Sehr geehrte Damen und Herren,
eine unserer Mitarbeiterinnen ist seit Mitte November schwerbehindert, sodass ihr für 2017 anteilig für einen Monat Zusatzurlaub zusteht. Bei der Berechnung ergeben sich 0,4166 Tage.
Wie ist mit diesem „Tag“ zu verfahren?
Online auf der Seite von Haufe findet man hierzu folgendes: „Eine Abrundung von Bruchteilen in den Fällen, in denen Bruchteile weniger als einen halben Tag ergeben, erfolgt nicht.“
Im Lexikon Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2017 von r.v.Decker heißt es: „Bruchteile, die einen halben Tag überschreiten, sind dabei aufzurunden. Darunter liegende Bruchteile sind nicht abzurunden, sondern in dem Umfang des Bruchteils zu gewähren.“
Auf Ihrer Homepage im Fachlexikon (Stand 11.01.2018) heißt es nur: „Entstehen bei dieser Berechnung Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, so werden sie auf volle Urlaubstage aufgerundet.
2013 hingegen stand im Fachlexikon (Stand 12.04.2013) jedoch noch: „Zusatzurlaubstage, deren Bruchteile weniger als einen halben Tag ergeben, sind weder auf- noch abzurunden. Der Bruchteil des Zusatzurlaubtages ist als stundenweise Arbeitsbefreiung zu gewähren.“
Wie ist nun zu verfahren? Ist der o. g. „Tag“ von 0,4166 als stundenweise Arbeitsbefreiung zu gewähren oder bleibt dieser Wert einfach „stehen“ und damit passiert nichts?
Vielen Dank im Voraus,
Alina Müller
Zusatzurlaub
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AW: Zusatzurlaub
§ 208 Abs. 2 S. 1 SGB IX begrenzt abweichend von der Rechtsprechung des BAG den Zusatzurlaub für genau solche Anwendungsfälle. Da hier der Bruchteil 0,4166 nicht mindestens 0,5 (Tage) erreicht, sind die Tage abzurunden, in dem Fall auf 0.Stundenweiser Urlaub kommt hier nicht in Betracht, vgl. dazu viewtopic.php?f=11&t=965&p=3553&hilit=z ... laub#p3553.
Die Formulierung im aktuellen ABC Behinderung und Beruf ist zutreffend.
Bitte aber prüfen, ob evtl. aufgrund von TV oder DV eine abweichende Regelung (zugunsten des schwerbehinderten Menschen) in Ihrer Dienststelle gilt.
Die Formulierung im aktuellen ABC Behinderung und Beruf ist zutreffend.
Bitte aber prüfen, ob evtl. aufgrund von TV oder DV eine abweichende Regelung (zugunsten des schwerbehinderten Menschen) in Ihrer Dienststelle gilt.
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AW: Zusatzurlaub abrunden?
Im § 208 SGB IX kommt das Wort Abrundung nirgends vor. Kenne keinerlei Literatur, wonach Bruchteile unter ½ des Zusatzurlaubs abgerundet werden - egal ob Vollurlaub oder gezwölftelter Teilurlaub oder vor oder nach der Rechtsänderung 2004. Auch das BIH-Fachlexikon, Version 18.12.2013, sagt nicht, dass abzurunden sei. Alina hat u.a. auf das "Abrundungsverbot" laut Haufe TVöD Office Professional hingewiesen, wonach dieser Zusatzurlaub "nicht abzurunden" sei; ebenso Schell in: Personal Office Premium zu § 208 SGB IX Rz. 10, mit Praxis-Beispielen sowie mit nachfolgendem Kommentar zum Abrundungsverbot des gesetzl. Urlaubsanspruchs:matthias.günther hat geschrieben: ↑Donnerstag 11. Januar 2018, 17:41 Da hier der Bruchteil 0,4166 nicht mind. 0,5 (Tage) erreicht, sind Tage abzurunden, in dem Fall auf 0.
"Eine Abrundung von Bruchteilen in den Fällen, in denen Bruchteile weniger als einen halben Tag ergeben, erfolgt nicht."
