Hallo zusammen,
ist eine Wahlversammlung zur Nachwahl stellv. Mitglieder der BSBV, wenn der letzte BSBV-Stellvertreter ausgeschieden ist, nur jeweils anlässlich bzw. im Rahmen einer Jahres-Versammlung möglich nach § 97 Absatz 8 SGB IX? Oder ist die überörtliche Nachwahl auch außerhalb einer solchen jährlichen Versammlung aller örtlichen Vertrauenspersonen zulässig in einer Wahlversammlung?
Gruß,
Magdalena Mayer
Nachwahl überörtliche Bezirks-SchwbV in Wahlversammlung?
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AW: Nachwahl überörtliche Bezirks-SchwbV in Wahlversammlung?
Das vereinfachte Wahlverfahren hat zwei Anwendungsalternativen: Entweder in der (jährlichen) Versammlung der Schwerbehindertenvertretungen auf Einladung der Stufenvertretung oder eben (sonst) bei der Wahl der örtlichen SBV (bei weniger als 50 Wahlberechtigten).
Natürlich muss es aber möglich sein, in der Stufe auch außerhalb einer Versammlung nachzuwählen - dann aber zwingend im förmlichen Verfahren und schriftlich (Briefwahl). Eine wahlordnungsrechtliche Legitimation, dass eine Nachwahl in der Stufe in diesem Fall im vereinfachten Verfahren durchgeführt werden darf, gibt es nicht.
➡ § 22 Abs. 3 i.V.m. § 20 SchwbVWO
Natürlich muss es aber möglich sein, in der Stufe auch außerhalb einer Versammlung nachzuwählen - dann aber zwingend im förmlichen Verfahren und schriftlich (Briefwahl). Eine wahlordnungsrechtliche Legitimation, dass eine Nachwahl in der Stufe in diesem Fall im vereinfachten Verfahren durchgeführt werden darf, gibt es nicht.
➡ § 22 Abs. 3 i.V.m. § 20 SchwbVWO
Zuletzt geändert von Michael Karpf am Sonntag 13. Januar 2019, 23:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Nachwahl überörtliche Bezirks-SchwbV in Wahlversammlung?
- »Chaotisches Wahlrecht«
Was sagt die Wahlordnung?magdalena.mayer hat geschrieben:Ist überörtliche Nachwahl auch zulässig in Wahlversammlung?
NEIN, Wahlversammlung nicht zulässig
nach dem Wortlaut des § 22 SchwbVWO
Ich habe da gleichfalls Zweifel, dass hier eine Nachwahl der Stellvertretung in einer Wahlversammlung zulässig ist. Denn der § 22 Abs. 3 SchwbVWO verweist ja gerade nicht auf § 21 der Wahlordnung zur vereinfachten Nachwahl in Wahlversammlung, sondern nur auf § 20 SchwbVWO.
Demnach allein nur förmliche Nachwahl gemäß § 22 Abs. 1 SchwbVWO, da dieser auf den § 17 SchwbVWO zur förmlichen Nachwahl verweist. Daran hat sich auch nichts geändert durch das BTHG für die Nachwahl, da der § 22 SchwbVWO nur redaktionell angepasst wurde ab 2018. Dieser Wortlaut der Verordnung schließe jedenfalls Wahlversammlung so oder so allgemein aus für derartige Nachwahlen. Vergl. Wiegand/Hohmann, SchwbVWO, Rn. 24 zu § 22, wie folgt:
"Aus der Verweisung auf § 17 SchwbVWO ergibt sich, dass die überörtliche Schwerbehindertenvertretung unverzüglich einen Wahlvorstand zur Nachwahl eines stellvertretenden Mitglieds oder mehrerer stellvertretenden Mitglieder bestellen muss, wenn das einzige stellvertretende Mitglied ausgeschieden oder noch nicht gewählt ist.
Was sagt das Gesetz?
