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Bewerbung mit Angabe GdB 40

Verfasst: Montag 3. Juni 2024, 16:02
von Melanie Haber
Liebes Forum, ein Bewerber hat in unserem Portal einen Vermerk mit GdB 40 gesetzt. Allerdings wurde nicht angegeben ob eine Gleichstellung vorliegt oder nicht. Eine Anlage hierzu gab es auch nicht. Bedeutet das für uns als öffentlichen Arbeitgeber, dass wir davon ausgehen müssen, dass er eine Gleichstellung hat oder genau anders herum. Wenn er es nicht schreibt, dann muss er nicht wegen des Merkmals Schwerbehinderung eingeladen werden? Oder darf ich als Schwerbehindertenvertretung vorab danach fragen und falls ja, wie dürfte ich das formulieren ohne dass ich gegen das AGG verstoße.
Herzlichen dank und liebe Grüße Melanie Haber

Re: Bewerbung mit Angabe GdB 40

Verfasst: Montag 3. Juni 2024, 16:56
von CVedder
Hallo Frau Haber,


er gibt den GdB an aber es fehlen Informationen über eine eventuell vorliegende Gleichstellung. Sollte eine solche vorliegen, warum gibt er diese nicht bekannt? Ich denke mal "laut": Bewusst nicht vorgelegt obwohl eine Gleichstellung vorliegt, der AG lädt ihn nicht zum Vorstellungsgespräch ein und in der Folge wird eine Diskriminierung nach dem AGG geltend gemacht. Das wäre dann aus meiner Sicht bewusst herbeigeführt, seitens des Bewerbers. Um der Sache auf den Grund zu gehen, warum nehmen Sie in Abstimmung mit Ihrer PA nicht unmittelbar Kontakt auf und versuchen das zu klären? Gerade vor dem Hintergrund des AGG wäre das möglicherweise hilfreich.

Viele Grüße
Christian Vedder

Re: Bewerbung mit Angabe GdB 40

Verfasst: Montag 3. Juni 2024, 17:14
von Melanie Haber
Das ist ein sehr hofreicher Hinweis. Wir scheuen uns immer die Bewerber anzufragen. Ich glaube wir müssen da etwas agiler werden und die Dinge im Vorfeld versuchen zu klären. Ich gehe stark davon aus, dass das auch im Sinne unserer Personalabteilung ist.
Vielen Dank

Bewerbung mit Angabe GdB 40

Verfasst: Montag 3. Juni 2024, 17:55
von jada.wasi
Melanie Haber hat geschrieben: Montag 3. Juni 2024, 16:02 ..… Ein Bewerber hat in unserem Portal einen Vermerk mit GdB 40 gesetzt. Allerdings wurde nicht angegeben ob eine Gleichstellung vorliegt oder nicht. Eine Anlage hierzu gab es auch nicht. Darf ich als SBV vorab danach fragen?
Hallo Frau Huber,

ausdrückliche Frage nach einer Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren ist grds. verboten 🚫 nach BAG, folglich auch die Frage nach einer Gleichstellung. Daher würde ich mich sinngemäß allenfalls mit einem Hinweis begnügen, dass ein Vorstellungsgespräch erfolgt, sofern „Bewilligung“ einer Gleichstellung nachgewiesen werden sollte per Gleichstellungsbescheid, der spätestens zum Gespräch mitzubringen ist als Nachweis (vgl. BAG vom 13.10.2011 – 8 AZR 608/10 – Rn. 43). Allerdings meinte BAG, 01.07.2021, 8 AZR 297/20, Rn. 28, lapidar - dass auch_keine „Kopie des Gleichstellungsbescheides“ als Nachweis verlangt werden könne, wenn Gleichstellung geltend gemacht wird, obwohl dort m.W. gar kein GdB eingetragen wird‼️Die Begründung des BAG 1.7.2021 erscheint demnach insoweit äußerst dürftig und wenig überzeugend – jedenfalls wohl nicht begründbar nach Sinn_und Zweck des § 165 SGB IX.

Wegen bloßer Angabe eines GdB 40 ist Arbeitgeber m.E. nicht gehalten, dann selbst Aufklärungsmaßnahmen und „Nachforschungen“ zu betreiben lt. Rspr. Vielmehr darf sich_der Arbeitgeber auf den Standpunkt stellen, dass der Bewerber, wenn er akt. gleichgestellt wäre und das hätte offenlegen wollen, dies getan hätte (vgl. sinngemäß bspw. ArbG Ulm vom 17.12.2009 - 5 Ca 316/09, Rn. 34 und 36, wegen abgelaufenem Schwerbehindertenausweis – weil aktueller Schwerbehindertenstatus nicht ordnungsgemäß geltend gemacht bei Bewerbung).

Es gibt da zwar vereinzelt lt. Rspr. „Oberschlauberger“, die behaupten, dass Arbeitgeber ggf. dennoch „nachforschen“ müssten. Dem ist das ArbG Ulm zu Recht entschieden mit fundierter Begründung entgegengetreten, und hat folglich Entschädigungsklage rechtskr. abgewiesen.

Eine bloße „Zusicherung“ der Gleichstellung – wie früher gern von der BA 1.000-fach praktiziert teils gegen Willen von_Antragstellern, ist aber nicht ausreichend nach BAG, weil nicht gleichwertig mit einer bewilligten Gleichstellung entgegen vorm. „Desinformation“ im BA-Merkblatt 2007 – wonach angebl. „keine“ Nachteile: Unfassbar irreführend dieses vormalige amtliche „Merkblatt“. Gruß, Jada Wasi

Re: Bewerbung mit Angabe GdB 40

Verfasst: Donnerstag 13. Juni 2024, 13:25
von jada.wasi
Keine Geltendmachung

Melanie Haber hat geschrieben: Montag 3. Juni 2024, 16:02 Bedeutet das für uns als öffentlichen Arbeitgeber, dass wir davon ausgehen müssen, dass er eine Gleichstellung hat oder genau anders herum.
Genau andersherum - weil hier ja keine Gleichstellung geltend gemacht wurde, sondern lediglich nur GdB 40. Sollte_Bewerber dennoch (tatsächlich) gleichgestellt sein,_dann wäre das m. E. insoweit rechtl. belanglos ausweislich Rechtsprechung zur Geltendmachung im Bewerbungsschreiben oder Lebenslauf bzw in einem Bewerbungsportal (BAG, 18.09.2014 - 8 AZR 759/13; vergleiche dazu auch Beyer, Anmerkung B5-2015 auf reha-recht.de). Eine Gleichstellung anzunehmen wäre unzulässige „Unterstellung“. Ob und was ein Bewerber geltend macht bleibt seiner persönlichen Entscheidung überlassen. Die SBV hat da nicht zu „insistieren“.

Fazit: Wenn wie hier weder Schwerbehinderung noch Gleichstellung geltend gemacht wird – so ist das m. E. offensichtlich kein Fall des § 165 Satz 3 SGB IX; sehe folglich keine Zuständigkeit der SBV, weil hier ja nichts dergleichen geltend gemacht – bspw. so wie in dieser Diskussion 2020. Gruß Jada Wasi