Ab wann muss ein erneutes BEM nach Abschluss eines BEM Verfahrens eingeleitet werden?
Ab wann muss ein erneutes BEM nach Abschluss eines BEM Verfahrens eingeleitet werden?
Wenn ich ein BEM Verfahren abschliesse und der Arbeitnehmer erkrankt erneut, bin ich dann als AG verpflichtet sofort erneut ein BEM zu beginnen, da die 6 Wochen erneut überschritten wurden? Oder beginnt die 6 Wochen Frist von neuem? Oder kann der AG in einer Vereinbarung eine Art Sperrfrist vereinbaren? Gibt es dazu eine Regelung?
Ab wann muss ein erneutes BEM nach Abschluss eines BEM Verfa
Hallo Herr Gust!
Diese Fragen muss man m.E. etwas auseinander pflücken:
(Wenn ich das BEM-Verfahren abschließe...)Ist das Verfahren erfolgreich beendet worden? Dann dürfte ein neues Verfahren einzuleiten sein. Es können durchaus neue Erkrankungen zugrunde liegen, die ein neues Verfahren erforderlich machen. Wenn das BEM nicht erfolgreich abgeschlossen wurde, weil man keine weiteren Maßnahmen mehr durchführen konnte/wollte, dann kann eine neue (weitere) Erkrankung dieses Gesamtergebnis kaum ändern.
Es ist in der Literatur oder Rechtsprechung noch noch nicht diskutiert worden, wann ein BEM-Angebot verbraucht ist.Hierzu ein Beispiel:
1.11.12 Erstes Anschreiben
keine Antwort des ArbN
10.11.12 Zweites Anschreiben: wenn keine Antwort, dann Ablehnung
keine Antwort, daher BEM Ende
ArbN ist aber dauerhaft erkrankt, d.h.
1.12.12 Abfrage ArbG: kein Eintrag für ArbN
1.1.13 Abfrage ArbG: Eintrag ArbN - Muss jetzt der ArbG handeln?
M.E. ja, da das Gesetz zum "Verbrauch" eines Angebotes keine Regelung trifft. Es gilt, wenn erneut 6 Wochen "AU" erfüllt sind, muss ein erneutes Anschreiben erfolgen.
Für eine Vereinbarung einer Sperrfrist gibt die Gesetzesbegründung nichts her. Allerdings steht das Verfahren unter der Überschrift "Prävention",d.h. der ArbG soll alles tun, um den Arbeitsplatz zu erhalten. Daher kann eine vertragliche Sperrfrist gegen den Gesetzeszweck verstoßen.
Mit freundlichen Grüßen
Günter Friedrich
Diese Fragen muss man m.E. etwas auseinander pflücken:
(Wenn ich das BEM-Verfahren abschließe...)Ist das Verfahren erfolgreich beendet worden? Dann dürfte ein neues Verfahren einzuleiten sein. Es können durchaus neue Erkrankungen zugrunde liegen, die ein neues Verfahren erforderlich machen. Wenn das BEM nicht erfolgreich abgeschlossen wurde, weil man keine weiteren Maßnahmen mehr durchführen konnte/wollte, dann kann eine neue (weitere) Erkrankung dieses Gesamtergebnis kaum ändern.
Es ist in der Literatur oder Rechtsprechung noch noch nicht diskutiert worden, wann ein BEM-Angebot verbraucht ist.Hierzu ein Beispiel:
1.11.12 Erstes Anschreiben
keine Antwort des ArbN
10.11.12 Zweites Anschreiben: wenn keine Antwort, dann Ablehnung
keine Antwort, daher BEM Ende
ArbN ist aber dauerhaft erkrankt, d.h.
1.12.12 Abfrage ArbG: kein Eintrag für ArbN
1.1.13 Abfrage ArbG: Eintrag ArbN - Muss jetzt der ArbG handeln?
M.E. ja, da das Gesetz zum "Verbrauch" eines Angebotes keine Regelung trifft. Es gilt, wenn erneut 6 Wochen "AU" erfüllt sind, muss ein erneutes Anschreiben erfolgen.
Für eine Vereinbarung einer Sperrfrist gibt die Gesetzesbegründung nichts her. Allerdings steht das Verfahren unter der Überschrift "Prävention",d.h. der ArbG soll alles tun, um den Arbeitsplatz zu erhalten. Daher kann eine vertragliche Sperrfrist gegen den Gesetzeszweck verstoßen.