Gegenteiliges hat der Gesetzgeber gerade nicht angeordnet - entgegen dem damaligen Vorstoß 2003 des Bundesrats, welcher vom Bundestag nicht aufgegriffen und von der BReg. zurückgewiesen wurde laut den Gesetzesmaterialien: Demnach hat Bundesregierung dem BR-Vorschlag zur Abrundung nicht zugestimmt, weil er "... nicht mit den allgemeinen Regelungen des Bundesurlaubgesetzes in Einklang steht ...". (BT-Drs. 15/2318, 09.01.2004, S. 19/23*). Diese kürzende Rundungsregelung ist bei den BT-Ausschussberatungen nicht übernommen worden - und auch später nicht. Das Gesetz kennt keinen Ausschlusstatbestand für Bruchteile, die weniger als einen halben Tag ausmachen; sie sind vielmehr durch eine entsprechende stundenweise Arbeitsfreistellung zu gewähren. (Knittel, SGB IX, Rn. 11 zu § 125 SGB IX a.F; so schon BAG, 26.01.1989 - 8 AZR 730/87).
Daran hat sich auch durchs BTHG nichts geändert, da inhaltlich keine Änderungen erfolgten. Eine Abrundung wäre folglich im Ergebnis eine Versagung des gesetzlichen Mindest-Zusatzurlaubs zulasten sbM, obgleich "unabdingbarer" Anspruch, welcher natürlich wie hier auch Bruchteile umfasst. Dem folgend und teils auch ausdrücklich so klargestellt in SGB IX-Richtlinien der Bundesländer. Ebenso Düwell, LPK-SGB IX, Rn. 2 und Rn. 18 zu § 125 SGB IX a.F. zur "Berechnung der Urlaubsdauer im Anerkennungsjahr" im Wortlaut: "Ansonsten treten die Bruchteile ungekürzt hinzu..."
Rechtsprechungsänderung
Die gegenteiligen Fehlurteile des Fünften Senats des BAG zu Abrundungen aus den 60-er und 70-er Jahren wurden zu Recht mit BAG-Urteil vom 26.01.1989 - 8 AZR 730/87 - aufgegeben mit ausführlicher stichhaltiger Begründung.
Haben Sie evtl. anderslautende Quellen zur Rechtsfrage einer Abrundung dieses Zusatzurlaubs laut § 125 SGB IX a.F. in irgendeiner denkbaren Fallkonstellation, wonach ein stundenweiser Zusatzurlaub als ges. Mindesturlaub hier nicht in Betracht käme?matthias.günther hat geschrieben:Stundenweiser Urlaub kommt hier nicht in Betracht ...
Öffentlicher Dienst
Eine „Abrundung“ käme allenfalls bei (über das Gesetz hinausgehendem) Tarifurlaub in Betracht etwa iSd § 26 Abs. 1 Satz 5 T-VL bzw. § 26 Abs. 1 Satz 5 TVöD nach Haufe, 7.12 Urlaub/Bruchteile eines Urlaubstags bei der Zwölftelung. Hier gehts aber gerade nicht um Tarifurlaub, sondern um gesetzlichen Mindest-Zusatzurlaub!
Viele Grüße
Albin Göbel
*) "Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag nicht zu, da er nicht mit den allgemeinen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes in Einklang steht."
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AW: Zusatzurlaub
Dann lag ich damit wohl in meiner Interpretation falsch, nachdem ich nochmals den Feldes Kommentar für die Praxis konsultiert habe sehe ich es ein. Soll auch vorkommen.
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AW: Zusatzurlaub
Hallo,
die arbeitsrechtliche Fachkommentierung ist sich einig, daß Bruchteile von Urlaubsansprüchen, die unter 0,5 Tagen liegen, in der genauen errechneten Höhe zu gewähren sind.
Eine "Abrundung" findet nicht statt.
Dies ist auch folgerichtig aus der Entstehungsgeschichte des SGB IX, da der Bundestag seinerzeit (bei der Einführung des SGB IX) einen entsprechenden Vorschlag des Bundesrates für eine Abrundungsvorschrift ausdrücklich nicht berücksichtigt hatte
Zum Vorschlag des Bundesrates hieß es in der BT-Vorlage, eine Abrundung " stehe nicht mit den allgemeinen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes in Einklang".(BT-Drucks. 2318 S. 23; zustimmend: LPK-SGB IX, Düwell, § 125 Rn 2).
die arbeitsrechtliche Fachkommentierung ist sich einig, daß Bruchteile von Urlaubsansprüchen, die unter 0,5 Tagen liegen, in der genauen errechneten Höhe zu gewähren sind.
