Vertrauensperson übergeht Stellvertreter

matthias.günther
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Re: Vertrauensperson übergeht Stellvertreter

Beitrag von matthias.günther »

Hallo,

mMn ist der AG in diesem Fall zu gar nichts zu verpflichten, weil er die Zeiterfassungsdaten nicht an Dritte weitergeben darf.

Die Möglichkeit einer Verpflichtungsklage gegen die Vertrauensperson wurde oben in einer anderen Antwort bereits angesprochen. Für Streitigkeiten zwischen Vertrauensperson und Stellvertretern wäre eine arbeitsgerichtliche Klärung sicher hilfreich, ggf. auch über vorläufigen Rechtsschutz. Das geht jedenfalls schneller als Verfahren beim Integrationsamt mit dem Ziel, das Erlöschen des Amtes der Vertrauensperson feststellen zu lassen.

Bestenfalls hätte der AG die Möglichkeit, den hier (unrechtmäßig?) herangezogenen 2. Stv. zu fragen, warum er denn im Verhinderungsfall aktiv wird und nicht der 1. Stv.. (bei dem man ja als AG mal nachfragen könnte). Das gleiche gilt für den Fall einer unrechtmäßigen Heranziehung.
jada.wasi
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Vertrauensperson übergeht 1. Stellvertreter

Beitrag von jada.wasi »

jade_sun hat geschrieben: Mittwoch 4. September 2024, 08:05 Leider wurde diese Frage von euch übersehen, ich habe das gleiche Problem und würde gern wissen wie ich dagegen vorgehen kann, bei wem kann ich wie meine Rechte durchsetzen?
Nein, da wurde m. E. nichts übersehen, weil zuvor schon erschöpfend und ausführlichst besprochen. Thema wurde vielmehr teils recht kontrovers diskutiert, vgl. ausführlich diese sehr lange Diskussion ab Jan. 2023, sowie hier und auch hier von Dr. Karpf. Falls die VP generell meinen sollte, dass bei ihrer Verhinderung eine Vertretung nicht notwendig sei, ist deren rein subjektive Ansicht (=Unterstellung) rechtl. irrelevant und natürlich belanglos wg. § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, da vom Gesetzgeber seit jeher anders bestimmt gemäß klarem Gesetzeswortlaut: Verhinderungsvertretung kann eine VP nicht per Heranziehung der 2. Stellvertretung vereiteln – weil Heranziehung der 2. Stellv. unter 201 sbM ohnehin nicht in Betracht kommt, bzw. kategorisch ausge­schlossen ist – alles Themen in SBV-Grundkursen: Eine derartige Heranziehung wäre daher m.E. von Anfang an unwirksam (nichtig)

Vergleiche auch BAG, 08.09.2011, 2 AZR 388/10, Rn. 34, sowie BAG, 05.09.1986 – 7 AZR 175/85, für BR / PR, wie bereits oben am 13. Januar 2023 detailliert besprochen… Womöglich haben diese Vertrauensperson sowie ihre 2. Stellvertretung im „Grundseminar“ dort etwas „miss­ver­standen“, oder etwa gar Vorsatz dieser beiden? Wie lang geht das schon so? Laut dieser Rspr. hängt Ihr Status lt. § 179 Abs. 3 Satz 2 SGB IX nicht davon ab, ob ihnen die Verhinderung der VP jeweils bekannt gegeben oder aber pflichtwidrig verheimlicht wird („…die gleiche persönliche Rechtsstellung wie die Vertrauensperson“)

jade_sun hat geschrieben: Mittwoch 4. September 2024, 08:05 Mein Fall liegt zur Zeit beim Widerspruchs­ausschuss Integrationsamt.
Darf man fragen, obs bei diesem „Fall“ um dieses Thema geht nach § 177 Absatz 7 Satz 5 SGB IX und mit welcher konkreten Begründung? Gruß Jada Wasi
jada.wasi
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„Immer Ärger mit der Heranziehung!“

