Konzern SBV - Nichtigkeit der Wahl

thomas_eksm

Konzern SBV - Nichtigkeit der Wahl

Beitrag von thomas_eksm »

Hallo in die Runde,

wir haben im Juli eine Konzern SBV gewählt. Der Konzern besteht aus der Holding (Muttergesellschaft) und 7 (100%-tigen) Tochter bzw. Enkelgesellschaften. Es existiert ein Konzernbetriebsrat. In nur einer Tochtergesellschaft existierte zum Zeitpunkt der Wahl eine SBV (Vertrauensperson und 1 Stellvertreter). Die Wahlberechtigten (in diesem Fall nur 1) und Interessenten / möglichen Kandidaten für die Wahl wurden vom Konzernbetriebsrat ca. 3 Wochen vor der Wahl schriftlich zur Wahlversammlung eingeladen. Die Wahlversammlung war öffentlich, Mitteilung erfolgte z.B. im Intranet. In der Wahlversammlung wurde der Wahlleiter vorgeschlagen und gewählt und hat sich 1 Helfer ernannt. Die möglichen Kandidaten stellten sich vor. Es wurde vorgeschlagen und abgestimmt 3 Stellvertreter zu wählen. Dann erfolgte die Wahl der Vertrauensperson und im Anschluss die Wahl der Stellvertreter jeweils mit Stimmzettel. Die Reihenfolge der Stellverterter wurde mittels Los ermittelt.

Die Geschäftsführer der Unternehmen haben eine Kanzlei mit der Wahlanfechtung und der Nichtigkeit der Wahl beauftragt. Begründung es handele sich um eine Unternehmensgruppe und keinen Konzern und das einfache Wahlverfahren ist nicht zulässig. Die Entfernung der Konzernbetriebe ist unter 30km, Erreichbarkeit ist gegeben. Der Gerichtstermin ist ende Oktober.
Ist die gewählte Konzern-SBV bis dahin Handlungsunfähig? Eine Zusammenarbeit wird seitens der Geschäftsleitung der Holding abgelehnt...
christoph.beyer

AW: Konzern SBV - Nichtigkeit der Wahl

Beitrag von christoph.beyer »

Hallo in die Runde,
die unten stehende Anfrage zur Nichtigkeit der Wahl zu einer Konzern SbV zeigt wieder mal, wie bunt das Arbeits- und insbesondere das Interessenvertretungsleben doch so ist.
Allerdings passt bei den Angaben so einiges nicht zusammen: Wenn es einen Konzernbetriebsrat gibt, warum wird dann von einer Unternehmensgruppe gesprochen? Wurde die Wahl angefochten oder beantragt die Nichtigkeit festzustellen? Oder vielleicht beides? Wurden die Fristen für ersteres Verfahren eingehalten? Und außerdem: Wie soll eine Konzern-SbV gewählt worden sein, wenn es nur einen Wahlberechtigten gibt? Das widerspricht vom Grundsatz her einer Wahl. Die Reihenfolge der Stellvertreter per Los zu bestimmen ist nur bei Stimmengleichheit möglich. Was die Handlungsfähigkeit anbelangt: Geht der Arbeitgeber von der Nichtigkeit aus, kann er die Handlungsfähigkeit verneinen, bei erfolgreicher Anfechtung endet die Handlungsfähigkeit erst mit Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Verfahrens.
Fragen über Fragen!
Viele Grüße
Christoph Beyer
thomas_eksm

AW: Konzern SBV - Nichtigkeit der Wahl

Beitrag von thomas_eksm »

Es gibt einen Konzernbetriebsrat und das Unternehmen ist auch ein Konzern... auch laut HGB wird järhlich eine Konzernbilanz erstellt, ein Organigramm ist auch vorhanden in dem die Überunterordnung und Struktur mit Beteiligung ersichtlich ist...
Wie der AG in der Anfechtung zu der Aussage kommt, dass es kein Konzern sondern eine Unternehmensgruppe ist, ist mir unverständlich. Der Konzern-BR existiert seit 2007.
Wahl in Form "Bestimung", da bei der KSBV nur die Vertrauenspersonen wahlberechtigt sind und innerhalb des Konzern nur eine SBV in einem Tochterbetrieb existiert. Wahlanfechtung wurde beim Arbeitsgericht eingereicht. Termin ist aber erst in gut 2 Monaten.
albin.göbel
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AW: "Wahl" einer Konzern-SBV: Fragen über Fragen!

Beitrag von albin.göbel »

thomas hat geschrieben:Wahl in Form "Bestimmung", da... innerhalb des Konzerns nur eine SBV in einem Tochterbetrieb existiert...
Hallo thomas_eksm,

Christoph Beyer hat ja schon ein ganzes Bündel Ungereimtheiten bzw. relevanter Fragen aufgeworfen; ich füge noch vier weitere hinzu: (1) Besteht das Unternehmen, zu dem der Betrieb der örtlichen SBV gehört, aus einem Betrieb oder aus mehreren Einzelbetrieben? (2) Wenn mehrere Einzelbetriebe: Existiert ein Gesamt-BR in diesem Unternehmen?

Ob es sich um einen Konzern deutschen Rechts handelt, richtet sich allein nach der Legaldefinition des § 18 AktG. Das hat z.B. etwas mit "Beherrschungsvertrag", gesetzlicher Vermutung eines faktischen Konzerns bzw. "einheitlicher Leitung" zu tun. (3) Was steht denn im "Impressum" auf den Websites dieser Firmen einschließlich "Holding" zur Rechtsform? Erscheint dort bzw. in der Kopfleiste des Impressums der Rechtsbegriff "Konzern"? (4) Erfolgte evtl. Offenlegung von Konzernabschlüssen (dazu gehört auch die von Ihnen gestern erwähnte "Konzernbilanz") im Bundesanzeiger gemäß § 325 HGB?


