Stufenvertretung: Wechsel des Wahlverfahrens?
-
- Beiträge: 88
- Registriert: Dienstag 2. November 2010, 11:14
Stufenvertretung: Wechsel des Wahlverfahrens?
Die Bezirksvertrauensperson lädt zu einer Wahlversammlung (vereinfachtes Wahlverfahren) ein. Kann denn ein Wahlberechtigter verlangen, dass ins förmliche Wahlverfahren gewechselt wird und muss die Bezirksvertrauensperson diesem Verlangen nachkommen?
-
- Beiträge: 701
- Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55
Stufenvertretung: Wechsel des Wahlverfahrens?
Hallo Frau Mayer,magdalena.mayer hat geschrieben:Kann ein Wahlberechtigter verlangen, dass ins förmliche Wahlverfahren gewechselt wird und muss die Bezirksvertrauensperson dem nachkommen?
wie in diesem Falle zu verfahren ist, darüber streiten sich die Rechtsgelehrten. Die Fachliteratur ist sich da uneins, ob eine einzelne oder eine Minderheit der wahlberechtigten örtlichen Vertrauenspersonen (statt einer von der Bezirks-SBV eingeleiteten Wahlversammlung nach § 22 Abs. 3 SchwbVWO) den Wechsel ins förmliche Wahlverfahren beantragen und erzwingen bzw. durchsetzen können nach § 22 Abs. 1 SchwbVWO.
Bejaht man diese Rechtsfrage, würde dies vielfach zu einem Hinausschieben des Wahltermins (außerhalb des gesetzlichen Regelwahlzeitraums) führen wegen den viel längeren Vorlaufzeiten des förmlichen Wahlverfahrens von immerhin acht Wochen und könnte daher zwangsläufig zu vertretungslosen Zeiten führen. Vgl. dazu entsprechend BAG, Beschluss vom 16.11.2005, 7 ABR 9/05, B.II.2, Rn. 21/22, das diesen Gesichtspunkt als relevant und ausschlaggebend etwa für die Festlegung des "maßgeblichen Zeitpunkts" für die Einleitung einer Wahl angesehen hat.
Hinzu kommt außerdem, dass bei solchen Wahlabbrüchen durch den Wechsel des Wahlverfahrens außerdem stets die Gefahr bestünde, dass wegen verspäteter Wahl der Bezirks-SBV diese dann womöglich überhaupt nicht bei der Regelwahl der Haupt-SBV vorschlagen und/oder mit abstimmen könnten und somit Stimmen verloren gingen, also "Legitimationsverlust" bzw. dies zu reinen "Zufallsergebnissen" bei den Wahlen der Haupt-SBV führen könnte.
Daher wird man nach diesen vom BAG im Beschluss vom 16.11.2005 angestellten umfassenden Überlegungen zum Ziel des Gesetzes (kontinuierliche Interessenvertretung sowie Vermeidung vertretungsloser Zeiten) wegen einer wahlrechtlich vergleichbaren Interessenlage Ihre Frage klar verneinen können (ebenso Düwell in LPK-SGB IX, § 97 Rn. 7, 12, 16, wonach der Abbruch der Wahlversammlung "zu einer vertretungslosen Zeit" führen würde, da das förmliche Verfahren einen Vorlauf von acht Wochen voraussetzt). Vgl. ebenso zu Recht LAG Stuttgart vom 09.03.2010, 15 TaBVGa 1/10, wonach Abbruch einer BR-Wahl nur bei Nichtigkeit in Frage komme. Damit würde vielfach ein vertretungsloser Zustand entstehen, der lediglich bei einer nichtigen Wahl eintreten soll. Vgl. grundlegend zum Abbruch einer Betriebsratswahl BAG, 27.07.2011, 7 ABR 61/10, Rn 31-34.
