Einstellungsverfahren läuft schief

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SBV-M
Beiträge: 6
Registriert: Donnerstag 28. März 2013, 11:08

Einstellungsverfahren läuft schief

Beitrag von SBV-M »

Folgendes Szenario:
- Ausschreibung Teilzeitstelle 25 Std., unbefristet
- mehr schwerbehinderte Bewerber als nicht behinderte Bewerber (insgesamt 23 Vorstellungsgespräche an 2 Tagen)
- nach Vorstellungsgesprächen entschied man sich, 3 nicht Behinderte dem Gemeindevorstand zu empfehlen
- ich als Vertrauensperson habe interveniert und klargemacht, dass auch sbM mit gleicher Eignung vorstellig waren
- ein sbM wurde daraufhin kurz auf die Liste genommen, es wurde unter Vorstandsmitgliedern neu gewählt, sodass der
sbM ganz klar durchfiel (war nicht anders zu erwarten)
- am 2. Bewerbertag war auch der verantwortliche Vorgesetzte abwesend und nicht bei den Bewerbergesprächen
anwesend und nur von stv. Fachbereichsleiter vertreten

Ich als Vertrauensperson werde mich natürlich mit Händen und Füßen gegen dieses Verfahren wehren mit den möglichen Mitteln. Auch habe ich erfahren, dass der Personalrat nur eine Vorauswahl an Bewerberunterlagen bekommen hat, was, glaube ich, nicht rechtens ist. Werde ich um Zustimmung zur Einstellung einer der nicht schwerbehinderten Bewerber/innen gefragt, werde ich meine Zustimmung verweigern, die Gründe dürften ja klar sein. Es gab ja schwerbehinderte Bewerber/innen die gleiche Eignung besitzen. Nur wurden diese nicht, wie auf der Ausschreibung immer so schön geschrieben, bevorzugt berücksichtigt. Hier liegen meiner Meinung und Beobachtung nach subjektive Vorbehalte gegen sbM vor. Qualifikationen spielten keinerlei Rolle im Anschluss an die Vorstellungsrunde. Man achtete nur auf die Äusserlichkeiten und die Redegewandtheit.

Zur Stelle sei zu sagen, es handelt sich um einen Arbeitsplatz, an dem überwiegend Arbeitsstunden- und Nachweiszettel in die EDV übernommen werden. Ein kleiner Teil betrifft Kontierungen von Ausgaben. Der Rest bezieht sich auf allgemeine Bürotätigkeiten. Eigentlich eine Arbeit, die nach einmaliger Anleitung jeder Mensch machen kann.

Nun suche ich noch dringend Tipps und Möglichkeiten von den Erfahrenen unter Euch, die das vielleicht auch selbst schon so erlebt haben. Leider haben wir (noch) keine Integrationsvereinbarung, die ich aber nun mit Nachdruck einfordern werde. Wie kann ich das Ruder noch rum reissen? Die üblichen Angebote wie "Eingliederungshilfe" etc. sind mir alle bekannt, befürchte aber, dass diese Argumente wenig bewirken. Von daher: Bitte viele ARGUMENTE von Euch.

Ich zähl auf Eure Hilfe!

Grüße aus Südhessen
jada.wasi
Beiträge: 350
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

AW: Einstellungsverfahren läuft schief

Beitrag von jada.wasi »

... werde Zustimmung verweigern.
Hallo, die Schwerbehindertenvertretung ist kein Mitbestimmungsorgan, sondern allein der Personalrat. Die SchwbV ist ggf. zu beteiligen am Einstellungsverfahren bei schwerbehinderten Bewerbern und gibt dann ihre vergleichende Wertung bzw. Stellungnahme ab, die die Gemeinde bei ihrer Auswahl zu erwägen hat. Sie ist ggf. anzuhören vor der Auswahlentscheidung (vergl. LAG Hessen vom 17.03.2016 - 9 TaBV 128/15). Ggf. ist die Entscheidung mit PR bzw. mit SchwbV zu erörtern (§ 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX). Nur dem PR steht ein Zustimmungsverweigerungsrecht zu als alleinigem Träger der Mitbestimmung nach § 77 Abs. 4 HPVG, nicht der SchwbV. "Sie hat nämlich keine Mitbestimmungsrechte".(Düwell, LPK-SGB IX § 94 Rdnr. 4/5; BAG vom 15.08.2006 - 9 ABR 61/05 - Rdnr. 27).

