Ich bin seit Anfang des Jahres Schwerbehindertenvertreterin in einem Betrieb des Konzerns PSI-AG. (vorher gab es keine SBV weil weniger als 5 schwerbehinderte Mitarbeiter angestellt waren.)
Einheit in der ich beschäftigt bin: http://www.psi.de/de/psi-energymanagement/oel-und-gas/" onclick="window.open(this.href);return false;
Noch zwei weitere Einheietn sind zum Energiemanagement zusammengefasst.
http://www.psi.de/de/psi-energymanagement/uebersicht/" onclick="window.open(this.href);return false;
Alle drei haben eine SBV. Es gibt einen Gesamtbetriebsrat und ich bin zur Gesamtschwerbehindertenverteterin im April gewählt worden.
Zum Konzern gehören noch mehr Betriebseinheiten und es gibt einen Konzernbetriebsrat.
http://www.psi.de/de/psi-group/structure/" onclick="window.open(this.href);return false;
Lt. Aussage unserer Geschäftsführung gibt es in keiner weiteren Einheit eine SBV oder eine GSB.
Besteht die Pflicht eine KSBV einzurichten? Ich denke, dann wäre ich die einzige Wahlberechtigte und müsste mich oder eine andere Person dazu bestimmen und auch einen Stellvertreter.
Hieraus würde ich einen Anspruch ableiten: http://www.schwbv.de/forum/index.php?mo ... d&id=19582" onclick="window.open(this.href);return false;
Das widerspricht dem Anspruch:
http://www.rehadat-recht.de/de/schwerbe ... vertretung" onclick="window.open(this.href);return false;
Für eine Antwort wäre ich dankbar.
Viele Grüße
Amaryllis
Konzern Schwerbehindertenvertretung
Konzern Schwerbehindertenvertretung
Zuletzt geändert von Amaryllis am Dienstag 9. Februar 2016, 21:08, insgesamt 1-mal geändert.
-
- Beiträge: 288
- Registriert: Mittwoch 2. Mai 2012, 14:41
AW: Konzern Schwerbehindertenvertretung
Hallo,
spannende Frage, die leider noch nicht höchstrichterlich ausgeurteilt wurde.
Es gibt hier aus meiner Sicht ebenso gute Gründe pro KSBV wie contra KSBV. Auf der sicheren Seite wäre man bezüglich der Wahl der SBV, wenn es für die weiteren Betriebe bzw. Betriebseinheiten zur Wahl einer SBV bzw. GSBV käme. Hier sehe ich die örtlichen BR bzw. GBR in der Pflicht, die Voraussetzungen zu prüfen und dann ggf. die Wahl einzuleiten. Oder gibt es in diesen Betrieben tatsächlich so wenig Schwerbehinderte...?
spannende Frage, die leider noch nicht höchstrichterlich ausgeurteilt wurde.
Es gibt hier aus meiner Sicht ebenso gute Gründe pro KSBV wie contra KSBV. Auf der sicheren Seite wäre man bezüglich der Wahl der SBV, wenn es für die weiteren Betriebe bzw. Betriebseinheiten zur Wahl einer SBV bzw. GSBV käme. Hier sehe ich die örtlichen BR bzw. GBR in der Pflicht, die Voraussetzungen zu prüfen und dann ggf. die Wahl einzuleiten. Oder gibt es in diesen Betrieben tatsächlich so wenig Schwerbehinderte...?
-
- Beiträge: 701
- Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55
AW: KSBV: Vertretungslücke oder Ersatzvertretung? LAG Hamburg, 07.02.2013, 7 TaBV 10/12
Die Hamburger Rechtsprechung ist da wohl uneinheitlich (Wahl-Broschüre, Endnote 156). Handelt es sich denn bei dem Konzern-BR des schweizer Konzerns (?) eigentlich um eine überörtliche Interessenvertretung im Sinne des § 54 BetrVG nach deutschem Recht?Amaryllis hat geschrieben:Besteht die Pflicht eine KSBV einzurichten?
