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Sonderurlaub im Minijob

Verfasst: Montag 20. November 2017, 22:22
von schwester
Hallo an Alle !

Ich arbeite auf 400€-Basis in einer großen Klink und bin 50% Schwerbehindert, was ich seit 2016 bin. Im Jahr 2016 habe ich zu meinen 4 Tagen Standardurlaub einen 5. wegen der Schwerbehinderung dazubekommen. Dieses Jahr ist eine neue Sachbearbeiterin in der Personalabteilung, die sagt, ich bekomme diesen Zusatztag nicht, da ich dafür zu wenig arbeite. Ich aber sage, dass ich in diesem Haus angestellt bin und die selben Rechte habe, wie alle anderen, nur eben natürlich auf meine Stundenanzahl herunterreduziert. Ich berufe mich auf §125 SGB9, die Dame tändelt herum und gibt dauernd an, sich belesen und informieren zu wollen, es passiert aber nichts und ich habe geplant, diesen 5. Tag im Dezember (wie letztes Jahr) zu nehmen.

Wer hat nun Recht, ich oder die Dame aus der Personalabteilung ?

Ich danke allen, die mir weiterhelfen können oder das hier auch nur lesen schon jetzt für ihre Mühe !

Alles Liebe !

AW: Sonderurlaub im Minijob

Verfasst: Montag 20. November 2017, 22:28
von schwester
P.S.
Falls es wichtig ist, ich arbeite an 3 Tagen im Monat je 7,7 Stunden und habe 4 Urlaubstage, die mir standardmäßig vom Haus gewährt werden.

AW: Sonderurlaub im Minijob

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 08:52
von albarracin_01
Hallo,

zuerst einmal vorweg:

"Selbstbeurlaubung" ist arbeitsrechtlich unzulässig. Wenn der AG die Bearbeitung verzögert, muß er den Urlaub ggfs. nachträglich gewähren.
Voraussetzung für eine nachträgliche Gewährung ist aber, daß der Anspruch rechtsgültig und rechtzeitig (d. h. im laufenden Urlaubsjahr) geltend gemacht wurde. Dies kann nur schriftlich erfolgen und mit einer Empfangsbestätigung - sei es ein Rückschein bei Postversand, sei es eine Unterschrift auf einer Kopie.

Zum eigentlichen Problem:
"Mini-Jobber" sind unabhängig vom Beschäftigungsgrad normale Arbeitnehmer mit allen Rechten und Pflichten. Dazu gehört neben der Entgeltfortzahlung auch der Urlaubsanspruch.
Der Urlaubsanspruch ist abhängig vom Beschäftigungsgrad anteilig zu ermitteln. Die Kommentierung zu § 125 SGB IX ist der Ansicht, daß der anteilige Urlaubsanspruch für Schwerbehinderte getrennt vom sonstigen Erholungsurlaub zu berechnen ist.
Für den Umgang mit Bruchteilen von Urlaubsansprüchen gilt - auch für Urlaub nach § 125 SGB IX - § 5 Abs. 2 BUrlG:
http://www.gesetze-im-internet.de/burlg/__5.html" onclick="window.open(this.href);return false;
Da bei einer Beschäftigung von 3 Tagen/Monat ein Beschäftigungsgrad von ca. 14% besteht, ergibt die Rechnung einen Anspruch von ca. 0,65 Tagen, die dann zwingend auf einen Tag aufgerundet werden müssen.
Selbst wenn aber der Urlaubsanspruch unter 0,5 Tage fallen würde, fällt der Urlaub nicht weg. Die Rechtsprechung (BAG vom 26.1.1989) hat entschieden, daß dieser Teilurlaub unter 0,5 dann konkret in Zeit zu gewähren ist.

Deswegen würde ich mir an Ihrer Stelle auch nochmals den "normalen" Erholungsurlaub berechnen lassen, da je nach Urlaubsanspruch evtl. der AG zu Ihren Ungunsten abgerundet haben könnte (Falls der Urlaubsanspruch für Vollzeit-AN bei 30 Tagen liegt).

AW: Sonderurlaub im Minijob

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 10:39
von schwester
Lieber Albarracin,

ganz herzlichen Dank für die schnelle und äusserst hilfreiche Antwort !!

