsatz: ..Soweit es um eine Grundschulung geht, die das mit der zweithöchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung erst in die Lage versetzen soll, die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen, sind an die Darlegung der Erforderlichkeit der Kenntnisse keine weiteren Anforderungen zu stellen."
LAG Frankfurt vom 04.04.2013, 16 TaBVGa 57/13
Dies ist die erste derartige Rechtsprechung eines Obergerichts, soweit ersichtlich. Diesem Eilbeschluss ist m.E. uneingeschränkt zuzustimmen. Durchsetzen kann einen solchen Schulungsanspruch die Vertrauensperson oder der zweite Stellvertreter selbst. Dieser Beschluss ist m.E. auch deshalb übertragbar auf notwendige Fachseminare, da ein dauerhaft herangezogener zweiter Stellvertreter kraft Gesetzes die "gleiche persönliche Rechtsstellung wie die Vertrauensperson" besitzt (§ 96 Abs. 3 Satz 2 SGB IX). Dem zu Recht folgend auch die Integrationsämter und Fachanwälte.
Dass Vertreter als Vertrauenspersonen anzusehen zulässige Auslegung ist und nicht verbotene Rechtsfortbildung, folgt letztlich aus dem Begriff des Vertretens selber, welchen man ersetzen kann durch „vorübergehend jemandes Stelle einnehmen und seine Aufgaben übernehmen“ laut Duden. Wer die Stelle der Vertrauensperson einnimmt, tritt an ihren Platz und ist selber Vertrauensperson. Dies wird bestätigt durch § 96 Absatz 3 Satz 2 SGB IX: „Das stellvertretende Mitglied besitzt während der Dauer der Vertretung und der Heranziehung ... die gleiche persönliche Rechtsstellung wie die Vertrauensperson“ selbst.
Viele Grüße
Albin Göbel
Schulungsanspruch der SBV-Stellvertreter
Guten Tag Herr Göbel,
vielen Dank für die Antwort.
Der zweite Stellvertreter wird herangezogen bei Abwesenheit der Vertrauensperson oder des ersten Stellvertreters, oder zu bestimmten Aufgaben. Dies unregelmäßig. Ständig herangezogen wird er derzeit nicht.
Meine ergänzende Verständnisfrage hierzu:
Im vorliegenden Sachverhalt geht es nicht um eine Grund- und Aufbauschulung (diese sind zur Zeit nicht strittig), sondern um weitere Schulungen.
Wären solche weiterführende Schulungsansprüche für den zweiten Stellvertreter durchsetzbar?
Vielen Dank für Ihre Mühe.
vielen Dank für die Antwort.
Der zweite Stellvertreter wird herangezogen bei Abwesenheit der Vertrauensperson oder des ersten Stellvertreters, oder zu bestimmten Aufgaben. Dies unregelmäßig. Ständig herangezogen wird er derzeit nicht.
Meine ergänzende Verständnisfrage hierzu:
Im vorliegenden Sachverhalt geht es nicht um eine Grund- und Aufbauschulung (diese sind zur Zeit nicht strittig), sondern um weitere Schulungen.
Wären solche weiterführende Schulungsansprüche für den zweiten Stellvertreter durchsetzbar?
Vielen Dank für Ihre Mühe.