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Re: Welche Änderungen bringt das BTHG für die SBV?

Verfasst: Freitag 5. April 2019, 17:52
von SchmeixFliege
Der Gesetzgeber hatte durch Gesetzesänderungen ermöglicht, dass zeitgemäß Anträge auch online bei den Integrationsämtern gestellt werden können, siehe nachfolgenden Beitrag vom 4. April 2017
Albin.Göbel hat geschrieben:Das SGB IX wurde geändert mit Wirkung vom 05.04.2017. Demnach kann künftig der Antrag auf Zustimmung des Integrationsamts auch elektronisch statt schriftlich erfolgen (§ 87 Abs. 1 S. 1 SGB IX*). Durch dieses Änderungsgesetz werden unnötige Bü­ro­kra­tie bzw. Formvorschriften in über 480 Paragraphen in über 180 Gesetzen und Verordnungen weiter ab­ge­baut. Auch bei einer Reihe weiterer Paragraphen im SGB IX und Verordnungen zum SchwbR wurden nun endlich neben der Schrift­form auch elek­tronische bzw. andere For­men zugelassen.
Hessen hat innerhalb von vier Monaten diese neue Möglichkeit zu einer modernen Antragsstellung genutzt, siehe nachfolgenden Beitrag vom 7. August 2017
Lawarna hat geschrieben:Hallöchen,

beim Integrationsamt Hessen kann man schon online die Zustimmung zur Kündigung beantragen

https://www.integrationsamt-hessen.de/f ... chutz.html
Seit dem Inkrafttreten am 5.4.2017 sind nun genau zwei Jahre verstrichen.
(... und der oben im Beitrag vom 4. April 2017 genannte § 87 wurde zwischenzeitlich zum § 170)

Gibt es weitere Integrationsämter, in denen nun ebenfalls die Möglichkeit geboten wird diesen oder einen anderen Antrag online (und verschlüsselt) stellen zu können?

„33 Monate BTHG: Stärkung der SBV – Programm oder Wirklichkeit?“

Verfasst: Dienstag 24. September 2019, 17:00
von albin.göbel
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Morgen startet eine moderierte DVfR-Fachdiskussion für
drei Wochen bis Fr, 11.10.2019, auf reha-recht.de, unter
https://fma.reha-recht.de

Diese öffent. DVfR-Online-Diskussion „33 Monate BTHG: Stärkung der SBV – Programm oder Wirklichkeit?“ nimmt die Entwicklung seit Inkrafttreten der Neuregelungen in den Blick. Der Austausch wird sich damit befassen, wie die Gesetze in Betrieben sowie Dienststellen umgesetzt werden. Dabei sollen auch bisher weniger thematisierte Aspekte aufgegriffen werden, wie z.B. die Rolle der Stufenvertretungen in größeren Behörden sowie Modelle für die Heranziehung von Stellvertretungen und für die Verhinderungsvertretung oder bei Unterstützungsbedarf der SBV. Mehr dazu in heutiger PM der DVfR.

Die DVfR lädt insbesondere ordentliche sowie stell­ver­tre­ten­de Mitglieder der SBV aller Stufen zur Mitwirkung ein mit eigenen Fragen, Thesen, Meinungen. Um Impulse für die Weiterentwicklung der Selbstvertretungsrechte zu set­zen, sind neben Fakten und praktischen Erfahrungswerten auch persönliche Meinungen erwünscht. Die wesentlichen Inhalte der Diskussion werden in einem Fach­bei­trag zu­sam­men­ge­fasst und im Diskussionsforum veröffentlicht. Diese Online-Diskussion mit Experten bzw. Fachautoren zum Schwerbehindertenrecht ist Teil des vom BMAS aus Mitteln des Ausgleichsfonds geförderten Monitoring-Pro­jekts der „Deutschen Vereinigung für Rehabilitation e. V.“ Es ist auch möglich, an info@reha-recht.de eine E-Mail mit Ihrer Frage zu senden. FAQ mit technisch. Tipps und Hinweisen zum Einstieg finden Sie hier.

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www.reha-recht.de/diskussionen

Viele Grüße
Albin Göbel

Re: Welche Änderungen bringt das BTHG für die SBV?

Verfasst: Mittwoch 20. November 2019, 16:50
von SchmeixFliege
Das BTHG (Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen) vom 23. Dezember 2016 ändert in mehreren Reformstufen eine Vielzahl von Gesetzesbüchern, hierbei sind die Änderungen im Sozialgesetzbuch (SGB) IX für schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben von besonderer Bedeutung.

