SGB IX §95 Informationspflicht

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johannes.weidner

SGB IX §95 Informationspflicht

Beitrag von johannes.weidner »

Hallo,

mein Arbeitgeber und der BR-Vorsitz sind der Meinung das die SBV nur dann zu informieren ist wenn es sich nur um SB-Mitarbeiter handelt. Ich als SBV bin aber der Meinung das die SBV immer informiert werden muss auch wenn es sich um eine "gemischte" (behindert und nicht behinderten MA) Gruppe handelt.
Wer kann mir weitere Argumentationshilfen bzw. weitere rechtliche Grundlagen zu diesen Thema nennen damit ich erneut versuchen kann unsere Personalabteilung zu überzeugen das die Informationspflicht in allen Belangen gegeben ist.
In den geführten Gesprächen hat sich seltsamerweise heruskristalisiert das PL denkt das die Unterrichtungspflicht nur bei "negativen" Angelegenheiten vorliegt und bei "positiven" nicht.
Ich vertrete nach wie vor den Standpunkt in allen Angelegnheiten.

ODER !!!
harry.jung

SGB IX §95 Informationspflicht

Beitrag von harry.jung »

Hallo Herr Weidner,

wie von Ihnen schon richtig zitiert, regelt § 95 SGB IX die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung, so auch deren Rechte und Befugnisse.
In Absatz 2 wird deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten, vor einer Entscheidung anzuhören und über die getroffene Entscheidung unverzüglich zu informieren ist. Ferner hat die Schwerbehindertenvertretung das Recht auf Beteiligung am Verfahren nach § 81 Abs. 1 SGB IX, d. h. Mitwirkung bei der Besetzung freier Arbeitsplätze, umgehende Unterrichtung über Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen.
Durch das in § 95 Abs. 4 und 5 SGB IX verbriefte Recht auf Teilnahme an allen Sitzungen des Betriebs- oder Personalrates und deren Ausschüssen sowie an Besprechungen nach § 74 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, § 66 Abs. 1 des Bundespersonalvertretungsgesetzes zwischen dem Arbeitgeber und der Personalvertretung (Monats-/Vierteljahresgespräche) ist sichergestellt, dass die Schwerbehindertenvertretung über alle Angelegenheiten des Betriebes oder der Dienststelle, insbesondere Personalangelegenheiten, informiert ist.
Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf die von den Integrationsämtern angebotenen Seminare für Schwerbehindertenvertretungen verweisen, wo u. a. auch diese Thematik ausführlich behandelt wird.

Herzliche Grüße aus dem Integrationsamt Saarbrücken
johannes.weidner

SGB IX §95 Informationspflicht

Beitrag von johannes.weidner »

Hallo Herr Jung,

erst mal danke für Ihre ausführliche Antwort.

ich sende jetzt mal einen Auszug aus einem Gespräch mit der hiesigen Rechtsvertretung unsere Personalabteilung.

normale Schriftgröße habe ich geschrieben und Schriftart in Fett sind die Ergänzungen von der Personalabteilung.

Ich habe das Gefühl das ich auf der Stelle trete und nicht weiter komme.
Was kann man mir raten was geschickt ist zu tun?

Hallo .........,

in unserem Gespräch am 06.06.2013 haben Sie der Schwerbehindertenvertretung (SBV) zu verstehen gegeben, wie der Arbeitgeber den Paragraphen 95, Absatz 2 aus dem Sozialgesetzbuch IX versteht und die Ansicht zur Beteiligung der SBV bei Vorstellungsgesprächen mitgeteilt.

Auszug aus dem angesprochen Gesetz:
§ 95 Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung

(2) Der Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen.

Sie meinten das es so zu verstehen ist das nur bei relevanten Angelegenheiten und wenn es sich nur um schwerbehinderte bzw. gleichgestellte MA handelt eine unverzügliche Unterrichtung erforderlich ist.
Sollte es sich um eine Gruppe von Mitarbeitern handeln welche aus behinderten und nicht behinderten MA besteht, dies nicht der Fall wäre das eine Unterrichtung der SBV erforderlich ist.

? Die SBV ist dort zu beteiligen, wo entscheidungsfähige Gremien/Personen vorbereitende oder abschließende Entscheidungen treffen, die einen schwerbehinderten Menschen oder die Schwerbehinderten als Gruppe betreffen. Das Gesetz sieht in § 95 Abs. 2 SGB IX ? so meine Auslegung ? nicht bei allen Gespräch, das z.B. Arbeitgeber und Betriebsrat oder einzelne Betriebsräte mit dem Arbeitgeber führen, die Beteiligung der SBV vor.
? Eine Beteiligung an Personalgesprächen, bei denen es um Gefährdung des Arbeitsplatzes eines schwerbehinderten Menschen geht, erfolgt selbstverständlich mit ihrer Beteiligung nach § 84 Abs. 1 SGB IX (z.B. Fall Abmahnung).
Die SBV hat Ihnen mitgeteilt das Sie dies nicht so sieht sondern in allen Angelegenheiten egal ob es sich nur um behinderte MA handelt oder um eine ?gemischte? Gruppe.
Sie haben das Gespräch mit dem Ausdruck ?das ist eben Juristerei? geprägt.

Ebenso wurde von Ihnen erwähnt das die SBV nicht an Vorstellungsgesprächen teilnimmt auch wenn es einen oder mehrere schwerbehinderte Bewerber gibt, welche zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen sind.