Wenn ja, sollte Ihnen die wohl im Herbst zu erwartende höchstrichterliche Klärung des BAG, Aktenzeichen: 7 ABR 62/13, bei Ihrer reinen Wahlrechtsfrage weiterhelfen. Das kann sich dann aber bis ins nächste Jahr hinziehen, bis die Entscheidungsgründe veröffentlicht sind. Da können Sie wohl in absehbarer Zeit mit einem von mehreren Bundesrichtern abgesegneten "Rechtsgutachten" rechnen, sofern sich die Hamburger "Kontrahenten" nicht doch noch zuvor vergleichsweise einigen sollten.
Wenn nein, stellt sich hier die weitere Rechtsfrage, ob Ihnen dennoch als einzige Gesamt-SBV im Konzern die Aufgabe einer Konzern-SBV von Rechts wegen automatisch zufällt über den reinen Gesetzeswortlaut des § 97 Abs. 2 SGB IX hinaus, wenn und solange in den anderen Konzernunternehmen keine einzige örtliche SBV existiert.
Diese Rechtsfrage wird bisher in der Literatur, soweit thematisiert, großteils verneint. Das erscheint zumindest fraglich wegen dem im Schwerbehindertenrecht normierten fundamentalen Prinzip bzw. dem dort vorherrschenden "Erstreckungskonzept" der unternehmens- bzw. konzernweiten Ersatzvertretung (§ 97 Abs. 6 Satz 1 HS 2 SGB IX), wonach gerade keine Vertretungslücken bestehen sollen bei der Interessenvertretung sbM. Darauf ist das LAG Hamburg vom 07.02.2013, 7 TaBV 10/12, Rn. 34, nicht näher eingegangen, hat sich nicht mit der entgegenstehenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung des VG Hamburg vom 15.02.1988, 2 FB 2/87, auseinandergesetzt, und sich stattdessen mit einem fragwürdigen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsvergleich begnügt (kritisch dazu Düwell in LPK-SGB IX, 4. Auflage 2014, § 97 Rn. 49, wonach die arbeitsgerichtliche Instanzenrechtsprechung "dieses Erstreckungskonzept nicht erkannt" habe, sondern "in den Strukturen des BetrVG" verharrt sei).
Das VG Hamburg hat im Gegensatz zum LAG Hamburg bereits 1988 erkannt: "Ist im Bereich mehrstufiger Verwaltungen lediglich bei einer Dienststelle eine Schwerbehindertenvertretung gebildet, so nimmt diese zugleich die Aufgaben der Hauptschwerbehindertenvertretung wahr". Dieser wegweisende "Orientierungssatz" ist deswegen bemerkenswert, da es nur örtliche Personalräte und einen HPR, aber eben keinen Bezirks-PR und keine Bezirks-SBV gab, sondern wie hier nur eine einzige örtl. SBV im gesamten Geschäftsbereich.
Aus meiner Sicht kann schon deswegen die am Gesetzeswortlaut "klebende" Entscheidung des LAG Hamburg vom 07.02.2013, 7 TaBV 10/12, jedenfalls mit der von ihm gegebenen formalen Begründung keinen Bestand haben. Es geht hier nicht etwa primär um die "betriebsverfassungsrechtliche Stellung" der SBV (so aber LAG Hamburg gleich im Einleitungssatz in Rn. 1), sondern in erster Linie vielmehr um ihre schwerbehinderten-vertretungsrechtliche Stellung.
Obgleich über den unternehmens-übergreifenden Status als Konzern-SBV auf Konzernebene gestritten wird, wurde bisher nur das eine Unternehmen, nicht aber die übrigen Konzernunternehmen beteiligt. Das ist verfassungswidrig und ein absoluter Revisionsgrund bzw. hier ein absoluter Zulassungsgrund für eine Nichtzulassungsbeschwerde. Die beiden Instanzengerichte hätten wenigstens auch die übrigen Unternehmen und mindestens den KBR sowie die örtl. Betriebsräte der übrigen Konzern-Unternehmen notwendig beiladen müssen (§ 83 Abs. 3 ArbGG und § 547 Nr. 4 ZPO) auch wegen deren Anspruch als Beizuladende auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG.
