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Nachteile durch Grad der Behinderung

Verfasst: Sonntag 23. Juni 2024, 18:51
von emerald_starfish
Ich könnte aufgrund einer Erkrankung einen Grad der Behinderung beantragen, zögere aber noch, ob ich es machen soll oder nicht. Daher würde mich der Rat von Menschen interessieren, die einen GdB haben. An welchen Stellen im Leben hattet ihr NACHTEILE durch den GdB? Ich denke da zum Beispiel an Themen wie Versicherungen, Finanzierungen, Verbeamtung etc. Meine große Sorge ist, dass mir der GdB im Leben immer wieder "auf die Füße fällt". Daher wüsste ich im Vorfeld gerne, was auf mich zukommt. Bin für eure Einschätzung extrem dankbar!

Re: Nachteile durch Grad der Behinderung

Verfasst: Montag 24. Juni 2024, 09:29
von matthias.günther
Hallo,

vielleicht hilft Ihnen die folgende Seite (entwickelt im Rahmen eines Projektes von der Uni Köln)

https://sag-ichs.de/gut-zu-wissen/sag-i ... ichs-nicht

Dazu gibt es einen Selbsttest zur Entscheidungsfindung

https://sag-ichs.de/selbst-test

Re: Nachteile durch Grad der Behinderung

Verfasst: Montag 24. Juni 2024, 10:48
von albarracin
Hallo,

berechtigte gesundheitliche Fragen müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden unabhängig davon, ob es für die gesundheitlichen Einschränkungen einen gdB gibt oder nicht.
Bei Versicherungen sind Fragen nach bestehenden oder früheren Krankheiten grundsätzlich berechtigt, wenn es sich um Versicherungen handelt, die in Zusammenhang mit der Gesundheit stehen wie zB Lebensversicherungen, private Berufsunfähigkeitsversicherungen, private Kranken(-zusatz)versicherungen.

Im Arbeits- oder Dienstverhältnis sind gesundheitliche Fragen zulässig, wenn sich die gesundheitlichen Einschränkungen auf die geforderte Arbeitsleistung auswirken können. Zumindest im Arbeitsverhältnis besteht auch eine Offenlegungspflicht des AN in bezug auf Einschränkungen, die sich auf die geforderte Arbeitsleistung auswirken können.

Zumindest bei größeren Arbeitgebern/Dienstherren, die eine Schwerbehindertenvertretung haben, ist ein GdB kein Nachteil, da durch die Beteiligungsrechte der SBV ein diskriminierungsfreies Bewerbungsverfahren sehr viel wahrscheinlicher ist.

Außerdem bringt eine Schwerbehinderung/Gleichstellung auch einem Arbeitgeber/Dienstherrn Vorteile, da für den Ausgleich behinderungsbedingter Einschränkungen Leistungen zB durch das Integrationsamt gem. § 185 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_ ... __185.html
an den Arbeitgeber/Dienstherrn gewährt werden können.

Nachteile durch Grad der Behinderung?

Verfasst: Mittwoch 10. Juli 2024, 16:42
von jada.wasi
Offenlegung einer Behinderung?
BIH-Checkliste – Pro und Contra

Siehe ergänzend auch Fachbeitrag „Ist es sinnvoll, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen?“, sowie BIH-Fachlexikon, Stichwort „Offenbarung“, wonach Pflicht zur Offenbarung dann bestehe, sofern die Behinderung eine Einschränkung der Leis­tungs­fä­hig­keit mit sich bringt, die für_vorgesehenen Arbeitsplatz von „aus­schlag­ge­ben­der Bedeutung“ ist. Beispiel: Ein Epileptiker bewirbt sich als Dachdecker oder Feuerwehrmann laut Arbeitsmedizin.

Darf der Arbeitgeber bei Einstellungen
nach einer Schwerbehinderung fragen?

Die vormals sehr lange – teils auch von Behörden wie der Bundesagentur für Arbeit im Internet verbreitete pauschale “Desinformation“: „Die Frage des Arbeitgebers, ob der Be­werber schwerbehindert oder einem Schwerbehinderten gleichgestellt ist, ist zulässig und muss daher wahr­heits­ge­mäß beantwortet werden“, ist m. E. Fake laut langjähriger Rechtsprechung aller Instanzen (Düwell LPK-SGB IX § 168 Rn. 27 - 30 grundlegend, mit umfassenden Nachweisen in Fußnote 101). Erst 2017 ist die BA endlich zurückgerudert, und hat ihr „Merkblatt“ auf ihrer Homepage 2018 entfernt - erst lange nach Diskriminierungsverboten im Grundgesetz seit 1994 – sowie seit § 81 Abs. 2 SGB IX 2001 – und seit AGG 2006. Das BMAS hatte es jahrelang versäumt - hier aufsichtlich gegen BA vorzugehen, obwohl bereits längst höchstrichterlich geklärt, z. B. BAG, 13.10.2011 – 8 AZR 608/10, Rn. 43 – dass tätigkeitsneutrale Frage nach dem Bestehen von einer Schwerbehinderung regelmäßig klar unzulässig bzw. diskriminierend ist bei Bewerbungen.

Ebenso unfassbar irreführend die pauschale jahrelange Behauptung der BA für Arbeit in ihrem Merkblatt – dass zugesicherte Gleichstellung keine Nachteile hätte sowie gleichwertig sei ggü. bewilligter Gleichstellung entgegen bspw. BAG, 27.01.2011 – 8 AZR 580/09, Rn. 35, sowie entgegen BAG vom 18.11.2008, 9 AZR 643/07, Rn. 37: Diese BA hat weiterhin die „wirren“ Behauptungen noch jahrelang verbreitet – obwohl wdh. von verschiedenen Senaten des BAG längst anders entschieden, wonach „gerade nicht“ gleichwertig …

Siehe dazu die teils recht kontroverse Diskussion 2012 mit umfangreichen Nachweisen zur damals vor 12 Jahren teils noch weit verbreitete diskriminierende Praxis zum Beisp in Formularen und Richtlinien einzelner Bundesländer. Gruß, Jada Wasi