Mit freundlichen Grüßen
Günter Friedrich
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AW: Ab wann muss ein erneutes BEM nach Abschluss eines BEM Verfahrens eingeleitet werden?
Wie oft muss ein AG einem kranken Arbeitnehmer ein BEM anbieten?jochen.gust hat geschrieben:Wenn ich ein BEM Verfahren abschließe und der Arbeitnehmer erkrankt erneut, beginnt die 6 Wochen Frist von neuem? Gibt es dazu eine Regelung?
LAG Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 03.06.2015, 6 Sa 396/14 (nicht rkr.) entschieden, dass es durchaus eine Pflicht des Arbeitgebers gibt, dem Arbeitnehmer ein zweites BEM anzubieten. Diese Pflicht bestehe jedenfalls dann, wenn nach der DURCHFÜHRUNG oder ABLEHNUNG eines ersten BEM innerhalb eines Jahres ERNEUT Fehlzeiten von länger als sechs Wochen iSd. § 84 Abs. 2 SGB IX auftreten. Dann sei es geboten, ein erneutes BEM anzubieten. Offen gelassen BAG, Urteil vom 20.11.2014, 2 AZR 755/13, Rn. 36. Über die beim BAG anhängige Revision unter dem Aktenzeichen: 2 AZR 424/15 urteilt das BAG am 20.10.2016. Kurzinfos zu diesem Grundsatzurteil siehe hier
Die Revision wurde abgesagt. Die Parteien haben einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen laut BAG.
Eine "Sperrfrist" von z.B. einem Jahr gibt es nicht. Eine solche Vereinbarung wäre offensichtlich null und nichtig, also von Anfang an unwirksam, da Umgehungstatbestand. Ein BEM lässt sich weder einzelvertraglich noch z.B. durch Betriebsvereinbarungen oder Abreden einschränken bzw. ausschließen. Personalverwaltungen, die sich weigern, vor Ablauf von zwölf Monaten nach dem letzten Gespräch wieder ein neues BEM anzubieten, obwohl erneut Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen auftreten, handeln i.d.R. willkürlich mangels Rechtsgrundlage.jochen.gust hat geschrieben:Kann der AG in einer Vereinbarung eine Art Sperrfrist vereinbaren?
Kontextlink:
• Diskussion vom 08.04.2016
Viele Grüße
Albin Göbel
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AW: Ab wann muss ein erneutes BEM nach Abschluss eines BEM Verfahrens eingeleitet werden?
Zur Rechtsfrage eines erneuten BEM vergl. LAG Mainz vom 10.01.2017, 8 Sa 359/16, Rn. 34/37, mit stichhaltiger Begründung:jochen.gust hat geschrieben:... eine Art Sperrfrist?
"Hingegen enthält der Wortlaut keinen Anhaltspunkt dafür, dass in § 84 Abs. 2 SGB IX eine Art Ausschlussfrist bei Durchführung eines BEM für ein Jahr normiert wird. Erst Recht fehlt es an einen Anknüpfungspunkt für eine Jahresfrist zur Durchführung des BEM. Denn es heißt in § 84 Abs. 2 SGB IX weder 'klärt der Arbeitgeber einmalig innerhalb eines Jahres' noch 'klärt der Arbeitgeber binnen eines Jahres ab 6-wöchiger Arbeitsunfähigkeit'." (Rn. 37)
Viele Grüße
Albin Göbel
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AW: Ab wann muss ein erneutes BEM nach Abschluss eines BEM Verfahrens eingeleitet werden?
Nein, kann er nicht vereinbaren: Auch nicht durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung oder Integrationsvereinbarung, da abschließend in § 84 Abs. 2 SGB IX normiert, wann BEM anzubieten ist. Vgl. (abweichend von ArbG Frankfurt) zum neuerlichen BEM-Verfahren nach Abbruch/Ablehnung eines BEM m.w.N. im zweiten Anlauf*) LAG Hessen, Urteil vom 17.02.2017, 14 Sa 690/16, wie folgt:jochen.gust hat geschrieben:Kann der AG in einer Vereinbarung eine Art Sperrfrist vereinbaren?
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
"Die Ablehnung eines BEM in der Vergangenheit durch einen Arbeitnehmer ist daher nur so lange relevant, bis sich in einem Zeitraum von maximal 365 Tagen abermals Fehlzeiten in im § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX genannten Umfang angesammelt haben. Die neuen Arbeitsunfähigkeitszeiten können nämlich die Haltung des Arbeitnehmers zum BEM ändern. Die Ablehnungsgründe können überholt oder entfallen sein (LAG Schleswig-Holstein 3. Juni 2015 - 6 Sa 396/14 - Juris).