Viele Grüße
Albin Göbel
AW: KSBV: Vertretungslücke oder Ersatzvertretung?
Hallo Albin,
danke für die Antwort!
Die PSI AG ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Berlin.
Die PSI AG Schweiz ist eine Konzerntochter.
Hier ist die Startseite: http://www.psi.de/de/home/" onclick="window.open(this.href);return false;
Viele Grüße
Amaryllis
danke für die Antwort!
Die PSI AG ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Berlin.
Die PSI AG Schweiz ist eine Konzerntochter.
Hier ist die Startseite: http://www.psi.de/de/home/" onclick="window.open(this.href);return false;
Viele Grüße
Amaryllis
Zuletzt geändert von Amaryllis am Dienstag 9. Februar 2016, 21:08, insgesamt 1-mal geändert.
-
- Beiträge: 701
- Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55
AW: KSBV: Vertretungslücke oder Ersatzvertretung? LAG Hamburg, 07.02.2013, 7 TaBV 10/12
Sollte das BAG am 04.11.2015 die Entscheidungen des ArbG Hamburg vom 19.06.2012 und des LAG Hamburg vom 07.02.2013, 7 TaBV 10/12, kassieren und dem im Beschwerdeverfahren nachgebesserten Feststellungsantrag entsprechen, wofür einiges spricht, dann sollten Ihnen als Gesamt-VP die Aufgaben einer Konzern-SBV erst Recht kraft gesetzlichen Auftrags zufallen und zwar deswegen, weil Sie ja im Unterschied zur Hamburger Streitsache (1) gewählte Gesamt-VP sind und weil es (2) in Ihrem Unternehmen einen Gesamt-BR gibt. Und genau auf diese zwei Punkte soll es status- und wahlrechtlich aus Sicht des LAG Hamburg nach dessen "Theorie" rechtlich ankommen.
In derartigen Fällen hätte die gewählte Gesamt-SBV als besonderer Vertretungskörper, bestehend aus der Gesamt-VP und den stellv. Mitgliedern der Gesamt-SBV (vgl. Düwell, LPK-SGB-IX, § 94 Rn. 6), die Aufgaben einer Konzern-SBV ohne Wahl kraft gesetzlichen Auftrags wahrzunehmen, also insoweit Doppelamt von Rechts wegen. Ich kenne jedenfalls keine Rechtsgrundlage, wonach "andere Personen" dazu bestimmt werden könnten.
Viele Grüße
Albin Göbel
Den Punkt sehe ich etwas anders: Wenn der Gesamt-SBV die Aufgaben einer Konzern-SBV in solchen Fällen kraft Gesetzes zufallen sollten, dann gäbe es nichts zu "bestimmen" oder zu "errichten". Die Überschrift bzw. der Leitsatz des LAG Hamburg vom 07.02.2013, 7 TaBV 10/12, dass es da um die "Errichtung" einer Konzern-SBV ginge, ist missverständlich, ja geradezu irreführend und durch nichts zu rechtfertigen. Wie die Hamburger Arbeitsrichter zu dieser Formulierung kommen ist mir schleierhaft. Diese ist ebenso abzulehnen wie die in der Literatur teils formulierte "Bestellung" einer GSBV: Bestellt wird allenfalls ein Wahlvorstand, niemals aber eine SBV nach Wahlrecht.Amaryllis hat geschrieben:Ich denke, dann wäre ich die einzige Wahlberechtigte und müsste mich oder eine andere Person dazu bestimmen und auch einen Stellvertreter.
In derartigen Fällen hätte die gewählte Gesamt-SBV als besonderer Vertretungskörper, bestehend aus der Gesamt-VP und den stellv. Mitgliedern der Gesamt-SBV (vgl. Düwell, LPK-SGB-IX, § 94 Rn. 6), die Aufgaben einer Konzern-SBV ohne Wahl kraft gesetzlichen Auftrags wahrzunehmen, also insoweit Doppelamt von Rechts wegen. Ich kenne jedenfalls keine Rechtsgrundlage, wonach "andere Personen" dazu bestimmt werden könnten.
