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AW: Die Ermittlung des Zeitpunkts für die Einleitung eines BEM

Verfasst: Sonntag 3. Juli 2016, 15:00
von albin.göbel
Wie wird die AU beim BEM berechnet?
nubo hat geschrieben:... wenn ein schwerbehinderter Beschäftigter länger als 42 Kalendertage arbeitsunfähig ist.
Dazu wurde viel Kreatives geschrieben und teils unterschiedliche Modellberechnungen publiziert. Teils wurde auf "Arbeitstage" mit Alternativberechnung bzw. teilweise mit Hochrechnung auf's Arbeitszeitmodell, und teilweise auf sämtliche "Kalendertage" abgestellt. Teils bieten die verbreitet in der Praxis eingesetzten EDV-Programme für diese Berechnung sogar gleich mehrere Optionen an. Die obersten Bundesrichter favorisierten hingegen folgendes aus ihrer Sicht praxistaugliche rechtssichere Modell nach Kalendertagen als einzig zulässige Methode wie folgt:

Orientierungssatz: „Für die Bemessung des Sechs­wo­chen­zeit­raums des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sind deshalb die dem Arbeitgeber vom Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 EFZG angezeigten AU-Zeiten maßgeblich. Dies gewährleistet auch eine praktikable und sichere Anwendung dieser Vorschrift.“
BAG vom 13.03.2012, 1 ABR 78/10


Entscheidungsbesprechung, wonach der Begriff der AU in § 84 Abs. 2 SGB IX dem Entgeltfortzahlungsgesetz entspreche und wonach es folglich "verwehrt" sei, einen abweichenden AU-Begriff zu verwenden. Die AU umfasst folglich auch evtl. Kuren bzw. Reha-Maßnahmen. Sie umfasst auch folglich alle dem Arbeitgeber angezeigten AU-Tage egal, ob sie auf Arbeitstage oder arbeitsfreie Tage fallen wie z.B. Sonn- und Feiertage bzw. wie etwaige "Brückentage" nach den AU-Richtlinien 2016. Gerechnet wird also allein nach Kalendertagen, so das BAG. Und das Arbeitszeitmodell spielt nach BAG gar keine Rolle gleichgültig, ob Teilzeitarbeit oder ob nur an einzelnen Tagen der Woche gearbeitet wird.

Nochmals: Jedes andere Rechenmodell bzw. EDV-Programm mit abweichenden Ergebnissen ist nicht SGB IX-kompatibel nach zwingender Vorgabe des BAG, wonach auf's Entgeltfortzahlungsgesetz abzustellen sei nach Ansicht des BAG. Ebenso Hillmann/Gagel, wonach Modelle, die darauf abstellen, wie viele Arbeitstage ausgefallen sind, um "hochzurechnen", wie vielen Arbeitswochen der vertraglichen Arbeitszeit dies entspricht, "nicht direkt aus dem Gesetz ableitbar" seien (Forum B, Fachbeitrag 1/2009, auf reha-recht.de).

nubo hat geschrieben:Im Kommentar steht "... innerhalb 12 Monaten mehr als 42 ärztlich bescheinigte AU-Tage..."
Falsch! Zu dem Kommentar ist zu sagen, dass es natürlich nicht lediglich auf ärztlich "bescheinigte" Zeiten ankommt, sondern auch auf alle "angezeigten" AU-Tage für Kurzerkrankungen bis drei Kalendertage ohne ärztliche Bescheinigung laut BAG. Diese Ansicht ist viel zu eng und sachlich durch nichts zu rechtfertigen. Das ist zu spät und längst überholt durch BAG vom 13.03.2012, 1 ABR 78/10, sowie BMAS, wonach alle Tage der Arbeitsunfähigkeit mitgezählt werden - "ob mit oder ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung".

Viele Grüße
Albin Göbel

AW: Informationsfluß und Meldepflichten der Personalabteilung an SBV / Arbeitsagentur ?????

Verfasst: Montag 4. Juli 2016, 09:01
von albarracin_01
Hallo,

dieses Vorhaben
gedenke ich bei der Formulierung einer IV wenn nicht wirklich gesetzlich vorgeschrieben, nicht zwingend das Integrationsamt ´bei Uneinigkeiten hinzuzuziehen.
ist ohne eigenen oder externen vertieften juristischen Sachverstand ganz schön mutig.

AW: Informationsfluß und Meldepflichten der Personalabteilung an SBV / Arbeitsagentur ?????

Verfasst: Montag 4. Juli 2016, 09:27
von matthias.günther
... ohne Hinzuziehung des Integrationsamtes -> da schreibt meistens der AG die Integrationsvereinbarung. Die SBV kommen da schon eher auf uns zu :-). Die Integrationsämter verstehen es ja als Unterstützung für die betrieblichen Partner.