? Wenn es einen schwerbehinderten Bewerber gibt, haben Sie das Recht am Gespräch mit dem schwerbehinderten Bewerber teilzunehmen. Das handhaben wir meines Wissens auch so.Ich bin aber der Auffassung ? und das habe ich am 6.6.13 zum Ausdruck gebracht -, dass die SBV nicht an sämtlichen Vorstellungsgesprächen, die in Standort mit nicht schwerbehinderten Menschen geführt werden, teilnehmen kann und muss. Allein bei Standort/PL sind das allein für den Angestelltenbereich 7-10 Vorstellungsgespräche wöchentlich (Dauer je 1, 5 Stunden), in der Recrutingabteilung in Stammsitz, welche eine Vorauswahl trifft, mindestens noch einmal so viele!! Wollen Sie wirklich an allen diesen Gesprächen teilnehmen?( Dann könnten Sie meines Erachtens gleich eine Stelle als Personalreferent besetzen, ist das wirklich Ihr Wunsch?) Sie müssten nach Ihrer Auffassung ja wirklich an sämtlichen Gesprächen teilnehmen, denn keiner weiß, ob nicht vielleicht der letzte von 10 Bewerbern nach 9 nicht schwerbehinderten Bewerbern ein schwerbehinderter Mensch ist und damit hätten ja alle 9 vorherigen Gespräche schon ohne Ihre Beteiligung stattgefunden. So verstehe ich das Gesetz tatsächlich nicht!Anbei ein Auszug von dem Gesetz das dies regelt mit Kommentierung;
Nach §81 Abs. 1 SGB IX ist der Arbeitgeber bei Bewerbungen von Schwerbehinderten verpflichtet, die SBV hinzuzuziehen (Abs. 1 S.6). Sobald der Arbeitgeber also erkennen kann, dass es sich bei einem Bewerber oder einer Bewerberin um einen schwerbehinderten Menschen handelt, muss die SBV beteiligt werden.
Eine Ausnahme hiervon ist nach § 81 Abs. 1 S. 10 SGB IX nur zu machen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der SBV ausdrücklich ablehnt.

Ist diese Gedächtniszusammenfassung von dem geführten Gespräch aus Ihrer Sicht so richtig?
Sollte aus Ihrer Sicht etwas nicht den hier geschilderten Gesprächsinhalt entsprechen, so bitte ich um Rücksprache damit eine evtl. notwendige Korrektur durchgeführt werden kann.






Hallo Herr Weidner,

wie von Ihnen schon richtig zitiert, regelt § 95 SGB IX die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung, so auch deren Rechte und Befugnisse.
In Absatz 2 wird deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten, vor einer Entscheidung anzuhören und über die getroffene Entscheidung unverzüglich zu informieren ist. Ferner hat die Schwerbehindertenvertretung das Recht auf Beteiligung am Verfahren nach § 81 Abs. 1 SGB IX, d. h. Mitwirkung bei der Besetzung freier Arbeitsplätze, umgehende Unterrichtung über Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen.
Durch das in § 95 Abs. 4 und 5 SGB IX verbriefte Recht auf Teilnahme an allen Sitzungen des Betriebs- oder Personalrates und deren Ausschüssen sowie an Besprechungen nach § 74 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, § 66 Abs. 1 des Bundespersonalvertretungsgesetzes zwischen dem Arbeitgeber und der Personalvertretung (Monats-/Vierteljahresgespräche) ist sichergestellt, dass die Schwerbehindertenvertretung über alle Angelegenheiten des Betriebes oder der Dienststelle, insbesondere Personalangelegenheiten, informiert ist.
Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf die von den Integrationsämtern angebotenen Seminare für Schwerbehindertenvertretungen verweisen, wo u. a. auch diese Thematik ausführlich behandelt wird.

Herzliche Grüße aus dem Integrationsamt Saarbrücken
albarracin_01
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Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

SGB IX §95 Informationspflicht

Beitrag von albarracin_01 »

Hallo Kollege,

Du hast natürlich recht.
Es kommt bei der Beteiligung der SBV nach § 95 Abs. 2 SGB IX nicht darauf an, ob außer schwerbehinderten/gleichgestellten Beschäftigten auch noch andere AN betroffen sind.
Allerdings ist dies auch mW in jedem mir bekannten einschlägigen Kommentar - Düwell, Knittel, Neumann/Pahlen, Feldes - idR auch mit ausführlichem Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung des BAG so ausgeführt.

Auch bei Bewerberverfahren liegt der AG falsch, denn bei einer Bewerbung eines schwerbehinderten/gleichgestellten Menschen hat die SBV natürlich ein Teilnahmerecht an allen Vorstellungsgesprächen. Auch das ist in der Literatur und Rechtsprechung unstrittig.
Wird eine Schwerbehinderung erst im Laufe des Verfahrens sichtbar, muß man sich halt einigen, wie man weiter vorgeht. Wenn der AG "zickt", kann es eine tolle "erzieherische" Maßnahme sein, ihn Vorstellungsgespräche wiederholen zu lassen
&Tschüß
Wolfgang
Anonymous

SGB IX §95 Informationspflicht

Beitrag von Anonymous »

Hallo Herr Weidner,

ich denke, die rechtliche Situation ist klar dargestellt. Nun gilt es Ihre Rechte als Schwerbehindertenvertretung entsprechend durchzusetzen. Hierzu gibt es sicherlich mehrere Möglichkeiten. Gute Ergebnisse wurden in der Vergangenheit immer wieder in gemeinsamen Gesprächen mit dem Arbeitgeber unter Hinzuziehung eines Vertreters des zuständigen Integrationsamtes oder Integrationsfachdienstes erzielt. Vielleicht wäre das ein (unverfänglicher) Ansatzpunkt die bestehenden unterschiedlichen Ansichten der einzelnen Partner in Ihrem Unternehmen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Lassen Sie es auf einen Versuch ankommen!

Herzliche Grüße aus dem Integrationsamt Saarbrücken
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