Beitrag von jada.wasi »

Wahlreihenfolge = maßgeblich
nicht jedoch persönl. Vorlieben

jade_sun hat geschrieben: Mittwoch 4. September 2024, 08:05 Ist das Übergehen und die gleichzeitige He­ranziehung des 2. Stellvertreter­s eine grobe Verletzung der Pflichten der VP?
Hallo jade sun,

ja - m.E. offensicht. fortgesetzte sowie wohl vorsätzliche grobe Amtspflichtverletzung und zwar sowohl der VP als auch der 2. Stellvertretung, weil sehr klare sowie längst abschließend „ausgeurteilte“ Rechtslage, wonach beide offensichtlich dazu weder per Gesetz noch durch Wahl legitimiert sind, sondern beide eigenmächtig vorgehen gemäß eigenem Gutdünken unter grober Missachtung der_Wahlergebnisse. Das ist m.E. durchsichtig und im Ergebnis dreister „Wahlbetrug“, so als hätte 2. Stv. die Stellvertreterwahl gewonnen – wider besseres Wissen. Im_Übrigen bin ich der Meinung, dass die VP ihre Ver­hinderung der 1. Stellvertretung jeweils zu melden hat. Vergleiche sinngem. Düwell, LPK-SGB IX, § 177 Rn 7 („Verhinderungsfall rechtzeitig anzuzeigen“)

Die Vertrauensperson ist nicht frei in der Auswahl des stellvertretenden Mitglieds, welches sie zu bestimmten Aufgaben „heranziehen“ will. Vielmehr schreibt Gesetz ausdrücklich vor, dass sich die Heranziehung nach der „Stimmenzahl“ bei der Wahl in die SBV zu richten hat.
Das gilt für die Verhinderungsvertretung gleichermaßen, wobei die VP das selbst nie zu bestimmen hat, weil per Gesetzesbefehl vom Gesetzgeber selbst bestimmt und das_im Ergebnis eine Missachtung der Wahl wäre. Der haltlosen „Gegenansicht“ in diesem Forum 2022 wurde energisch widersprochen – weil rechtlicher Unfug! (vgl. dazu Prof. Düwell, LPK-SGB IX, § 178 Rn. 24). VP hat weder_die Befugnis, den Vertreter zu bestimmen, noch eigenmächtig dabei von der Stimmenzahl abzuweichen, nachdem es dafür keinerlei gesetzl. Ermächtigung gibt.
In dem § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX findet sich keinerlei Befugnis der VP, dass diese irgendeinen ihrer Stell­ver­tr. nach_Belieben zur Vertretung auswählen dürfe, da kraft Gesetzes der 1. Stv vorrangig die Vertretung zufällt, d.h. insoweit keinerlei Ermessen.

Die-Super-VP hat geschrieben: Samstag 18. Februar 2023, 16:37 Der "falsche" Stellvertreter könnte dann zum Regress herangezogen werden.
Diese Sichtweise halte ich insoweit für äußerst fragwürdig, jedenfalls soweit der Arbeitgeber von eigenmächtiger und illegal. Heranziehung eines nachrangigen Stv unterrichtet wurde nach § 178 Absatz 1 Satz 4 und 5 SGB IX und das nicht monierte. Eine „Heranziehung“ unter 101 sbM gibt‘s rechtlich überhaupt nicht, wie wiederholt geschrieben!