Viele Grüße
Albin Göbel
AW: Konzern Schwerbehindertenvertretung
Hallo zusammen,
will uns das LArbG Hamburg damit sagen, dass es in Firmen mit mehreren Betrieben, in denen es nur eine einzige örtliche SchwbV gibt, diese nicht einmal die schwerbehinderten Beschäftigten in den anderen Betrieben dieses Unternehmens mitvertreten dürfe, obwohl alle diese Betriebe dem gleichen "Unternehmer" gehören, also gleicher Arbeitgeber, sofern es keinen Gesamtbetriebsrat gibt?
Gruß,
Jada Wasi
will uns das LArbG Hamburg damit sagen, dass es in Firmen mit mehreren Betrieben, in denen es nur eine einzige örtliche SchwbV gibt, diese nicht einmal die schwerbehinderten Beschäftigten in den anderen Betrieben dieses Unternehmens mitvertreten dürfe, obwohl alle diese Betriebe dem gleichen "Unternehmer" gehören, also gleicher Arbeitgeber, sofern es keinen Gesamtbetriebsrat gibt?
Gruß,
Jada Wasi
-
- Beiträge: 701
- Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55
AW: KSBV: Vertretungslücke oder Ersatzvertretung? LAG Hamburg, 07.02.2013, 7 TaBV 10/12
Hallo Jada Wasi,
das LAG Hamburg vom 07.02.2013, 7 TaBV 10/12, verwies in diesem Beschluss auf die umstrittene Kommentierung zur GSBV in Neumann/Pahlen, SGB IX, § 97 Rn. 2, als einzige Literaturquelle: "Da die GSBV an dessen Sitzungen teilnehmen und mit diesen Gesamtvertretungen zusammenarbeiten soll, wäre die Bestellung einer GSBV sinnlos, wenn entsprechende Betriebs- und Personalvertretungen nicht bestehen." Von dieser Einzelmeinung haben sich die Hamburger Arbeitsrichter offenbar leiten lassen.
Das ist mitnichten sinnlos: Da irrt Pahlen mit seiner kategorischen Ansicht, denn er blendet damit das gesetzliche Konzept der Ersatzvertretung sowohl unternehmensweit als auch konzernweit komplett aus nach dem § 97 Abs. 6 Satz 1 SGB IX, das der Gesetzgeber selbst seit jeher als sinnvoll angesehen hat als Instrument zur Stärkung der SBV im Interesse der behinderten und schwerbehinderten Beschäftigten schon wegen § 95 Abs. 1 und 2 SGB IX und der schwerbehinderten Bewerber wegen § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX.
Die gegenteilige Auffassung widerspricht dem elementaren gesetzgeberischen Grundanliegen, dem Prinzip der lückenlosen Vertretung. Die Hilfe- und Beistandsfunktion der SBV umfasst nämlich weitaus mehr Aufgaben als eine allgemeine Interessenvertretung, wie sie der Betriebsrat hat (Düwell, LPK-SGB IX, 4. Auflage 2014, § 94 Rn. 104, wonach das SGB IX davon ausgehe, dass die SBV, wie insbesondere zum Beispiel ihr umfassendes Anhörungsrecht vor jeder Arbeitgeberentscheidung zeige, "umfassender als der Betriebsrat die Interessen der schwerbehinderten Beschäftigten wahrnehmen soll").
Würde man der Argumentation von Pahlen folgen, dann hätte der Gesetzgeber konsequenterweise auch die Wahl einer örtlichen SBV als "sinnlos" ausschließen müssen für den Fall, dass kein örtlicher Betriebsrat existiert. Hat er aber gerade nicht gemacht in § 94 Abs. 1 SGB IX, sondern das genaue Gegenteil, und solche Wahlen vielmehr als sinnvoll und als notwendig erachtet (Düwell, LPK-SGB IX, § 94 Rn. 5), und damit dem Prinzip der lückenlosen Vertretung gegenüber dem Gleichklang mit dem BetrVG klar den Vorzug gegeben. Rechtsvergleichend erscheint es daher zweifelhaft, dass es sich auf der Ebene der "Stufenvertretung" um einen konsequent durchdachten Regelungsplan des Gesetzgebers handelt, da sachlich nicht begründbar: Gerade die irgendwo im Unternehmen oder Konzern weit verstreut tätigen sbM bedürfen besonders des Beistands einer SBV und zwar mehr noch als die im Betrieb in "Sichtnähe" der SBV beschäftigen sbM.
