Vertretungsrecht SBV

CVedder
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Beitrag von CVedder »

Aufgabe des stellvertretenden Mitglieds bzw. der stellvertretenden Mitglieder ist es, die Vertrauensperson im Falle der Verhinderung zu vertreten. Eine weitere Aufgabe bestimmt § 95 Abs. 1 Satz 4 und 5 in der durch das Bundesteilhabegesetz mit Wirkung zum 30.12.2016 geänderten Fassung in Betrieben und Dienststellen mit in der Regel mehr als 100 beschäftigten schwerbehinderten Menschen. Die bisherige Einschränkung, dass eine Heranziehung nur im Falle der Verhinderung durch Abwesenheit oder Wahrnehmung anderer Aufgaben möglich sein sollte, ist durch Art. 2 des Bundesteilhabegesetzes v. 23.12.2016 mit Wirkung zum 30.12.2016 gestrichen worden.
Durch die Streichung dieser einschränkenden Gründe ist nunmehr auch eine Vertretung durch ein stellvertretendes Mitglied in Angelegenheiten möglich, in denen die Vertrauensperson individuell und unmittelbar betroffen ist.

Grüße
Christian Vedder
valentin

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Beitrag von valentin »

Hallo Matthias,

Ich sehe hier auch nicht den Sonderfall der Unabkömmlichkeit mit Betriebsgefährdung. Denn wenn die SBV/GSBV krank würde müsste der AG ja auch Ersatz haben.
matthias.günther
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Beitrag von matthias.günther »

... und dann müsste der AG dafür einen anderen AN aus dem Urlaub zurückbeordern, mithin in dessen Rechtskreis eingreifen "nur" weil die SBV an der GBR-Sitzung teilnehmen möchte? Der AG müsste dann auch Stornokosten usw. für diesen AN tragen. Nicht praktikabel - im Gegensatz zu dem vom TE beschrittenen Weg "Verhinderungsfall".
valentin

AW: Vertretungsrecht SBV

Beitrag von valentin »

Hallo,

u.a. auch im Beitrag der BIH! Fachlexikon/Stellvertreter-der-Schwerbehindertenvertretung/77c370i1p/index.html

Vertretung bei Verhinderung: Der Stellvertreter vertritt die Schwerbehindertenvertretung im Falle der Verhinderung durch Abwesenheit oder bei Wahrnehmung anderer Aufgaben (§ 94 Abs.1 SGB IX). Verhinderung liegt zum Beispiel vor, wenn die Schwerbehindertenvertretung
abwesend ist (z.B. Urlaub, Krankheit, Kur, Dienstreise usw. oder auch bei persönlichen Angelegenheiten); zwar im Betrieb oder in der Dienststelle anwesend, aber für eine bestimmte Aufgabe im Rahmen der Schwerbehindertenvertretung derzeit nicht erreichbar ist (z.B. nicht abkömmlich vom Arbeitsplatz) oder eine andere Aufgabe wahrzunehmen hat (vgl. Aufgabenkatalog in § 95 Abs.1 SGB IX).

Die VPSchwb ist hier ja aber nicht UNABKÖMMLICH, denn sonst dürfte sie weder krank (also nicht an diesem Tag) werden noch Urlaub machen.

Hier hat ja auch nicht der AG die Unabkömmlichkeit festgestellt, sonder die SBV hält sich dafür. So ist es aus dem Beitrag zu verstehen.
matthias.günther
Beiträge: 279
Registriert: Mittwoch 2. Mai 2012, 14:41

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Beitrag von matthias.günther »

Hallo Valentin,

den Verhinderungsfall stellt die SBV selbst fest... und entsprechend der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 99 SGB IX (der § gilt auch für BR, GBR...) wurde doch hier mMn eine verantwortungsbewusste Interessenabwägung vorgenommen. Verhinderung gibt es auch aus dienstlichen Gründen(Feldes/Kohte/Stevens-Bartol, SGB IX, Kommentar für die Praxis, 3. Aufl., Rnr. 10 zu § 94, S. 919). Die SBV ist nun mal in ihrer Amtsausübung nicht weisungsgebunden und außerdem ja nicht im "luftleeren Raum" unterwegs, sondern immer noch bei dem AG beschäftigt, was bei der Interessenabwägung auch eine Rolle spielt. Ich finde es sogar ein gutes Beispiel für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, egal was den GBR jetzt umtreibt - rechtlich hat dieser keine Handhabe. Ich erlebe in der Praxis im Gegenteil leider immer wieder SBV, die mit dem Kopf durch die Wand wollen und von vornherein ihren Entscheidungsspielraum auf nur eine Handlungsalternative begrenzen, obwohl es noch andere Möglichkeiten gäbe, und auf zumindest fragwürdigen Rechtsauslegungen beharren, was noch lange nicht bedeutet, dass man immer nachgeben muss. Wenn dann der AG sich auch quer stellt, wundert es mich nicht. (Der Eintrag im Fachlexikon zur Verhinderung ist übrigens noch nicht auf dem aktuellen Rechtsstand 2017.)
Arbeitsunfähigkeit ist ja ein anderer Punkt, wo die SBV die Abwesenheit im Gegensatz zur SBV-Tätigkeit nicht beeinflussen kann. Und in dem Fall wäre sowieso ohne Diskussion der Stellvertreter zu der Sitzung gegangen.
albin.göbel
Beiträge: 701
Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

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Beitrag von albin.göbel »

matthias.günther hat geschrieben:... wurde ver­ant­wor­tungs­be­wuss­te Interessenabwägung vorgenommen
Richtig! Immerhin hat hier die GSBV die Urlaubsvertretung im Vorfeld un­ter­schrie­ben und sich damit gebunden: Auch dies ist m.E. in die Abwägung einzubeziehen.