Die von Pahlen erwähnte gegenteilige Rechtsprechung des BVerwG vom 29.04.1983, 6 P 14.81, zur historischen Wahlordnung Schwerbehindertengesetz (SchwbWO) aus den 70-er Jahren, in der die vom BAG akribisch herausgearbeiteten Gesichtspunkte nicht erkannt, übersehen bzw. die weitreichenden Konsequenzen überhaupt nicht bedacht wurden, wird man durch die Rechtsänderungen folglich als gegenstandslos anzusehen haben. Fakt ist, dass Identität der Rechtslage in diesem Punkt bereits seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben ist.
Viele Grüße
Albin Göbel
-
- Beiträge: 701
- Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55
Stufenvertretung: Wechsel des Wahlverfahrens?
magdalena.mayer hat geschrieben:Kann ein Wahlberechtigter verlangen, dass ins förmliche Wahlverfahren gewechselt wird?
Hallo Frau Mayer,
nach neuerer obergerichtlicher Rechtsprechung kann ein solches Verlangen, ins förmliche Wahlverfahren zu wechseln, übergangen werden (LAG Köln, Beschluss vom 19.10.2011, 3 TaBV 51/11, Rn. 42 = Behindertenrecht 2012, Seite 179 - 183) mangels Rechtsgrundlage, weil durch Gesetzesänderung ein solches Vetorecht für die SBV-Wahlen gesetzlich seit langer Zeit nicht mehr vorgesehen und daher ausgeschlossen sei. Gestrichen wurde 1990 folgender Text in der Wahlordnung Schwerbehindertengesetz:
"... es sei denn, dass ein Wahlberechtigter ein förmliches Wahlverfahren beantragt."
Die frühere Regelung sei überholt. Ein solcher Antrag sei nicht mehr zulässig. Ein Widerspruchsrecht gegen eine vereinfachte Wahl bestehe seit 01.08.1986 nicht mehr. Dem wurde die Regelung in § 18 SchwbWO seit 01.05.1990 ausdrücklich angepasst. Das "Entscheidungsrecht" über das eine oder andere Verfahren habe der Gesetzgeber dem Amtsinhaber zugesprochen. Beide Wahlverfahren seien, was den Schutz der Wahl und der Wahlberechtigten anlange, gleichwertig, es gebe keinen Vorrang (Cramer, SchwbG, 5. Auflage 1998, § 24 SchwbG, Rn. 13, sowie Vorbemerkungen zur SchwbWO und § 22 SchwbWO, Randnummer 3).
Die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde ist anhängig unter dem Az: 7 ABR 61/12. Demnach ist mit einer Grundsatzentscheidung des BAG genau zu dieser Rechtsfrage im Laufe des Jahres 2014 zu rechnen und zwar noch rechtzeitig vor den nächsten Regelwahlen, so dass dann endlich Rechtssicherheit zu dieser seit Jahrzehnten umstrittenen Rechtsfrage eintreten könnte.
Viele Grüße
Albin Göbel
-
- Beiträge: 701
- Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55
BAG: Wahlverfahren bei SBV-Stufenvertretung - räumliche Nähe
Hallo zusammen,
der BAG-Beschluss vom 23.07.2014, Az.: 7 ABR 61/12, wurde heute im Internet im Volltext veröffentlicht. Diese weitreichende Überraschungsentscheidung gilt nicht nur für die Wahl der Haupt-SBV, sondern auch für die Wahl der Gesamt-SBV und Bezirks-SBV im Öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder sowie für die Wahl der Gesamt-SBV und der Konzern-SBV in der Privatwirtschaft.
Orientierungssätze: Die Wahl einer Hauptschwerbehindertenvertretung im vereinfachten Wahlverfahren ist dann nicht zulässig, wenn der Zuständigkeitsbereich der Hauptschwerbehindertenvertretung aus räumlich weit auseinanderliegenden Teilen besteht. Es verstößt gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens, wenn die Wahl zur Hauptschwerbehindertenvertretung entgegen § 97 Abs. 7 in Verbindung mit § 94 Abs. 6 Satz 3 SGB IX im vereinfachten Wahlverfahren durchgeführt wird, wenn keine räumliche Nähe vorliegt.