Natürlich möchte ich mich nicht selbst beurlauben, das war ungünstig formuliert von mir, ich möchte den Urlaub gerne nehmen, dafür muss ich ihn natürlich zunächst erstmal bekommen :)

Aber mithilfe Ihrer Antwort bin ich auf einem sehr guten Weg !

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag !

die Schwester

AW: Zusatzurlaub im Minijob

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 11:30
von albin.göbel
  • »Einfache Überschlagsberechnung«
schwester hat geschrieben:Ich arbeite an 3 Tagen im Monat je 7,7 Stunden und habe 4 Ur­laubs­ta­ge, die mir gewährt werden.
Hallo, wie kommt die eigentlich in diese Per­so­nal­ver­wal­tung, wenn die wohl schon eine bloße 3-Satz-Rechnung überfordert? Wur­de die denn nicht eingearbeitet? Mit der folgenden recht einfachen „Be­rech­nungs­for­mel“ ge­lingt dennoch eine sehr genaue an­nä­hern­de Um­rech­nung*) auf_Wochenarbeitstage:

3 x 12
-------- ≈ 0,69 Arbeitstage pro Woche*)
. .52
schwester hat geschrieben:Neue Sachbearbeiterin in der Personalabteilung sagt, ich bekomme diesen Zusatztag nicht, da ich dafür zu wenig arbeite.
Ist ein Fall für Ihre Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tun­g schon deswegen, weil ja offenbar wohl kein Einzelfall in diesem Großklinikum! Sie ha­ben das gesetzliche Recht, sich mit diesem Anliegen an die gewählte Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tun­g in diesem Klinikum zu wenden nach § 95 Absatz 1 Sozialgesetzbuch 9, und sie dürfen natürlich auch bei den kommenden Wah­len der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tun­g im Herbst 2018 in diesem Klinikum mitwählen als geringfügig Beschäftigte! Eine Abrundung auf Null geht gar nicht; das ist reine Willkür, da von Rechts wegen ausgeschlossen!
schwester hat geschrieben:Die Dame gibt dauernd an, sich belesen und informieren zu wollen, es passiert aber nichts.
Habe jedes Verständnis für eine neue Sachbearbeiterin - jedoch bei mehreren Wochen für eine einfache Dreisatz-Rechnung fragt man sich schon, ob nicht Fehlbesetzung. Dann sollte sie sich wenigstens aufraffen, halt einmal bei der Minijob-Zentrale kurz nachzufragen, oder bei dem Integrationsamt oder Bürgertelefon des Ministeriums, Tel: 0­3­0­ / 221 911 005. Das hier schreibt die öffentlich-rechtliche Minijob-Zentrale:

"Schwerbehinderte Beschäftigte haben An­spruch auf fünf Arbeitstage Zusatzurlaub im Jahr. Arbeitet der Schwer­be­hin­der­te ... weniger als fünf Arbeitstage in der Woche, müssen Sie den Zusatzurlaub ent­spre­chend anpassen..."
albarracin hat geschrieben:Für den Umgang mit Bruchteilen von Ur­laubs­an­sprü­chen gilt - auch für Urlaub nach § 125 SGB IX - § 5 Abs. 2 BUrlG ... die dann zwingend auf einen Tag aufgerundet werden.
Das ist viel zu pauschal und keineswegs zwingend:
Ob hier aber der berechnete Bruchteil auf­zu­run­den ist auf einen ganzen Urlaubstag, wie weiter oben von albarracin angenommen, erscheint mir allerdings höchst fragwürdig, weil ja hier gerade kein "Teilurlaub" nach dem § 5 BUrlG, sondern ein kompletter nicht gezwölftelter Vollurlaub!

Wird aber vielfach aus Kulanz so praktiziert bzw. aus Gründen der Handhabbarkeit der Rechtsnorm in der Praxis, weil u.U. nicht besonders sinnvoll, an einem Tag zum Beispiel nur < 2 ½ Stunden zur Arbeit zu kommen. Zwingend ist das hingegen keineswegs, sofern das nicht tarifliche, betriebliche oder sonstige Urlaubsregelungen vorsehen im Sinne des § 125 Abs. 1 Satz 2 SGB IX.

Kontextlinks Minijob:
Arbeitsrecht für Minijobber
Überblick: Urlaub bei Minijobs
Urlaub berechnen leicht gemacht

Viele Grüße
Albin Göbel
--------------------------------
*) Überschlagsrechnung:
3 Tage mal 12 Monate
geteilt durch 52 Wochen.