NB: Gehe davon aus, dass Widerspruchsausschuss Ihres Integrationsamts diese BIH-Broschüre (Kap. 3.2, Seite 28 Absatz 3) zur Heranziehung geläufig ist. Siehe dazu auch hier mit weiteren Belegen, sowie mit Schulungsvideo auf YouTube: „Immer Ärger mit der Heranziehung!“ - obwohl eigentlich „kinderleichte Angelegenheit“. Leider wurde in BIH-Broschüre 2022 für Verhinderungsvertretung auf die wichtige „Vertretungskette“ nicht näher eingegangen, da praxisrelevant, wie auch Ihr Fall deutlich zeigt …

Was ist gemeint?
Ist da nun „Heranziehung“ gemeint bei über 200 sbM lt. § 178 Abs. 1 SGB IX, oder vielmehr die Verhinderungs­vetretung nach § 177 Abs. 1 SGB IX gemeint? Darunter gibt’s ohnehin niemals Heranziehung für 2. Stellv. - weil gesetzlich nicht vorgesehen, also ausgeschlossen. Das wäre_ggf nicht ordnungsgemäße SBV-Beteiligung - am Gesetzgeber vorbei mit allen Konsequenzen für solche schweren Rechtsbrüche: „Wählerwille“ ist unbedingt zu respektieren, ansonsten u.a. Amtsanmaßung bzw. ein fortgesetzter ggf. vorsätzlicher Amtsmissbrauch, also demnach reine Willkür nach persönl. „Befindlichkeit“.
:?: Kurze Verständnisfrage: Wie viele sbM gibts ca.?
Mit welcher genauen Begründung macht das die VP?
Betrieb (BetrVG) oder Behörde? Gruß Jada Wasi
jada.wasi
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Vertretungskette bei Abwesenheitsvertretung

Beitrag von jada.wasi »

Zur gesetzlichen Vertretungskette

jade_sun hat geschrieben: Mittwoch 4. September 2024, 08:05 Ist das Übergehen und die gleichzeitige He­ranziehung des 2. Stellvertreter­s eine grobe Verletzung der Pflichten der VP?
Das ist zweifellos fortgesetzte grobe und doppelte Missachtung der BAG-Rspr. sowohl bezüglich der Heranziehung als auch Verhinderungsvertretung - zudem_wohl auch verfassungswidrig. Lassen Sie sich_hierbei nicht veralbern, bzw. nicht vertrösten so wie z.B. hier:

Bundesarbeitsgericht
Wann da nun Vertretung z. B. durch 2. Stellvertretung möglich ist, vgl. z.B. BAG, 07.04.2004 – 7 ABR 35/03 - Rn. 31 (Charité), zum SGB IX 2001 – also alles längst erschöpfend höchstrichterl. geklärt, z.B. zur Frage der Verhinderungsvertretung durch 2. Stellvertretung (nur dann,_soweit diese VP und 1. Stv. beide gleichzeitig verhindert sind – sonst eben nicht laut BAG, vor über zwanzig Jahren entschieden!). Zur „Vertretungskette“ siehe auch ArbG Hamburg, 19.05.2016 - 12 BV 7/15, ausführl. Diskussion 2015 sowie Prof. Dr. Kohte 2022; ebenso Prof. Düwell, LPK-SGB IX, § 177 Rn. 7, 1443: („vertritt_das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied“) und § 177 Rn. 6 Seite 1438 („nimmt_das erste stellvertretende Mitglied zeitgleich Sprechstunde der SBV wahr“).

Siehe zur Vertretungskette schon LAG Hessen
vom 04.12.2001 – 15 Sa 384/01 – mit Leitsatz 2,

dass der 2. Vertreter nur dann tätig wird, wenn der erste_Vertreter gleichfalls verhindert ist.

jade_sun hat geschrieben: Mittwoch 4. September 2024, 08:05 .… Was kann man rechtlich wo am besten durchsetzen, damit dieses Amt nicht weiter missbraucht wird?
Verstößt eine VP sowie eine nachrangige Stv. gegen das Behinderungsverbot des § 179 Abs. 2 SGB IX, dann steht der 1. Stv. ein Unterlassungsanspruch aus dieser Vorschrift zu (vgl. ArbG Hamburg, 19.05.2016 – 12 BV 7/15, II.2.c.aa, mit Verweis auf BAG, Beschluss vom 07.04.2004 - 7 ABR 35/03), also Arbeitsgericht. Gruß Jada Wasi
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