Nach dieser BAG-Entscheidung sei eine Wahlversammlung ausgeschlossen bei "räumlich weit auseinanderliegenden Teilen" des Zuständigkeitsbereichs der SBV-Stufenvertretung. Eine Wahlversammlung zur Wahl einer Stufenvertretung der SBV soll demnach entgegen den Vorinstanzen und der Fachliteratur nur bei "räumlicher Nähe" in Betracht kommen.
Ein Auswahlermessen zwischen einfacher und förmlicher Wahl stehe, so das BAG, der Stufenvertretung bzw. der Wahlversammlung nicht zu; die Kann-Vorschrift des § 22 Abs. 3 Satz 1 SchwbVWO räume kein Ermessen ein, weil lediglich von deklaratorischer Bedeutung. Zwischen der förmlichen und der einfachen Wahl sowie umgekehrt bestehe keine Auswahlmöglichkeit, weil vom Gesetzgeber selbst im SGB IX abschließend geregelt und verbindlich entschieden nach Ansicht des BAG.
(BAG vom 23.07.2014, 7 ABR 61/12)
Hieraus könnte abzuleiten sein, dass bei der Wahl der Gesamt-SBVen verschiedener Großstädte (z.B. Gesamt-SBVen auf Referatsebene bzw. auf gesamtstädtischer Ebene), deren Wahlen künftig nur noch in Wahlversammlungen möglich seien. Dies jedenfalls dann, wenn alle ihre Dienststellen auf das Stadtgebiet begrenzt sind, also bei "räumlicher Nähe", sowie bei unter 50 Wahlberechtigten (§ 97 Abs. 8 i.V. mit § 94 Abs. 6 Satz 3 SGB IX "entsprechend"). Solche Wahlversammlungen könnten, so das BAG weiter, nicht nur im Rahmen von Versammlungen nach § 97 Abs. 8 SGB IX erfolgen, sondern auch "sonst".
Bezirksschwerbehindertenvertretungen und Gesamtschwerbehindertenvertretungen sind daher gehalten, zeitnah einen Wahlvorstand zu bestellen wegen den jetzt viel längeren Vorlaufszeiten von acht Wochen bei förmlicher Wahl, sofern keine "räumliche Nähe" zwischen den Dienststellen bzw. Betrieben in deren Vertretungsbereichen bestehen sollte. Bei der Terminierung muss nach der Rechtsprechung allerdings auf den Abschluss der Wahlen der örtlichen Schwerbehindertenvertretung geachtet werden, um diese nicht in deren Vorschlagsrechten zu beeinträchtigen und damit die ganze Wahl zu behindern.
Viele Grüße
Albin Göbel
der BAG-Beschluss vom 23.07.2014, Az.: 7 ABR 61/12, wurde heute im Internet im Volltext veröffentlicht. Diese weitreichende Überraschungsentscheidung gilt nicht nur für die Wahl der Haupt-SBV, sondern auch für die Wahl der Gesamt-SBV und Bezirks-SBV im Öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder sowie für die Wahl der Gesamt-SBV und der Konzern-SBV in der Privatwirtschaft.
Orientierungssätze: Die Wahl einer Hauptschwerbehindertenvertretung im vereinfachten Wahlverfahren ist dann nicht zulässig, wenn der Zuständigkeitsbereich der Hauptschwerbehindertenvertretung aus räumlich weit auseinanderliegenden Teilen besteht. Es verstößt gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens, wenn die Wahl zur Hauptschwerbehindertenvertretung entgegen § 97 Abs. 7 in Verbindung mit § 94 Abs. 6 Satz 3 SGB IX im vereinfachten Wahlverfahren durchgeführt wird, wenn keine räumliche Nähe vorliegt.