matthias.günther hat geschrieben:Verhinderung gibt es auch aus dienstlichen Gründen...
Ebenso LAG Hamburg, 19.09.2012, H 6 TaBV 2/12, Rn. 68 mit weiteren Literatur- sowie Recht­spre­chungsnachweisen aus­zugs­wei­se wie folgt:

"... entscheidet das jeweilige Be­triebs­rats­mit­glied in eigener Verantwortung darüber, welcher seiner beruflichen, privaten oder betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten er im Kollisionsfall den Vorrang gibt (vgl. BAG 23. Juni 2010 - 7 ABR 103/08 - Rn. 14; Fitting BetrVG 26. Auflage § 25 Rn. 21). Erklärt sich das Be­triebs­rats­mit­glied für verhindert, hat der Vorsitzende das tat­sä­chli­che Vorliegen eines Hin­de­rungs­grun­des daher nicht nachzuprüfen.

Vielmehr darf der Be­triebs­rats­vorsitzende ohne eigene Ermittlungen davon aus­ge­hen, dass sich ein Be­triebs­rats­mit­glied seiner gesetzlichen Pflicht nicht ohne triftigen Grund entzieht und seine Ver­hin­de­rung nur nach sachgerechter Abwägung unterschiedlicher Pflichten anzeigt (Fitting aaO.). Daher ist es aus Gründen der rechtssicheren Vorbereitung und Durch­füh­rung von Sitzungen und zum Schutz einer autonomen Amtsführung geboten, die Ent­schei­dung über das Vor­lie­gen eines ­Hin­de­rungsgrundes letztlich in der Ver­ant­wor­tung des jeweiligen Mitglieds zu lassen..."


Viele Grüße
Albin Göbel
alice58

AW: Vertretungsrecht SBV

Beitrag von alice58 »

Moin Leute,
na ja, die Vertrauensperson ist angehalten dem GBR - Vorsitzenden mitzuteilen, ob diese an der GBR - Sitzung teilnehmen kann. Der GBR - Vorsitzende hat in diesem Fall nach §§ 52 i.V. mit 29 die stellv. Vertrauensperson zu laden. So nachzulesen
in allen möglichen Kommentaren zum SBG IX wie zum BetrVG. Wird dies mehrmals, aus welchen Gründen auch immer, nicht getan, so begeht der Vorsitzende des GBR eine grobe Pflichtverletzung, die letztendlich Konsequenzen nach sich ziehen kann. (§ 48 i.V. 23 Abs. 1 BetrVG).
Wie auch immer: die SBV, in welcher Ebene auch immer, hat erstens das Recht: an allen Sitzungen der BR, seiner Ausschüsse, an den Monatsgesprächen zwischen AG und BR usw. teilzunehmen, aber nicht die Pflicht.
Trotz dieses Rechtes ist die SB VP / stellv. VP explizit unter Nennung vor Ort, Uhrzeit und der Tagesordnung zu laden.

Gruß
albin.göbel
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AW: Verhinderungsvertretung SBV

Beitrag von albin.göbel »

Valentin hat geschrieben:Wahrnehmung der Arbeit als AN ist eben kein Grund der Verhinderung!
Hallo Valentin, das kann man so pauschal nicht sagen, sagt auch das neue amtl. B­IH-Fachlexikon, soweit er "nicht abkömmlich vom Arbeitsplatz" in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung und Lehre. ­ Ist in der Regel zwar richtig, ­ aber nicht apodiktisch von vornherein auszuschließen als Grund

Viele Grüße
Albin Göbel
valentin

Re: Vertretungsrecht SBV

Beitrag von valentin »

Hallo,

grundsätzlich hat lt. Gesetz Mandatsarbeit Vorrang. Es könnte max. die eine Ausnahme geben, dass der Betrieb zusammen bricht wenn dieser 1 AN nicht seine Tätigkeit wahrnimmt. Was aber idR nicht sein kann, denn dieser eine AN könnte ja auch plötzlich krank/AU werden zB durch Unfall.

https://www.felser.de/blog/betriebsratsarbeit-geht-vor/
albin.göbel
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AW: Abwesenheitsvertretung SBV

Beitrag von albin.göbel »

Valentin hat geschrieben:Es könnte max. die eine Ausnahme geben, dass der Betrieb zusammen bricht, wenn dieser 1 AN nicht seine Tätigkeit wahrnimmt.
Hallo Valentin,
ein UK-Fall ist keinesfalls auf "Be­triebs­ge­fähr­dung" oder Zusammenbruch begrenzt. Da gäb's ja ohnehin keinen ­ Be­ur­tei­lungs­spielraum. Das ist zu eng, wie von Matthias Günther oben schon 2017 ausführlich dar­ge­stellt. Das wurde bereits höchst­rich­ter­lich geklärt, dass nicht nur solche eng be­grenz­ten Fälle einer betrieblichen "Not­si­tu­at­ion" einen Verhinderungsfall bedingen können wie "Überschwemmung oder Fe­u­er". Einen solchen Rechtssatz gibts nicht, urteilte bereits BAG, 11.06.1997 – 7 AZR 229/96, Rn. 26/27 m.w.N. vor 20 Jahren. Nichts anderes schreibt der ­­ Fachanwalt ­­ im Felser-Blog.

Zur Verhinderungsvertretung der SBV vgl. grundlegend Düwell, LPK-SGB IX 2019, § 177 Rn. 7 m.w.N. sowie BAG 08.09.2011, 2 AZR 388/10 – und siehe dazu auch hier die Diskussion m.w.N.

Viele Grüße
Albin Göbel
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