AW: Sonderurlaub im Minijob

Verfasst: Dienstag 21. November 2017, 22:26
von schwester
Lieber Albin Göbel,

auch Ihnen herzlichsten Dank für Ihre hilfreiche und ausführliche Antwort !

Die Dame ist tatsächlich ein wenig sonderbar, da sich die ganze Geschichte mittlerweile bereits 9 Wochen hinzieht und sie sich entweder gar nicht meldet oder sich Ausflüchten hingibt, wie eben ich würde zu wenig arbeiten.

Aber Dank Ihnen und Albarracin habe ich genügend Argumente, fundiert mit ihr weiter zu diskutieren, ich werde auch, wenn sich nicht bald etwas tut, zur Schwerbehindertenvertretung gehen. Bis dato dachte ich, das liesse sich an sich leicht regeln, da ich davon ausging, dass eigentlich alles klar sei und dann entstand dieses hin und her.

Danke, dass Sie beide sich so eine Mühe gegeben haben !

Die Schwester

AW: Sonderurlaub im Minijob

Verfasst: Mittwoch 22. November 2017, 08:55
von albarracin_01
Guten Tag Herr Göbel,

es ist in der mir bekannten Literatur unstrittig, daß die Regelung des § 5 Abs. 2 BUrlG auf alle Fälle von Bruchteilen anzurechnen ist, nicht nur auf Teilurlaub gem. § 5 Abs. 1 BUrlG.

Falls sie andere Belegstellen haben, wäre ich um einen Hinweis dankbar.

AW: Sonderurlaub im Minijob

Verfasst: Mittwoch 22. November 2017, 13:13
von Michael Karpf
Hallo zusammen,

nachdem § 125 SGB IX in Absatz 1 - im Gegensatz zu den Fällen des Absatz 2 - keine Rundungsvorschrift enthält, bin ich der Auffassung, dass im aufgeführten Beispiel keine Rundung möglich ist. Denn die Rundungsvorschrift des § 5 Abs. 2 BUrlG greift nur in den Fällen des Eintretens und Ausscheidens, nicht jedoch bei Teilzeitbeschäftigung mit entsprechend geringeren Urlaubsanteilen. Hier verbleibt es bei Bruchteilen von Urlaubstagen, die dann zu einer stundenweisen Freistellung führen.

In älterer Literatur zur Berechnung der Schwerbehindertenzusatzurlaubs mag vereinzelt noch auf die Rundungsvorschrift des § 5 Abs. 2 BUrlG verwiesen worden sein. Allerdings wurde die Rundungsvorschrift in § 125 SGB IX Absatz 2 erst im Zuge der Änderung des Schwerbehindertenrechts im Jahr 2004 eingeführt. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber für die Konstellationen des § 125 SGB IX Absatz 1 bewusst von einer Rundungsvorschrift abgesehen hat.

Beste Grüße
Michael Karpf

AW: Sonderurlaub im Minijob

Verfasst: Donnerstag 23. November 2017, 11:44
von Ulrich.Römer
Hallo zusammen,
ich halte eine Aufrundung des Urlaubsanspruchs bei dem gegebenen Sachverhalt auch nicht für zulässig.
Im Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht ist zur Anwendbarkeit des § 5 Absatz 2 BUrlG ausdrücklich erklärt, dass § 5 Absatz 2 BUrlg kein allgemeines Prinzip für die Zwölftelung von Urlaub beschreibt. Der Anwendungsbereich beschränkt sich allein auf Berechnung von Teilurlaubsansprüchen aus § 5 Absatz 1 BUrlG.

AW: Zusatzurlaub im Minijob

Verfasst: Donnerstag 23. November 2017, 13:40
von albin.göbel
albarracin hat geschrieben:... es ist in der mir bekannten Literatur unstrittig, daß die Regelung des § 5 Abs. 2 BUrlG auf alle Fälle von Bruchteilen anzurechnen ist, nicht nur auf Teilurlaub gem. § 5 Abs. 1 BUrlG.
Gehts evtl. etwas konkreter?
Was soll das für Literatur sein, die ständige Rspr. und h.M. nicht zur Kenntnis nimmt und diese einfach ignoriert. Bitte konkret zitieren, damit man sich damit ggf. kritisch aus­ei­nan­der­setzen kann. Welche Autoren sollen das sein, die solchen pauschalen Unsinn zum § 5 BUrlG verbreiten?
Ra­te diese Literatur begrenzter Qualität zu entsorgen.

