Ala hat geschrieben:Ist es legitim, auf einem Wahlvorschlagszettel (ich als Vertrauensperson + 3 Stellvertreter) Stützunterschriften zu sammeln?
JA Das ist legitim und empfehlenswert sowie zudem verfahrensökonomisch gemäß der Wahlordnung. Diese Antworten von
Rolf Gollnick sind wahlrechtlich definitiv zutreffend in - a l l e n - Punkten !! Dieses ist zu Recht auch gängige bundesweite
Praxis in Betrieben sowie Dienststellen und entspricht ständiger Rechtsprechung und offenbar einhelliger Ansicht im
Fachschrifttum. Da sind sich wohl alle „Standardkommentare“ zur Wahlordnung seit jeher einig. Wird auch so zu Recht von den InÄ unterrichtet. Hab das auch nie anders als Vorsitzender des Wahlvorstands für SBV-Wahlen praktiziert.
Keine Vorgaben
• Es gibt insoweit auch keinerlei Vorgabe, wonach auf zwei Wahlvorschlagszetteln kandidiert werden müsste in Ihrem Fall. Soweit dieses in BIH-Formularen bzw. BIH-Wahlbroschüren und Kommentaren zur SchwbVWO anders dargestellt wird, wäre dem energisch zu widersprechen – da ein derartiger sinnfreier Formalismus ja sachlich durch nichts begründbar und formaljuristisch nicht zu rechtfertigen ist.
• Es gibt auch keine Vorgabe, dass mehr Unterstützer benötigt würden, wenn Ihre drei Stellibewerber auf separatem Wahlvorschlagszettel vorgeschlagen würden.
• Ferner sind nur so viele Unterstützer nötig,
wie im Wahlausschreiben angegeben, ganz egal, ob nun einer der Bewerber für
beide Ämter kandidiert oder nicht - mangels gegenteiliger Vorgabe. Denn auch
Doppelkandidatur ist "
unterm Strich" nur Kandidatur für ein Amt, da nur eines der Ämter angenommen werden kann.
Diese zwingende Auslegung wird durch folgende einfache Kontrollüberlegung bestätigt: Würde etwas anderes gelten, als von Rolf Gollnick oben dargestellt, würde man beispielsweise bei förmlicher Wahl mit nur
5 Wahlberechtigten (also in Betrieben mit räumlich weiter auseinander liegenden Teilen) nämlich überhaupt keinen Wahlvorschlag für die Stellvertretung zusammenbringen, weil ja dann insgesamt
6 unterschiedliche Unterschriften für diese beiden Ämter benötigt würden, u.U. also 20 % mehr bei Gebrauch von zwei Wahlvorschlagszetteln, als Wahlberechtigte vorhanden sind. Und Rechtsnormen mit
unsinnigen Ergebnissen können dem Verordnungsgeber nicht unterstellt werden. Dazu ein einfaches Rechenbeispiel mit fünf Wahlberechtigten, welches aufzeigt, was gemeint ist:
Beispiel
Es könnte bei einer Wahl einer örtlichen SBV nur eine Vertrauensperson gewählt werden, aber kein einziger Stellvertreter - im Gegensatz zur vereinfachten Wahl, obwohl regelmäßig nach dem
Gebot des Gesetzgebers immer mindestens ein stellv. Mitglied gewählt werden soll (§ 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Wahlordnung kann aber ein solches gesetzliches Gebot niemals aushebeln, weil unter dem Bundesgesetz stehend. Und die gesetzliche Verordnungsermächtigung gibt das ohnehin nicht her. Dann müsste unverzüglich nach der Wahl der VP eine Nachwahl für die Stellvertretung gestartet werden - im Gegensatz zur vereinfachten Wahl - also sinnfreier Bürokratismus. Das alles wäre sachlich durch nichts zu rechtfertigen und daher willkürlich.
Denn dieses wären ja (rechnerisch) genau ➔
120 % der Wahlberechtigten, also von vornherein
objektiv unmöglich. Und das macht dann schon gar keinen Sinn. Alleine an diesem Beispiel wird sehr schnell deutlich, dass die beiden Verordnungsgeber (Bundesregierung und Bundesrat) eine derart unrealistisch hohe "Sperrklausel" nicht gewollt haben können, weil das Ergebnis
unsinnig und nicht kompatibel wäre mit der
Grundnorm des § 94 Abs. 1 SGB IX, also nicht gesetzeskonform. Die ministerielle äußerst verwirrende Normtechnik dieses Verordnungsgebers in der Wahlordnung halte ich in diesem Punkt allerdings eher für "unterirdisch". Jedenfalls hat das mit verständlicher Sprache wenig zu tun.
Wahlausschreiben
Ob nun jemand für ein Amt oder rein vorsorglich für beide Ämter kandidiert: In beiden Fällen braucht diese Person (nur) die im Ausschreiben anzugebende Mindestzahl der Unterstützer und nicht mehr: Ansonsten wäre es keine "Mindestzahl", sondern Irreführung. Außerdem: Auch wenn sie für beide Ämter gewählt würde, könnte sie nur eines annehmen. Und für
ein Amt kann nicht das Doppelte verlangt werden. Die Gegenansicht mit der vorgeblich doppelten Anzahl von Unterstützern bei Doppelkandidatur beruht somit folglich auf einen
Denkfehler.
Rechtsvergleich
Im übrigen wäre es in sich widersprüchlich und unlogisch, dass die Wahlberechtigten diese Person auf dem Stimmzettel für beide Ämter
ankreuzen können, jedoch beim Wahlvorschlag nur für eines der beiden Ämter
unterschreiben könnten: Denn beides ist gleichermaßen aktives Wahlrecht.
Kontextlinks:
•
Diskussion vom 21.07.2014
•
Diskussion vom 22.07.2014
Viele Grüße
Albin Göbel