Zur Zusammenarbeit von SchwbV und PR bei Einstellungen vergleiche entsprechend AiB 10/2002

Gruß,
Jada Wasi
SBV-M
Beiträge: 6
Registriert: Donnerstag 28. März 2013, 11:08

AW: Einstellungsverfahren läuft schief

Beitrag von SBV-M »

Hallo jada.wasi,

ich hab mich in meinem posting verkehrt ausgedrückt, sorry dafür. Klar habe ich kein Mitbestimmungsrecht, kann mich aber mit dem Personalrat beratend zusammensetzen. Dieser hat mir auch signalisiert, dass er nur seine Zustimmung verweigern kann, wenn nach 77 HPVG eine Möglichkeit besteht. Und dies war auch so. Also wir ziehen an einem Strang und können sachlich auch alles darlegen. Ich habe unanbhängig davon meine begründete Stellungnahme an den AG übermittelt.

Eine Entscheidung des AG ist nach der Intervention noch nicht gefallen, dennoch wird der Personalrat schon massiv von einem stv. Fachbereichsleiter unter Druck gesetzt, bzw. wird es versucht. Aber das hält der PR aus. Und je nach Tragweite wird er sich vielleicht weitere Schritte gegen die "Unter Druck Setzung" vorbehalten.

Nun gibt es nur noch das Durchhalten und ich bin schon mal froh, dass ich hier mit dem PR gut zusammenarbeiten kann.
Werde weiter berichten, wenn es was neues gibt.
Ulrich.Römer
Beiträge: 621
Registriert: Mittwoch 29. September 2010, 12:51

AW: Einstellungsverfahren läuft schief

Beitrag von Ulrich.Römer »

Der Arbeitgeber bewegt sich bei diesem Verfahren auf dünnem Eis. Sollte einer der Bewerber Klage wegen Benachteiligung nach dem AGG stellen ist der Arbeitgeber in der Beweispflicht!
Ulrich Römer

Moderator der BIH-Foren
SBV-M
Beiträge: 6
Registriert: Donnerstag 28. März 2013, 11:08

AW: Einstellungsverfahren läuft schief

Beitrag von SBV-M »

Hallo in die Runde,

und wie versprochen, berichte ich nun weiter. Nachdem ich 1,5 Wochen Urlaub hatte und gestern meinen Dienst wieder antrat, hatte ich natürlich auch gleich neue Post. Und siehe da, der AG hat sich doch tatsächlich meinungsändernd für einen schwerbehinderten Bewerber mit gleicher Qualifikation umentschieden. Auch wenn er schreibt, dass er die Beweggründe meiner Stellungnahme "nicht nachvollziehen kann". Schon komisch, denn der AG sollte die Gesetze kennen und wenn er dann meine Intervention nicht nachvollziehen kann, warum entscheidet er sich dann um? Ich vermute dahinter einzig und allein psychischen Druck, der auf die SBV und den Personalrat ausgeübt werden soll. Der Personalrat wurde auch schon zu einem "ganz schlimmen" Gespräch vorgeladen, weil er der ursprünglichen Einstellung auch nicht zustimmte, allerdings kenne ich die Inhalte (noch) nicht, hab aber gebeten, standhaft zu bleiben und sich nicht einschüchtern zu lassen. Ich selbst fühle mich momentan auch wie beim Spießrutenlauf, viele Kolleg/innen verhalten sich seitdem anders mir gegenüber und das fällt schon auf.
Allerdings lasse ich mich nicht einschüchtern und stehe das nun durch, bis Gras drüber gewachsen ist. Andererseits wird diese Arbeit ja auch von mir als gewählte Vertrauensperson verlangt und dem hab ich ehrenamtlich Rechnung zu tragen. Und es hat funktioniert, ein Schwerbehinderter Mensch wird eingestellt.

Sollte euch sowas ähnliches passieren, lasst euch nicht einschüchtern, dann kann man nur gewinnen.

Beste Grüße
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