Viele Grüße
Albin Göbel
thomas_eksm

AW: Konzern SBV - Nichtigkeit der Wahl

Beitrag von thomas_eksm »

Guten Morgen,

Vielen Dank für die Antworten und Fragen :-)

zu .1. Das unternehmen mit lokaler SBV iet ein Einzelbetrieb in Form einer GMBH, eine 100%-tige Tocher der Unternehmens - Mutter oder Konzernholding und hat selbst 2 100%tige Tochtergesellschaften. Diese besitzen derzeit beide keine SBV oder BR.
zu 2. ein Gesamt-BR existiert hier definitiv nicht. Im Konzern gibt es seit 2007 einen Konzern-BR, der aus den BR der einzelnen Unternehmen besteht.

zu 3. hab ich nichts gefunden im Impressum, da ist mit einmal die Rechtsform (GmbH) der Holding angegeben ist nur Geschäftsführer, Aufsichtsrat und Sitz der Firma ... bei den Töchtern steht teilweise nicht mehr, bei mindest einer Tochter ist die Holding als Träger angegeben.

zu 4. Ja Verpflichtung zur Veröffentlichung unter http://www.bundesanzeiger.de" onclick="window.open(this.href);return false; besteht für alle Unternehmen, in der Konzernbilanz der Holding sind auch die Tochtergesellschaften und Enkelgesellschaften mit aufgeführt...

Ich hoffe, dass ich bei den Antworten nichts vergessen habe.
Vielen Dank und viele Grüße

Thomas
albin.göbel
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Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

AW: Konzern SBV - Nichtigkeit der "Wahl"?

Beitrag von albin.göbel »

Hallo thomas_eksm,

so wie ich Ihre Antwort zu 1) verstehe, besteht die Tochter-GmbH, der der Betrieb der örtlichen SBV gehört, "nur aus einem Betrieb". Diese GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Holding, also wohl ein Fall gesetzlicher Vermutung nach § 18 Abs. 1 letzter Satz AktG. Einmal unterstellt, dass insoweit ein Konzern im Rechtssinne besteht, was aber strittig ist, läge ein Fall des § 97 Abs. 2 Satz 2 SGB IX vor, also Wahlrecht der örtlichen SBV "wie eine Gesamt-SBV" im Sinne dieser Vorschrift.

Wie ist denn Ihre Formulierung zu 3) zu verstehen, wonach "da mit einmal" GmbH als Rechtsform der Holding angegeben sei. Stand da zuvor etwa noch was anderes? Wenn man im Suchfeld der Websites oder Ihres Intranets die Suchworte "Konzern", "Konzernunternehmen" oder ähnliches eingibt, wird man da evtl. fündig?


Viele Grüße
Albin Göbel
thomas_eksm

AW: Konzern SBV - Nichtigkeit der Wahl

Beitrag von thomas_eksm »

Hallo und vielen Dank :-)

Nein beim Impressum steht nichts weiter, nicht einmal die Rechtsform oder die Beteiligungen, auf der Startseite der Holding steht "Kernaufgabe der Konzerngesellschaft ..." damit ist die Mutter, also die Holding gemeint... Die Aussage Konzern findet mal in allen möglichen Dokumenten des Unternehmen... Konzernorganigramm usw., auch in der Presse wird und wurde das Konstrukt von Unternehmen immer als Konzern bezeichnet....

Viele Grüße

Thomas
runner

AW: Konzern SBV - Nichtigkeit der Wahl

Beitrag von runner »

Hallo ,

ist bei den Tochtergesellschaften eine Örtliche SBV vorhanden je nach Anzahl der Schwerbehinderten Mitarbeiter/innen.

So wäre Rechtssicherheit gegeben bis zur Verhandlung
thomas_eksm

AW: Konzern SBV - Nichtigkeit der Wahl

Beitrag von thomas_eksm »

Hallo,

ja in den Tochtergesellschaften gibt es eine Tochter mit gewählter SBV, in dieser bin ich gleichzeitig 1. Stellvertreter...

Viele Grüße
Thomas
albin.göbel
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AW: Konzern SBV - Nichtigkeit der Wahl?

Beitrag von albin.göbel »

Hallo zusammen, ich kenne keine Wahlvorschrift, die hier bei dieser Konstellation eine "Wahl" oder einen Losentscheid zulässt, nicht in § 97 SGB IX und nicht in der Wahlordnung. Schon deswegen ist die "Wahl" angreifbar und dürfte so oder so keiner gerichtlichen Überprüfung standhalten.

Auch eine "Bestimmung" der Mitglieder der Konzern-SBV sieht das Wahlrecht nicht vor bei nur einer aktiv Wahlberechtigten. Da teile ich uneingeschränkt die Bedenken von Christoph Beyer. Der Konzern-BR hatte hier aus meiner Sicht auch nicht das Recht, zu einer Wahlversammlung zur "Wahl" einer Konzern-SBV einzuladen, da es dafür gar keine Rechtsnorm gibt. Er ist dazu offenkundig nicht befugt.

Nachfrage: Ist die gestrige Antwort zu 2), wonach der Konzern-BR aus den Betriebsräten der einzelnen "Unternehmen" bestehe, so zu verstehen, dass alle Tochter- und Enkelunternehmen sowie deren Holding jeweils nur aus einem Betrieb bestehen i.S.d. BetrVG, und dass in diesem Firmenkonstrukt nur örtliche Betriebsräte und keine Gesamt-Betriebsräte existieren?


Viele Grüße
Albin Göbel
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