Nach dieser BAG-Entscheidung sei eine Wahlversammlung ausgeschlossen bei "räumlich weit auseinanderliegenden Teilen" des Zuständigkeitsbereichs der SBV-Stufenvertretung. Eine Wahlversammlung zur Wahl einer Stufenvertretung der SBV soll demnach entgegen den Vorinstanzen und der Fachliteratur nur bei "räumlicher Nähe" in Betracht kommen.
Ein Auswahlermessen zwischen einfacher und förmlicher Wahl stehe, so das BAG, der Stufenvertretung bzw. der Wahlversammlung nicht zu; die Kann-Vorschrift des § 22 Abs. 3 Satz 1 SchwbVWO räume kein Ermessen ein, weil lediglich von deklaratorischer Bedeutung. Zwischen der förmlichen und der einfachen Wahl sowie umgekehrt bestehe keine Auswahlmöglichkeit, weil vom Gesetzgeber selbst im SGB IX abschließend geregelt und verbindlich entschieden nach Ansicht des BAG.
(BAG vom 23.07.2014, 7 ABR 61/12)
Hieraus könnte abzuleiten sein, dass bei der Wahl der Gesamt-SBVen verschiedener Großstädte (z.B. Gesamt-SBVen auf Referatsebene bzw. auf gesamtstädtischer Ebene), deren Wahlen künftig nur noch in Wahlversammlungen möglich seien. Dies jedenfalls dann, wenn alle ihre Dienststellen auf das Stadtgebiet begrenzt sind, also bei "räumlicher Nähe", sowie bei unter 50 Wahlberechtigten (§ 97 Abs. 8 i.V. mit § 94 Abs. 6 Satz 3 SGB IX "entsprechend"). Solche Wahlversammlungen könnten, so das BAG weiter, nicht nur im Rahmen von Versammlungen nach § 97 Abs. 8 SGB IX erfolgen, sondern auch "sonst".
Bezirksschwerbehindertenvertretungen und Gesamtschwerbehindertenvertretungen sind daher gehalten, zeitnah einen Wahlvorstand zu bestellen wegen den jetzt viel längeren Vorlaufszeiten von acht Wochen bei förmlicher Wahl, sofern keine "räumliche Nähe" zwischen den Dienststellen bzw. Betrieben in deren Vertretungsbereichen bestehen sollte. Bei der Terminierung muss nach der Rechtsprechung allerdings auf den Abschluss der Wahlen der örtlichen Schwerbehindertenvertretung geachtet werden, um diese nicht in deren Vorschlagsrechten zu beeinträchtigen und damit die ganze Wahl zu behindern.
Viele Grüße
Albin Göbel
-
- Beiträge: 701
- Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55
AW: Stufenvertretung: Vorzeitiges Wahlausschreiben? Frühstart?
Hallo zusammen,
von allgemeiner Bedeutung für sämtliche Wahlvorstände im_Zusammenhang mit den förmlichen Briefwahlen der Stufenvertretung sind auch folgende zwei zu beachtende Wahlrechtsgrundsätze nach der Rechtsprechung sowie Fachliteratur:
1.
Der Wahlvorstand für die Wahl der SBV-Stufenvertretung, etwa bei Wahlen der BSBV, muss beim Wahlausschreiben Rücksicht nehmen auf den Abschluss der Regelwahlen aller "nachgeordneten" wahlberechtigten örtlichen SBVen.
(OVG Münster, 19.04.1993, 1 A 3466/91.PVL = br 1993, 172/173)
Der Wahlvorstand für die Wahl der Bezirks-SBV kann zwar schon im November 2014 bestellt werden. Dieser ist aber (entgegen dem lediglich nur "sinngemäß" anzuwendenden Beschleunigungsgebot in § 2 Abs. 3 Halbsatz 1 SchwbVWO) nicht befugt, das Wahlausschreiben zum Beispiel bereits am 14.11.2014 "vorzeitig" zu erlassen, wenn noch gar nicht alle örtlichen wahlberechtigten SBVen gewählt sind (ebenso zu Recht Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, § 22 SchwbVWO Rn. 1, und Hohmann, SchwbVWO, § 22 Rn. 19, sowie Düwell, LPK-SGB IX, § 97 Rn. 6, wonach "zunächst das Ergebnis der Wahlen der unteren Ebene abgewartet werden muss").