Ebenso § 97 Abs. 4 Satz 2 SGB IX, wonach eine HSBV der Richter eines Gerichtszweigs in den Ländern auch dann gewählt wird, wenn kein Hauptrichterrat im Gerichtszweig besteht, aber mehrere örtl. SBVen zu wählen sind.
Maßgeblich für den Betriebsbegriff ist nach § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IX das BetrVG (Düwell, LPK-SGB IX, § 94 Rn. 22). Sollte es etwa für das Unternehmen mit "mehreren Betrieben" nur einen einzigen unternehmenseinheitlichen Betriebsrat geben in diesem Unternehmen der Wohnungswirtschaft für alle Standorte, Betriebsstätten bzw. Geschäftsstellen zum Beispiel aufgrund Zuordnungs-Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung oder Option der Arbeitnehmer nach § 3 BetrVG, dann wäre die örtliche SBV ohnehin für das gesamte Unternehmen zuständig (vgl. dazu nur Wahlbroschüre, Seite 10/11 m.w.N.), und hätte dann zudem entgegen Pahlen bzw. entgegen LAG Hamburg vom 07.02.2013, 7 TaBV 10/12, Wahlrecht nach § 97 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auch ohne GBR.
Dieser aus meiner Sicht nach BetrVG klärungsbedürftigen und sich geradezu aufdrängenden Vorfrage ist das LAG Hamburg nicht nachgegangen und hat nicht festgestellt, ob es einen Betriebsrat unternehmensweit gibt. Es hat sich hier lediglich damit begnügt festzustellen: "In dem Unternehmen bestehen mehrere Betriebe... Ein Gesamtbetriebsrat existiert nicht." Auch über die Zahl der Betriebsräte hat es sich ausgeschwiegen.
Mit diesen viel zu vagen Ausführungen hätten sich die zwei Vorinstanzen nicht begnügen dürfen und insoweit als Tatsachengerichte die notwendigen Tatsachenfeststellungen treffen müssen: Die aufgrund eines Tarifvertrags oder zum Beispiel einer Betriebsvereinbarung gebildete betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit gilt als ein Betrieb im Sinne des BetrVG (§ 3 Abs. 5 BetrVG) und dazu im Gleichlauf auch als ein Betrieb im Sinne des SBV-Wahlrechts (das sich im "Teil 2" des SGB IX befindet) nach der Verweisung in § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nach herrschender Ansicht. Von einer Prüfung dieser gesetzlichen Fiktion findet sich nichts in dem Beschluss des LAG Hamburg. Diesen Defiziten wird das BAG nachzugehen haben, sofern es diese Entscheidung nicht ohnehin schon aus anderen Gründen für rechtswidrig hält.
Viele Grüße
Albin Göbel
das LAG Hamburg vom 07.02.2013, 7 TaBV 10/12, verwies in diesem Beschluss auf die umstrittene Kommentierung zur GSBV in Neumann/Pahlen, SGB IX, § 97 Rn. 2, als einzige Literaturquelle: "Da die GSBV an dessen Sitzungen teilnehmen und mit diesen Gesamtvertretungen zusammenarbeiten soll, wäre die Bestellung einer GSBV sinnlos, wenn entsprechende Betriebs- und Personalvertretungen nicht bestehen." Von dieser Einzelmeinung haben sich die Hamburger Arbeitsrichter offenbar leiten lassen.