Unterstellt man einen relevanten Abbruch des BEM durch den Kläger im März 2012, hätte die Beklagte dem Kläger damit bereits im März 2013 erneut ein BEM anbieten müssen, da dieser allein im Jahr 2012 82 Arbeitstage krank war. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus der von der Beklagten vorgelegten Gesamtbetriebsvereinbarung. Hiernach hat der Arbeitgeber eine Kontaktaufnahme zum Zweck der Durchführung des BEM nach einer entsprechenden Ablehnung des Arbeitnehmers lediglich bezogen auf das Kalenderjahr der Ablehnung zu unterlassen."
Viele Grüße
Albin Göbel
..................
*) Die Entscheidung der 11. Kammer des LAG Hessen vom 26.11.2015 war zuvor vom BAG, 19.05.2016, 2 AZB 21/16, aus rein formalen prozessrechtlichen Gründen aufgehoben worden, weil sich das LAG Hessen da zuviel Zeit gelassen hatte mit seinem Urteilstext … Vergl. bspw. zum absoluten Revisionsgrund nach § 547 Nr. 6 ZPO u.a. auch hier: „Das nach 5 Monaten immer noch nicht mit Gründen versehene Urteil“
AW: Ab wann muss ein erneutes BEM nach Abschluss eines BEM Verfahrens eingeleitet werden?
"Gesamtbetriebsvereinbarung. Hiernach hat der Arbeitgeber eine Kontaktaufnahme zum Zweck der Durchführung des BEM nach einer entsprechenden Ablehnung des Arbeitnehmers lediglich bezogen auf das Kalenderjahr der Ablehnung zu unterlassen."
Hallo zusammen,
folgt denn nicht aus diesem Urteil, dass durch Betriebsvereinbarung wirksam vereinbart werden kann, dass ggf. der Arbeitgeber für einen bestimmten Zeitraum "Kontaktaufnahme zum Zweck der Durchführung des BEM zu unterlassen" hat, auch wenn seit BEM-Abbruch erneut über sechs Wochen AU angefallen sind?
Gruß
Jada Wasi
Hallo zusammen,
folgt denn nicht aus diesem Urteil, dass durch Betriebsvereinbarung wirksam vereinbart werden kann, dass ggf. der Arbeitgeber für einen bestimmten Zeitraum "Kontaktaufnahme zum Zweck der Durchführung des BEM zu unterlassen" hat, auch wenn seit BEM-Abbruch erneut über sechs Wochen AU angefallen sind?
Gruß
Jada Wasi
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AW: Ab wann muss ein erneutes BEM nach Abschluss eines BEM Verfahrens eingeleitet werden?
Nein, das hat er nicht zu unterlassen, auch wenn etwas Gegenteiliges in Betriebsvereinbarung stehen sollte, weil der Anwendungsbereich von sechs Wochen in § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB IX zwingende Norm ist.jada.wasi hat geschrieben:Kontaktaufnahme zu unterlassen?
Leitsatz: Ein BEM ist im Zeitablauf wiederholt durchzuführen oder dem Betroffenen jedenfalls neu anzubieten, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erneut erfüllt sind
(LAG Düsseldorf, 20.10.2016, 13 Sa 356/16).
Die in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX festgelegten gesetzlichen Voraussetzungen für ein BEM sind zwingend vorgegeben. Sie sind einer Ausgestaltung durch die Betriebsparteien nicht zugänglich. Ein der Mitbestimmung des Betriebsrats zugänglicher Spielraum besteht daher insoweit nicht. Den Betriebspartnern ist es daher verwehrt, insoweit Einschränkungen und damit etwas abweichendes zu regeln. Das ist keine Verfahrensfrage, sondern eine Frage der Voraussetzungen eines BEM. Immer dann, wenn ein Gesetz bereits eine abschließende Regelung enthält wie bei diesen BEM-Voraussetzungen, kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber keine davon abweichende Betriebsvereinbarung verlangen (vgl. BAG, 13.03.2012, 1 ABR 78/10).
Die vom LAG Hessen erwähnte Rahmenvereinbarung / Integrationsvereinbarung aus 2007 sind nach diesen Kriterien demnach in diesem Punkt klar unwirksam. Das LAG ist leider nicht darauf eingegangen, obwohl naheliegend.
Anmerkung: Prof. Dr. Kohte, in
jurisPR-ArbR 11/2018 Anm. 2
Viele Grüße
Albin Göbel