GRUND ist, dass diese Neugewählten ja ansonsten keine Wahlvorschläge für die Stufenvertretung einreichen könnten, also diesen eine "Nominierung" von Kandidaten faktisch verwehrt würde, oder dass die 2-wöchige Einreichungsfrist ansonsten unzulässig verkürzt würde für die neugewählten Wahlberechtigten. Dies kann dazu führen, dass dann das Wahlausschreiben u.U. frühestens am 01.12.2014, also nicht bereits vor Beginn des Regelwahlzeitraums für die Wahl der Bezirks-SBV, erlassen und ausgehängt werden darf. Zum "Frühstart" vgl. auch diese divergente Diskussion.
2.
Die förmliche Wahl der Stufenvertretung, etwa zur Wahl der Bezirks-SBV oder der Haupt-SBV, darf nur per Briefwahl (= "schriftliche Stimmabgabe") erfolgen nach dem "Sinngehalt" der Wahlvorschrift des § 22 Absatz 1 Satz 1 SchwbVWO. Würde dennoch in einem Wahllokal gewählt, wären solche förmlichen Wahlen mE generell anfechtbar (OVG Münster, 19.04.1993, 1 A 3466/91.PVL).
Die generelle Briefwahl ist bei den förmlichen Wahlen einer Stufenvertretung von Rechts wegen die einzig mögliche und allein zulässige Wahlform. Ein Beschluss des Wahlvorstands über die Anordnung der Briefwahl ist daher entbehrlich. Eine persönliche Stimmabgabe in einem Wahlraum ist generell definitiv ausgeschlossen und findet entgegen der äußerst irreführenden pauschalen Verweisung in § 22 Abs. 1 Satz 2 SchwbVWO auf § 10 SchwbVWO nicht statt. Da gibts keine Wahlräume, und da sind auch keine Wahlurnen in Wahllokalen bereitzustellen! (Düwell, LPK-SGB IX, § 97 Rn. 20)
Viele Grüße
Albin Göbel
von allgemeiner Bedeutung für sämtliche Wahlvorstände im_Zusammenhang mit den förmlichen Briefwahlen der Stufenvertretung sind auch folgende zwei zu beachtende Wahlrechtsgrundsätze nach der Rechtsprechung sowie Fachliteratur:
1.
Der Wahlvorstand für die Wahl der SBV-Stufenvertretung, etwa bei Wahlen der BSBV, muss beim Wahlausschreiben Rücksicht nehmen auf den Abschluss der Regelwahlen aller "nachgeordneten" wahlberechtigten örtlichen SBVen.
(OVG Münster, 19.04.1993, 1 A 3466/91.PVL = br 1993, 172/173)
Der Wahlvorstand für die Wahl der Bezirks-SBV kann zwar schon im November 2014 bestellt werden. Dieser ist aber (entgegen dem lediglich nur "sinngemäß" anzuwendenden Beschleunigungsgebot in § 2 Abs. 3 Halbsatz 1 SchwbVWO) nicht befugt, das Wahlausschreiben zum Beispiel bereits am 14.11.2014 "vorzeitig" zu erlassen, wenn noch gar nicht alle örtlichen wahlberechtigten SBVen gewählt sind (ebenso zu Recht Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, § 22 SchwbVWO Rn. 1, und Hohmann, SchwbVWO, § 22 Rn. 19, sowie Düwell, LPK-SGB IX, § 97 Rn. 6, wonach "zunächst das Ergebnis der Wahlen der unteren Ebene abgewartet werden muss").