Das ist mitnichten sinnlos: Da irrt Pahlen mit seiner kategorischen Ansicht, denn er blendet damit das gesetzliche Konzept der Ersatzvertretung sowohl unternehmensweit als auch konzernweit komplett aus nach dem § 97 Abs. 6 Satz 1 SGB IX, das der Gesetzgeber selbst seit jeher als sinnvoll angesehen hat als Instrument zur Stärkung der SBV im Interesse der behinderten und schwerbehinderten Beschäftigten schon wegen § 95 Abs. 1 und 2 SGB IX und der schwerbehinderten Bewerber wegen § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX.
Die gegenteilige Auffassung widerspricht dem elementaren gesetzgeberischen Grundanliegen, dem Prinzip der lückenlosen Vertretung. Die Hilfe- und Beistandsfunktion der SBV umfasst nämlich weitaus mehr Aufgaben als eine allgemeine Interessenvertretung, wie sie der Betriebsrat hat (Düwell, LPK-SGB IX, 4. Auflage 2014, § 94 Rn. 104, wonach das SGB IX davon ausgehe, dass die SBV, wie insbesondere zum Beispiel ihr umfassendes Anhörungsrecht vor jeder Arbeitgeberentscheidung zeige, "umfassender als der Betriebsrat die Interessen der schwerbehinderten Beschäftigten wahrnehmen soll").
Würde man der Argumentation von Pahlen folgen, dann hätte der Gesetzgeber konsequenterweise auch die Wahl einer örtlichen SBV als "sinnlos" ausschließen müssen für den Fall, dass kein örtlicher Betriebsrat existiert. Hat er aber gerade nicht gemacht in § 94 Abs. 1 SGB IX, sondern das genaue Gegenteil, und solche Wahlen vielmehr als sinnvoll und als notwendig erachtet (Düwell, LPK-SGB IX, § 94 Rn. 5), und damit dem Prinzip der lückenlosen Vertretung gegenüber dem Gleichklang mit dem BetrVG klar den Vorzug gegeben. Rechtsvergleichend erscheint es daher zweifelhaft, dass es sich auf der Ebene der "Stufenvertretung" um einen konsequent durchdachten Regelungsplan des Gesetzgebers handelt, da sachlich nicht begründbar: Gerade die irgendwo im Unternehmen oder Konzern weit verstreut tätigen sbM bedürfen besonders des Beistands einer SBV und zwar mehr noch als die im Betrieb in "Sichtnähe" der SBV beschäftigen sbM.
Ebenso § 97 Abs. 4 Satz 2 SGB IX, wonach eine HSBV der Richter eines Gerichtszweigs in den Ländern auch dann gewählt wird, wenn kein Hauptrichterrat im Gerichtszweig besteht, aber mehrere örtl. SBVen zu wählen sind.
Maßgeblich für den Betriebsbegriff ist nach § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IX das BetrVG (Düwell, LPK-SGB IX, § 94 Rn. 22). Sollte es etwa für das Unternehmen mit "mehreren Betrieben" nur einen einzigen unternehmenseinheitlichen Betriebsrat geben in diesem Unternehmen der Wohnungswirtschaft für alle Standorte, Betriebsstätten bzw. Geschäftsstellen zum Beispiel aufgrund Zuordnungs-Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung oder Option der Arbeitnehmer nach § 3 BetrVG, dann wäre die örtliche SBV ohnehin für das gesamte Unternehmen zuständig (vgl. dazu nur Wahlbroschüre, Seite 10/11 m.w.N.), und hätte dann zudem entgegen Pahlen bzw. entgegen LAG Hamburg vom 07.02.2013, 7 TaBV 10/12, Wahlrecht nach § 97 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auch ohne GBR.
Dieser aus meiner Sicht nach BetrVG klärungsbedürftigen und sich geradezu aufdrängenden Vorfrage ist das LAG Hamburg nicht nachgegangen und hat nicht festgestellt, ob es einen Betriebsrat unternehmensweit gibt. Es hat sich hier lediglich damit begnügt festzustellen: "In dem Unternehmen bestehen mehrere Betriebe... Ein Gesamtbetriebsrat existiert nicht." Auch über die Zahl der Betriebsräte hat es sich ausgeschwiegen.