Eine "Abrundung" findet nicht statt.
Dies ist auch folgerichtig aus der Entstehungsgeschichte des SGB IX, da der Bundestag seinerzeit (bei der Einführung des SGB IX) einen entsprechenden Vorschlag des Bundesrates für eine Abrundungsvorschrift ausdrücklich nicht berücksichtigt hatte
Zum Vorschlag des Bundesrates hieß es in der BT-Vorlage, eine Abrundung " stehe nicht mit den allgemeinen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes in Einklang".(BT-Drucks. 2318 S. 23; zustimmend: LPK-SGB IX, Düwell, § 125 Rn 2).
&Tschüß
Wolfgang
Wolfgang
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Zusatzurlaub: keine Abrundung!
JA, diese ist zu gewähren: So schon Carla Ihme, "Neuerungen beim Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen gem. § 125 SGB IX", in: Behindertenrecht br 3/2005, Seite 69-73. Ebenso ZBFS-Wegweiser 2016 auf Seite 20, wonach verbleibende Bruchteile von weniger als einem halben Tag "nicht abzurunden" sind. Folglich ist mit Bruchteilen in nachfolgenden Konstellationen wie folgt zu verfahren:alinamüller hat geschrieben: ↑Donnerstag 11. Januar 2018, 13:55 Ist der o.g. „Tag“ von 0,4166 als stundenweise Arbeitsbefreiung zu gewähren?
[1] Abrundungsverbot kraft Gesetzes!
Beim gesetzlichen Mindest-Zusatzurlaub kommt es bei Bruchteilen unter 0.5 niemals zu einer Abrundung, ...
• nicht im Falle des § 208 Abs. 1 SGB IX,
• nicht im Falle des § 208 Abs. 2 SGB IX,
• nicht im Falle des § 5 Absatz 2 BUrlG*),
da es das Gesetz nicht vorsieht. Siehe dazu auch BAG, 23.01.2018, 9 AZR 200/17. Hierbei bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen - über das Gesetz hinaus auch bei diesen Konstellationen aufzurunden.
[2] Aufrundungen kraft Gesetzes
Bei Bruchteilen ab 0.5 kommt es immer dann zu einer gesetzlichen Aufrundung bei einer Zwölftelung ...
• im Falle des § 208 Abs. 2 SGB IX (schwerbehindert),
• im Falle des § 5 Absatz 2 BUrlG (sog. „Teilurlaub“),
da dies das Gesetz nur in diesen Fällen so vorsieht.
[3] Keine Aufrundung gesetzlich
Keine gesetzliche Aufrundung besteht in den Fällen des § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, wobei es dem Arbeitgeber unbenommen bleibt, über das Gesetz hinaus auch in dieser Konstellation aufzurunden nach § 208 Abs 1 Satz 2 SGB IX. Vergl.. auch BAG, 23.01.2018, 9 AZR 200/17; ebenso Beitrag von Heidi Stuffer mit weiteren Nachweisen (Prof. Düwell, Prof. Knittel, Carla Ihme).
[4] Aufrundung ggf. tarifvertraglich
Inwieweit auch über‘s Gesetz hinaus „tarifvertragliche“ Aufrundung bei Urlaub in Frage kommt etwa i.S.d. § 26 Absatz 1 Satz 5 T-VL bzw. § 26 Abs. 1 Satz 5 TVöD **) gemäß Haufe, 7.12 Urlaub/Bruchteile eines Urlaubstags bei der Zwölftelung („ganz generell bei Bruchteilen von Urlaubstagen“ wie „bei einer von der 5-Tage-Woche abweichenden Verteilung der Arbeitszeit“) im Öffentlichen Dienst von Beschäftigten bei Bruchteil ab 0,5, da muss ich_momentan passen. Wer hat dazu Fachliteratur?
Viele Grüße
Albin Göbel
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*) BAG, 26.01.1989, 8 AZR 730/87
*) zu Rechtsprechungsänderungen
*) zu Bruchteilen von Urlaubstagen
**) Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. (§ 26 Absatz 1 Satz 5 T-VL; § 26 Absatz 1 Satz 5 TVöD)