GRUND ist, dass diese Neugewählten ja ansonsten keine Wahlvorschläge für die Stufenvertretung einreichen könnten, also diesen eine "Nominierung" von Kandidaten faktisch verwehrt würde, oder dass die 2-wöchige Einreichungsfrist ansonsten unzulässig verkürzt würde für die neugewählten Wahlberechtigten. Dies kann dazu führen, dass dann das Wahlausschreiben u.U. frühestens am 01.12.2014, also nicht bereits vor Beginn des Regelwahlzeitraums für die Wahl der Bezirks-SBV, erlassen und ausgehängt werden darf. Zum "Frühstart" vgl. auch diese divergente Diskussion.
2.
Die förmliche Wahl der Stufenvertretung, etwa zur Wahl der Bezirks-SBV oder der Haupt-SBV, darf nur per Briefwahl (= "schriftliche Stimmabgabe") erfolgen nach dem "Sinngehalt" der Wahlvorschrift des § 22 Absatz 1 Satz 1 SchwbVWO. Würde dennoch in einem Wahllokal gewählt, wären solche förmlichen Wahlen mE generell anfechtbar (OVG Münster, 19.04.1993, 1 A 3466/91.PVL).
Die generelle Briefwahl ist bei den förmlichen Wahlen einer Stufenvertretung von Rechts wegen die einzig mögliche und allein zulässige Wahlform. Ein Beschluss des Wahlvorstands über die Anordnung der Briefwahl ist daher entbehrlich. Eine persönliche Stimmabgabe in einem Wahlraum ist generell definitiv ausgeschlossen und findet entgegen der äußerst irreführenden pauschalen Verweisung in § 22 Abs. 1 Satz 2 SchwbVWO auf § 10 SchwbVWO nicht statt. Da gibts keine Wahlräume, und da sind auch keine Wahlurnen in Wahllokalen bereitzustellen! (Düwell, LPK-SGB IX, § 97 Rn. 20)
Viele Grüße
Albin Göbel
- Dateianhänge
-
- OVG_Münster_19.04.1993.doc
- (31 KiB) 583-mal heruntergeladen
-
- Beiträge: 100
- Registriert: Montag 6. Februar 2012, 14:36
AW: Stufenvertretung: Wechsel des Wahlverfahrens?
Bedeutet das, dass auch dann nicht im Januar die Wahl der Haupt-Schwerbehindertenvertretung ausgeschrieben werden darf, sondern dass bis Februar mit dem Wahlausschreiben gewartet werden muss, wenn zwar schon alle Regelwahlen der Bezirks-Schwerbehindertenvertretungen im Januar abgeschlossen waren, die Amtszeit der bisherigen Bezirks-Schwerbehindertenvertretungen aber teilweise erst Wochen später mit Ablauf des Regelwahlzeitraums am 31.01.2015 endete, so dass die Amtszeit der Neugewählten erst am 01.02.2015 begann.
Gruß,
Annette Rosenberg
Gruß,
Annette Rosenberg
AW: Stufenvertretung: Wechsel des Wahlverfahrens?
wir haben doch schon Februar. Auf was noch warten?
-
- Beiträge: 701
- Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55
Sperrfrist: Frühester Zeitpunkt des Wahlausschreibens? Frühstart?
Hallo Frau Rosenberg,
über die Rechtsprechung und Literatur hinaus durfte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben auch dann nicht schon vor dem 01.02.2015 im Januar erlassen, wenn zwar schon alle Bezirks-SBVen im Januar neu gewählt wurden, deren Amtszeit aber beispielsweise erst später begann am 01.02.2015 nach dem Aushang des Wahlausschreibens für die Wahl der Haupt-SBV (§ 94 Absatz 7 Satz 2 letzter Halbsatz SGB IX). Denn auch bei einer solchen Fallkonstellation würde deren Wahlvorschlagsrecht beschnitten und damit beide Wahlen vom Wahlvorstand Haupt-SBV rechtswidrig behindert. Dies deshalb, da ein Wahlvorschlag nicht schon nach Abschluss der Wahl, sondern erst nach Beginn der Amtszeit unterstützt werden kann. Dies wird in der Praxis leider "gerne" von überörtlichen Wahlvorständen übersehen.