JA, eine Wahlversammlung ist zulässig
entgegen Wortlaut des § 22 SchwbVWO
Da das SGB IX als gesetzliche Regelung aber selbst abschließend regele, wann das vereinfachte Wahlverfahren anzuwenden sei und wann förmlich zu wählen ist, müsse § 22 SchwbVWO gesetzeskonform ausgelegt werden, so das BAG zur überörtlichen Wahl. Dies spricht folglich für vereinfachte Nachwahl bei unter 50 Wahlberechtigten laut § 180 Abs. 7 iVm § 177 Abs. 6 Satz 3 SGB IX "entsprechend"; folgt man dieser Ansicht, dann muss zwingend vereinfacht nachgewählt werden trotz abweichendem Wortlaut der Wahlordnung und entgegen Hohmann bei der Nachwahl einer BSBV mit unter 50 wahlberechtigten Schwerbehindertenvertretungen entgegen verbreiteter Ansicht in Literatur. Ob diese Konsequenz vom BMAS beim BTHG bedacht wurde für Nachwahl u.a. ist zweifelhaft.
Nachtrag:
• Was ist der Regelfall?
• Gibt es den Regelfall?
Den im Schrifttum verbreitet angenommenen "Regelfall" gibt es demnach nicht nach gesetzeskonformer Auslegung des § 22 SchwbVWO. Denn Gesetzgeber hat Wahlverfahren selbst ➔zwingend festgelegt. Er hat insbesondere die Bundesregierung nicht ermächtigt in der gesetzlichen Verordnungsermächtigung gemäß § 183 SGB IX davon abweichend irgendwelche bestimmte Ausnahmen zuzulassen. Diese Ermächtigung ist begrenzt lt. Art. 80 GG.
Und daran hat sich auch der VO-Geber zu halten - was er aber wohl offenbar nicht getan hat ... Also niemals ➔Auswahlermessen für niemand, nicht für VO-Geber und auch nicht für SBV-Stufe. In diesem Sinne gibt's eigentlich ➔keinen Regelfall und damit kein Regelwahlverfahren, auch wenn in Wahlordnung so normiert. Der § 22 Abs. 1 Satz 4 SchwbVWO dürfte nichtig sein, weil bei drei oder bei vier Wahlberechtigten förmliche Wahl ausgeschlossen kraft Gesetzes.
Entgegen BIH-Ansicht in ZB info 1 I 2018 (Seite 7) zur Organisation der Wahl werden die Stufenvertretungen nicht „in der Regel nach dem förmlichen Wahlverfahren“ gewählt, da das jeweilige Wahlverfahren kraft Gesetzes zwingend festgelegt ist. Ich teile diese pauschale Ansicht nicht, weil jedenfalls durch BAG bzw. BTHG überholt: Ein solches Regelwahlverfahren gibt es nicht (mehr), da bei unter 50 wahlberechtigten Mandatsträgern vereinfacht, und ab 50 Wahlberechtigten förmlich gewählt werden muss von Gesetzes wegen (§ 180 Abs. 7 i.V.m. § 177 Abs. 6 Satz 3 SGB IX). Ein Ermessen besteht insoweit nicht. Soweit § 22 SchwbVWO dem entgegensteht mit seinen teils abweichenden Tatbeständen (speziell u.a. § 22 Abs. 3 SchwbVWO), geht das Gesetz für Neu- und auch für Nachwahlen wegen des Gesetzesvorrangs der Wahlordnung vor. Dieser Umstand wurde offenbar im BTHG 2016 nicht konsequent durchdacht.ZB Info 1|2018 (Seite 7) hat geschrieben:Noch Fragen? In der Regel werden die Stufenvertretungen nach dem förmlichen Wahlverfahren gewählt.
Gibt es evtl. weitere Meinungen?
Wer kennt dazu neuere Literatur?
Viele Grüße
Albin Göbel
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Hat Stufen-SBV Auswahlermessen zwischen den zwei Wahlverfahren?