Kann ich nicht nachvollziehen! Ich halte diese Ansicht für eine in höchstem Maße "gewagte" sowie durch nichts zu rechtfertigende Auslegung! Das weicht je­den­falls ab von langjähriger und ständiger höchstrichterlicher Recht­spre­chung aus den 90-er Jahren – zum Beispiel BAG vom 31.05.1990, 8 AZR 296/89 und BAG vom 22.10.1991, 9 AZR 373/90 - sowie den von Michael Karpf und Ulrich Römer sehr pro­fes­sio­nel­l her­aus­ge­ar­bei­teten weiteren fundierten Gründen, wonach hier keinerlei ge­setz­li­cher Anspruch auf Rundung (ebenso Dr. Pahlen in NPM-SGB IX § 125 Rn. 12). Diese Rechtsprechung ist auch nicht über­holt durch Rechtsänderung, jedenfalls soweit's (wie hier) den Vollurlaub betrifft nach herrschender Meinung!

In Logikfalle getappt
Wäre elementarer Auslegungs- und Denkfehler. Denn wenn Überschrift des § 5 BUrlG seit jeher den Begriff „Teilurlaub“ enthält, so beziehen sich alle Absätze dieses Paragraphen selbstverständlich nur darauf gemäß allen gängigen juristischen „Auslegungsmethoden“ – und auf nichts anderes!
albarracin hat geschrieben:Falls sie andere Belegstellen haben, wäre ich um einen Hinweis dankbar.
Anderes lässt sich aber auch nicht ableiten aus den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en zur SGB IX-Änderung 2004 laut Dr. Karpf, in denen ja genau dieser Punkt auch Thema war zwi­schen Bundesrat und Bundestag sowie in Aus­schüs­sen und Regierung (BT-Drucks. 15/2318, 09.01.2004, Seite 19 / 23). Es gilt zur Aufrundung (bei Konstellation wie hier mit Vollurlaub) nach wie vor folgender

Leitsatz "Ergeben sich bei der Berechnung des Zu­satz­ur­laubs für Schwerbehinderte Bruchteile eines Urlaubstags, kommt we­der eine Auf- noch eine Abrundung*) auf einen vollen Urlaubstag in Betracht, es sei denn, daß die Voraussetzungen nach § 5 Abs 1 Buchst a, b oder c BUrlG vorliegen" (BAG, 31.05.1990, 8 AZR 296/89*)

Leitsatz "Bruchteile der nach § 47 SchwbG errechneten Urlaubstage werden nur auf­ge­run­det, wenn die Vo­raus­set­zun­gen des § 5 Abs1 a bis c BUrlG vorliegen. Eine Ab­run­dung findet nicht statt.“ (BAG, 22.10.1991, 9 AZR 373/90)
BAG vom 31.5.1990 hat geschrieben:Für den über zwei Urlaubstage hinausgehenden Bruchteil von 0,5 Urlaubstagen enthalten weder § 48 BAT noch § 47 SchwbG eine Regelung, die eine Veränderung dieses Bruchteils ermöglicht. Daher kommt für diesen Bruchteil weder eine Aufrundung noch eine Ab­run­dung in Betracht. Sie ergibt sich auch nicht etwa aus § 5 Abs. 2 BUrlG. Diese Vorschrift wäre nur anwendbar, wenn der Zusatzurlaub nach § 47 SchwbG bzw. der hier zu beurteilende Anteil Teilurlaub i. S. von § 5 BUrlG wäre. Das trifft ersichtlich nicht zu, weil die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Buchst. a - c BUrlG nicht gegeben sind (vgl. dazu die Se­nats­ent­schei­dun­g vom 26. Januar 1989 - 8 AZR 730/87 - AP Nr. 13 zu § 5 BUrlG).
Viele Grüße
Albin Göbel

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*) Das ist insoweit etwas „missverständlich“ ausgedrückt, als natürlich niemals eine Ab­run­dung in Frage kommt. Da hat sich der Neunte Senat am 22.10.1991 viel präziser bzw. klarer ausgedrückt in seinem Leitsatz.