Sollte also der Wahlvorstand für die Wahl der Haupt-SBV in einem solchen Fall bereits im Januar die Wahl vorzeitig ausgeschrieben haben, wäre ein solcher "Frühstart" wahlrechtlich angreifbar wegen Behinderung der Wahl durch den Wahlvorstand durch Einschränkung bzw. Vereitelung des Vorschlagsrechts für die beiden Wahlen, demnach unzulässige Beeinträchtigung des aktiven Wahlrechts. OVG Münster, 19.4.1993, 1 A 3466/91.PVL
Wurde diese wahlrechtliche "Sperrfrist" bei der Ausschreibung überörtlicher Wahlen nicht beachtet, also keine Rücksicht genommen auf den Beginn der Amtszeit der wahlberechtigten Schwerbehindertenvertretungen der "unteren Stufen", zu früh ausgeschrieben und ein Wahlberechtigter dadurch rechtswidrig gehindert, allein oder zusammen mit anderen Wahlberechtigten gültige Wahlvorschläge einzureichen (vgl. entsprechend Hohmann, SchwbVWO, § 6 Rn. 133, sowie Verwaltungsgericht München vom 10.05.1957, P 61.56), kann dies zur generellen Wahlanfechtung berechtigten und zwar unabhängig von den Wahlergebnissen, vor allem in den Fällen des § 22 Absatz 1 Satz 4 SchwbVWO.
Viele Grüße
Albin Göbel
über die Rechtsprechung und Literatur hinaus durfte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben auch dann nicht schon vor dem 01.02.2015 im Januar erlassen, wenn zwar schon alle Bezirks-SBVen im Januar neu gewählt wurden, deren Amtszeit aber beispielsweise erst später begann am 01.02.2015 nach dem Aushang des Wahlausschreibens für die Wahl der Haupt-SBV (§ 94 Absatz 7 Satz 2 letzter Halbsatz SGB IX). Denn auch bei einer solchen Fallkonstellation würde deren Wahlvorschlagsrecht beschnitten und damit beide Wahlen vom Wahlvorstand Haupt-SBV rechtswidrig behindert. Dies deshalb, da ein Wahlvorschlag nicht schon nach Abschluss der Wahl, sondern erst nach Beginn der Amtszeit unterstützt werden kann. Dies wird in der Praxis leider "gerne" von überörtlichen Wahlvorständen übersehen.
Sollte also der Wahlvorstand für die Wahl der Haupt-SBV in einem solchen Fall bereits im Januar die Wahl vorzeitig ausgeschrieben haben, wäre ein solcher "Frühstart" wahlrechtlich angreifbar wegen Behinderung der Wahl durch den Wahlvorstand durch Einschränkung bzw. Vereitelung des Vorschlagsrechts für die beiden Wahlen, demnach unzulässige Beeinträchtigung des aktiven Wahlrechts. OVG Münster, 19.4.1993, 1 A 3466/91.PVL
Wurde diese wahlrechtliche "Sperrfrist" bei der Ausschreibung überörtlicher Wahlen nicht beachtet, also keine Rücksicht genommen auf den Beginn der Amtszeit der wahlberechtigten Schwerbehindertenvertretungen der "unteren Stufen", zu früh ausgeschrieben und ein Wahlberechtigter dadurch rechtswidrig gehindert, allein oder zusammen mit anderen Wahlberechtigten gültige Wahlvorschläge einzureichen (vgl. entsprechend Hohmann, SchwbVWO, § 6 Rn. 133, sowie Verwaltungsgericht München vom 10.05.1957, P 61.56), kann dies zur generellen Wahlanfechtung berechtigten und zwar unabhängig von den Wahlergebnissen, vor allem in den Fällen des § 22 Absatz 1 Satz 4 SchwbVWO.
Viele Grüße
Albin Göbel