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Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten

Verfasst: Mittwoch 11. Januar 2023, 11:30
von pille
Hallo,

ich bin Mitarbeiter in einem privatwirtschaftlichen Betrieb.
Meine Frage bezieht sich auf die Offenbarungspflicht der Schwerbehinderteneigenschaft wenn das Beschäftigungsverhältnis
bereits mehr als 6 Monate andauert.
Muss die Frage des Arbeitgebers nach Ablauf von 6 Monaten wahrheitsgemäß beantwortet werden ?

Re: Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten

Verfasst: Mittwoch 11. Januar 2023, 11:53
von matthias.günther
Hallo,

im bestehenden Arbeitsverhältnis ist für die Frage nach der Schwerbehinderung ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse jedenfalls nach sechs Monaten zu bejahen, BAG v. 16.02.2015, 6 AZR 553/10.
Insbesondere wenn der AG eine behinderungsgerechte Beschäftigung prüfen will oder auch im Vorfeld einer beabsichtigten Kündigung, damit der AG seine Pflichten nach SGB IX erfüllen kann.

Re: Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten

Verfasst: Mittwoch 11. Januar 2023, 12:30
von pille
Vielen Dank für die Antwort.

Re: Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten

Verfasst: Mittwoch 11. Januar 2023, 13:47
von matthias.günther
... beantwortet der Arbeitnehmer die Frage nicht wahrheitsgemäß, kann er sich auch nicht auf den besonderen Kündigungsschutz nach §§ 168 ff. SGB IX berufen.

Offenbarungspflicht Schwerbehindertenstatus nach 6 Monaten?

Verfasst: Donnerstag 12. Januar 2023, 17:40
von jada.wasi
pille hat geschrieben: Mittwoch 11. Januar 2023, 11:30 Muss die Frage des Arbeitgebers nach Ablauf von 6 Monaten wahrheitsgemäß beantwortet werden ?
Hallo Pille,

es gibt m.E. keine generelle „Pflicht“ zur Offenbarung, nur wenn der sbM selbst „Nachteilsausgleiche“ begehrt, dann muss er grds. zuvor offenbaren und „belegen“. Ohne eine Offenbarung gibts bspw. keinen Zusatzurlaub. Eine ganz andere Frage ist, ob ein Arbeitgeber nach sechs Monaten „diskriminierungsfrei“ danach fragen darf und ob sich sbM dann zwingend offenbaren müssen. Eine derartige Pflicht besteht m.E. nicht; auch kanns „gute Gründe“ geben, sich nicht zu outen, z.B. Zeitverträgler, die auf eine Entfristung hoffen bei Arbeitgebern, welche noch nie sbM eingestellt haben, vgl. u.a. nur „Feldstudie“ 2010. Gruß Jada Wasi

Das unzureichende Einstellungs- und Beschäftigungs­verhalten zeigt sich aktuell auch darin, dass ca 45.000 beschäftigungspflichtige Arbeitgeber „keinen einzigen“ Pflichtplatz mit einem schwerbehinderten Menschen besetzen, obwohl hierzu gesetzlich verpflichtet.

Re: Offenbarungspflicht der Schwerbehinderung nach 6 Monaten

Verfasst: Freitag 13. Januar 2023, 15:32
von CVedder
Hallo,

das BAG hat dazu am 16.02.2012 ebenfalls entschieden. Siehe 6 AZR 553/10. Es geht um ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers auf Offenbarung, wenn er Kündigungen plant. Nur wenn bei dieser Konstellation nicht wahrheitsgemäß geantwortet wird, kann sich der Arbeitnehmer im Nachgang nicht mehr auf den besonderen Kündigungschutz nach dem SGB IX berufen https://openjur.de/u/544228.html .

Viele Grüße
Christian Vedder