Zurückliegende Reformstufen

Zum 30.12.2016 fand im SGB IX z.B. der Begriffwechsel von Integration zu Inklusion statt. Inklusion stellt eine Weiterentwicklung von Integration dar. In einer inklusive Gesellschaft muss sich nicht der behinderte Mensch anpassen um teilhaben zu können, sondern eine inklusive Gesellschaft öffnet sich seinen Bedürfnissen und ermöglicht ihm somit von Anfang an ein selbstverständlicher Teil der Gesellschaft sein zu können. Weitere Änderungen waren z.B. auch die Senkung des Schwellenwertes für die Freistellung der Vertrauensperson von 200 auf 100 schwerbehinderte Menschen und ein Anspruch auf eine Bürokraft.

Seit 1.1.2018 ist durch das BTHG eine neue Fassung des Sozialgesetzbuches (SGB) IX in Kraft.
Das SGB IX besteht aus drei Teilen
  • Teil 1: Hier ist das für alle Rehabilitationsträger geltende Rehabilitations-und Teilhaberecht (Regelungen für Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohten Menschen) zusammengefasst.
  • Teil 2*: Hier wird ab 2020 das Eingliederungshilferecht (Besondere Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung von Menschen mit Behinderungen) geregelt.
  • Teil 3: Hier steht seit 2018 das Schwerbehindertenrecht (Besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen).
Schwerbehindertenrecht
Seit 2018 wird das Schwerbehindertenrecht im Teil 3 des SGB IX geregelt (vorher war es der Teil 2 des SGB IX)
Das Schwerbehindertenrecht umfasst (hauptsächlich) Regelungen zur Verbesserung der Beschäftigung von schwerbehinderten Arbeitnehmern auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Welche Änderungen hier für die Schwerbehindertenvertretungen von Bedeutung sind, hat Herr Göbel bereits sehr umfangreich in diesem Thread (mit über 80.000 Zugriffen!!!) ausgeführt.
Zu den für die SBV wichtigen Änderungen verschafft auch die ZB info 1/2017 einen schnellen Überblick.

Aufgrund der Vielzahl von möglichen Leistungen und Leistungsträgern und der jeweils unterschiedlichen Zuständigkeiten soll mit der Reform auch die Beratung und Antragsstellung für Leistungen zur Rehabilitation vereinfacht werden:
Hierzu schreibt die ZB info 1/2017:
"Ab 1.1.2018 ist der jenige Rehabilitationsträger zu einer umfassenden Beratung verpflichtet, der zuerst aufgesucht wird. Er soll im Einzelfall die Leistungen verschiedener Träger „wie aus einer Hand“ erbringen. Darüber hinaus wird das Angebot unabhängiger Beratungsstellen gestärkt."

Nächste Reformstufe: 2020

Eingliederungshilferecht
Durch das BTHG wird auch die Eingliederungshilfe neu geregelt.
Zum 1.1.2020 wird die Eingliederungshilfe aus dem Sozialhilferecht (SGB XII) herausgelöst und in den Teil 2 des SGB IX überführt. Es findet dadurch eine Trennung zwischen den existenzsichernden Leistungen (Sozialhilfe) und den (behinderungsbedingten) Fachleistungen statt.
Mit Leistungen der Eingliederungshilfe soll es den "Menschen mit Behinderungen" ermöglicht werden, möglichst genauso am Leben teilnehmen zu können wie Menschen ohne Behinderungen. Die Teilhabe umfasst die Teilhabe am Arbeitsleben (z.B. Werkstatt für behinderte Menschen), die soziale Teilhabe (z.B. Wohnungsumbau, Kfz-Hilfe), die Teilhabe an Bildung und die medizinische Rehabilitation.

Entsprechend § 94 Abs. 1 SGB IX werden durch die einzelnen Bundesländer die Träger der Eingliederungshilfe bestimmt, insofern wird das analog zu den Integrationsämtern organisatorisch sehr unterschiedlich gehandhabt.

In Nordrhein-Westfalen haben der Landschaftsverband Rheinland (LVR) und auch der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWR) nun jeweils sehr informative neue Websites erstellt, auf denen sich leistungsberechtigte Menschen, ihre Angehörigen und Betreuer als auch Leistungserbringer und Fachleute im Sozialbereich über die Neuerungen durch das BTHG umfassend informieren können.

https://www.bthg.lvr.de/de/
https://www.bthg2020.lwl.org/de/

Sehr gute Beispiele für sehr moderne Information mit sehr kleinem CO2-Fußabdruck!

*) Wer die 1. Ausgabe von 2017 oder die 2. Ausgabe von 2018 des SGB IX der BIH nutzt, der findet auf Seite 107 auch einen Hinweis, welche der im Teil 2 vorhandenen Paragraphen erst am 1.1.2020 in Kraft treten werden.