Mit diesen viel zu vagen Ausführungen hätten sich die zwei Vorinstanzen nicht begnügen dürfen und insoweit als Tatsachengerichte die notwendigen Tatsachenfeststellungen treffen müssen: Die aufgrund eines Tarifvertrags oder zum Beispiel einer Betriebsvereinbarung gebildete betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit gilt als ein Betrieb im Sinne des BetrVG (§ 3 Abs. 5 BetrVG) und dazu im Gleichlauf auch als ein Betrieb im Sinne des SBV-Wahlrechts (das sich im "Teil 2" des SGB IX befindet) nach der Verweisung in § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nach herrschender Ansicht. Von einer Prüfung dieser gesetzlichen Fiktion findet sich nichts in dem Beschluss des LAG Hamburg. Diesen Defiziten wird das BAG nachzugehen haben, sofern es diese Entscheidung nicht ohnehin schon aus anderen Gründen für rechtswidrig hält.
Viele Grüße
Albin Göbel
AW: Konzern Schwerbehindertenvertretung
Hallo Albin,
wie bzw. wo kann ich das Urteil finden? Wie lange dauert es bis zur Veröffentlichung?
Viele Grüße
Amaryllis
wie bzw. wo kann ich das Urteil finden? Wie lange dauert es bis zur Veröffentlichung?
Viele Grüße
Amaryllis
Zuletzt geändert von Amaryllis am Dienstag 9. Februar 2016, 21:09, insgesamt 1-mal geändert.
-
- Beiträge: 701
- Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55
AW: KSBV - BAG vom 04.11.2015, 7 ABR 62/13
BAG vom 04.11.2015, 7 ABR 62/13
Der 7. Senat hat die Rechtsbeschwerde des Antragstellers (SBV) aus Hamburg gestern zurückgewiesen, also in diesem Fall negativ für die SBV entschieden. Jetzt ist der Gesetzgeber am Zug und gefordert bei der SGB IX-Novelle 2016 - wie damals bei den Monatsgesprächen 1984, um bei der so wichtigen "Ersatzvertretung" diese "Löcher zu stopfen" zur Stärkung der SBV auf den überörtlichen Ebenen.
Die Veröffentlichung des Beschlusses des BAG, die mehrere Monate dauern kann, wird wohl Anfang 2016 erfolgen unter
www.bundesarbeitsgericht.de
Viele Grüße
Albin Göbel
Der 7. Senat hat die Rechtsbeschwerde des Antragstellers (SBV) aus Hamburg gestern zurückgewiesen, also in diesem Fall negativ für die SBV entschieden. Jetzt ist der Gesetzgeber am Zug und gefordert bei der SGB IX-Novelle 2016 - wie damals bei den Monatsgesprächen 1984, um bei der so wichtigen "Ersatzvertretung" diese "Löcher zu stopfen" zur Stärkung der SBV auf den überörtlichen Ebenen.
Die Veröffentlichung des Beschlusses des BAG, die mehrere Monate dauern kann, wird wohl Anfang 2016 erfolgen unter
www.bundesarbeitsgericht.de
Viele Grüße
Albin Göbel
AW: Konzern Schwerbehindertenvertretung
Hallo Albin,
was bedeutet das jetzt für mich?
Ich würde mich für die nächste KBR-Sitzung einladen lassen und daran teilnehmen.
Das würde eine Dienstreise nach Berlin bedeuten.
Kann der Arbeitgeber das als "Amtsanmaßung" einstufen und mir die Teilnahme verweigern?
Mit welchen Konsequenzen muss ich rechnen?
Viele Grüße
Amaryllis
was bedeutet das jetzt für mich?
Ich würde mich für die nächste KBR-Sitzung einladen lassen und daran teilnehmen.
Das würde eine Dienstreise nach Berlin bedeuten.
Kann der Arbeitgeber das als "Amtsanmaßung" einstufen und mir die Teilnahme verweigern?
Mit welchen Konsequenzen muss ich rechnen?
Viele Grüße
Amaryllis
Zuletzt geändert von Amaryllis am Dienstag 9. Februar 2016, 21:09, insgesamt 1-mal geändert.