- »unter fünfzig stets einfache Wahl«
es besteht, wenn man sich an dem klaren eindeutigen Gesetzeswortlaut orientiert, wohl kein Optionsrecht bzw. kein Ermessensspielraum für die jeweiligen Stufen-SBVen, ein Wahlverfahren auszuwählen: Nicht bei Regelwahl, nicht bei Zwischenwahl und auch nicht bei Nachwahl entgegen § 22 Abs 3 SchwbVWO. Das Wahlverfahren für die überörtliche Vertretung richtet sich nach § 180 Abs. 7 SGB IX iVm § 177 Abs. 6 Satz 3 SGB IX "entsprechend", wonach eine vereinfachte Wahl zwingend bei unter 50 Wahlberechtigten – und förmliche Wahl zwingend bei 50 Wahlberechtigten und mehr kraft Gesetzes durchzuführen ist nach neuerer Literatur. Ebenso Düwell, LPK-SGB IX, § 180 Rn. 68 am Ende, und in dem Vorwort zur 5. Auflage, wonach bei der Neufassung des SGB IX 2016 "übersehen worden" sei, dass die Wahlordnung mehrfach "mit dem vorrangigen Gesetzesrecht nicht übereinstimmt".
Das SGB IX als Gesetz habe Vorrang vor der SchwbVWO als bloße Verordnung nach LPK-SGB IX, 5. Auflage 2018, so Düwell zum § 177 SGB IX Rn. 17, und Sachadae, § 22 SchwbVWO Rn. 20; ebenso Düwell, Wahl der SBV 2018, Kap. 15.3 zur GSBV, Kap. 15.4 zur KSBV, Kap. 15.5 für HSBV, Kap. 15.6 für Nachwahlen (a.A. wohl BIH-Wahlbroschüre, Seite 83 unten).
Merksatz: Es gibt daher kraft Gesetzes entgegen der Wahlordnung und verbreiteter Meinung im Schrifttum und Web kein förmliches Regelwahlverfahren nach § 22 Abs. 1 SchwbVWO. Ferner kraft Gesetzes auch keinerlei Ermessen nach § 22 Abs. 3 SchwbVWO. Das Maß aller Dinge ist einzig die Anzahl der Wahlberechtigten und sonst nichts. Dies gilt ebenso auch für alle Nachwahlen. Wurde offenbar vom BMAS (zuletzt) beim BTHG verkannt sowie übersehen. Das bedarf dringend der Bereinigung, da teils widersprüchlich und sinnfrei.
Hinweis: Laut BIH-Wahlbroschüre, Abschnitt 7.3.2, Stichwort: "Wahlberechtigung" auf Seite 87, soll die BSBV nicht für die Wahl zur HSBV wahlberechtigt sein. Dies folge aus BAG v. 24.05.2006, 7 ABR 40/05. Das alles ist höchst irritierend und widersprüchlich. Hier handelt es sich offenbar um ein redaktionelles Versehen, da das genaue Gegenteil zutrifft laut § 180 Abs 3 SGB IX. Richtig ist: Die GSBV statt BSBV ist nicht wahlberechtigt für die Wahl der HSBV.BIH-Wahlbroschüre hat geschrieben:Nicht wahlberechtigt für die Wahl der HSBV ist die BSBV.218)
Wahlberechtigt ist ferner nicht nur die örtliche SBV - "für das Ministerium" - sondern ggf. auch die örtl. SBV anderer oberster Bundesbehörden wie etwa der DRV Bund, Bundesagentur, Bundesbank, aber auch des Lands Berlin kraft Gesetzes (über BIH-Broschüre 7.3.2 und über das BIH-Ausschreiben Stufe hinaus, das nur die ört. SBV des Ministeriums statt auch anderer oberster Dienstbehörden nennt außerhalb der Ministerialstrukturen, bei denen ja teilweise auch Haupt-SBV gewählt wird). Ferner Hauptquartier (headquarters) der Alliierten Stationierungsstreitkräfte als „oberste Dienstbehörde“. Ebenso Düwell, LPK-SGB IX, § 180 Rn. 67/68
Viele Grüße
Albin Göbel