Gültigkeit eines Wahlvorschlags

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a. friend

Gültigkeit eines Wahlvorschlags

Beitrag von a. friend »

Mojn-Mojn zusammen,

als Mitglied im Wahlvorstand haben ich bei Wahlbewerber X folgenden Fehler entdeckt:

Der Bewerber hat zwei getrennte Vorschläge eingereicht - einmal für die Vertrauensperson und einmal für die Stellvertretung.

Dabei lautet der Text beim Vorschlag für die Vertrauensperson:
Wahlvorschlag Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen
Wahlvorschlag für die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen bei <BETRIEB>
(was ja soweit korrekt ist) und beim Vorschlag für die Stellvertretung
Wahlvorschlag stellvertretendes Mitglied der schwerbehinderten Menschen
Wahlvorschlag für die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen bei <BETRIEB>
Das passt nicht zusammen.

Im Wahlvorstand herrscht jetzt etwas Unsicherheit über die Frage, ob der fehlerhafte Wahlvorschlag gültig ist (mMn ungültig) und falls ja, ob der Fehler heilbar oder unheilbar ist (wiederum mMn unheilbar).

Kann jemand weiterhelfen?
albin.göbel
Beiträge: 701
Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

Gültigkeit Doppelwahlvorschlag? Zahl der Unterstützer/Formulare?

Beitrag von albin.göbel »

  • »Ein Vorschlagszettel reicht«
a.friend hat geschrieben: Im Wahlvorstand herrscht jetzt etwas Unsicherheit über die Frage, ob der fehlerhafte Wahlvorschlag gültig ist (mMn ungültig) und falls ja, ob der Fehler heilbar oder unheilbar ist (mMn unheilbar).

Dieser Ansicht ist m.E. energisch zu widersprechen!

Hallo, ich kann hierbei eigentlich - keinerlei - Wahlehler erkennen. So wie ich den zweiten Wahlvorschlagszettel für sich genommen verstehe, erfolgt Doppelkandidatur. Es ist glasklar erkennbar, dass für beide Ämter kandidiert werden soll, nämlich sowohl als "Vertrauensperson" und "stellvertretendes Mitglied". Die Wahlberechtigten wollen die doppelte Kandidatur unterstützen; das ist laut dem Rechtsgedanken des § 9 Absatz 5 ­SchwbVWO deren eindeutig er­kenn­ba­rer und jeden Zweifel ausschließender Wille, den der Wahlvorstand res­pek­tieren muss: Es geht um das Erfordernis, dass sich der "Wille des Wählers zweifelsfrei ergibt", den Kandidaten X als ordentliches und stell­ver­tre­ten­des Mitglied ins Rennen zu schicken. Andere Auslegung ist ausgeschlossen*)

Das ist ohne weiteres und unproblematisch möglich – auf ein und der­sel­ben­­ Urkunde – laut dem Fachschrifttum*) Das wurde auch schon hier sowie hier im Forum m.w.N. leidenschaftlich und kontrovers diskutiert zu der in dem Punkt leider etwas miss­ver­ständ­lich­ formulierten Wahlordnung. Wenn mit genug Stützunterschriften im Original (so viele, wie im Ausschreiben stehen - und nicht doppelt so viel!) un­ter­zeich­net, dürfte das als gültig anzusehen sein für Doppelkandidatur. Alles andere wäre ein durch nichts zu rechtfertigender bzw. ein weit überzogener Formalismus: Von einem solchen (sinnfreien) Bü­ro­kra­tismus steht nichts in der Wahlordnung! (ebenso Prof. Düwell, Handbuch: "Wahl der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung", 2. Auflage 2018, Abschnitt 10.3.3 m.w.N.)

:idea: Zahl der Unterstützer?
Auch wenn für einen Vorschlag z.B. zehn Un­ter­stüt­zer benötigt werden gemäß Aus­schrei­ben, sind für einen Dop­pel­wahl­vor­schlag für einen Bewerber nicht etwa dop­pelt so viele Un­ter­stüt­zer erforderlich, wie man auf dem ersten Blick meinen könnte, son­dern auch nur zehn, was aber leider von einzelnen Wahlvorständen zuweilen verkannt wurde nach Berichten in die­sem Wahl­fo­rum, da sich diese auf überzogene zwanzig statt zehn Un­ter­stüt­zer versteiften und nicht als gültig akzeptierten: Dabei wä­re ggf. Tempo geboten um­mit­tel­bar nach einer Ablehnung mit sofortigem Eilantrag beim ArbG, sofern ein Wahl­vor­stand trotz Einwendungen nicht einlenken und Fehl­be­schluss nicht revidieren sollte. (Adlhoch in: Ernst/Adl­hoch/Seel, SGB IX, § 94 Rn 123, zur Zu­las­sung eines Wahlvorschlags)

:idea: Zahl der Formulare?
Soweit verbreitet in Formularen zur ­Wahl­aus­schrei­bung steht, dass die Dop­pel­kan­di­da­tur nur auf zwei verschiedenen Wahl­vor­schlags­zet­teln möglich sei, nämlich in einem "Wahl­vor­schlags­zet­tel" als Ver­trau­ens­per­son und im anderen als stell­ver­tre­ten­des Mitglied (so unter anderm in BIH-Wahlbroschüre, Seite 103; dem un­kri­tisch folgend: Wiegand/Hohmann, Kommentar SchwbVWO, Seite 309, Nr. 6), so ist das definitiv keine Vorgabe der Wahlordnung sowie irreführend, und kann daher nicht verlangt werden. Ei­ne Ablehnung alleine aus diesem Grunde würde folglich beide Wahlen generell an­greif­bar machen per Eilantrag bzw An­fech­tung beim ArbG. Es müssen nicht zwei verschiedene Wahl­vor­schlags­zet­tel sein, sondern ein Vordruck (Schrift­stück) reicht vielmehr allemal aus! (Düwell, LPK-SGB IX Rn 59 zu § 94 aF*).

Können = ja, müssen = nein. Darüber hat ein Wahlvorstand nicht zu befinden! Dies ist allein Sa­che der Un­ter­stüt­zer bzw. des Bewerbers, da es eine solche formelle An­for­de­rung nicht gibt, also ohne Belang! Sol­che zusätzlichen völlig zweck­frei­en Wahl­vo­raus­set­zun­gen in Aus­schrei­ben - übers Wahlrecht hinaus - sind unbeachtlich. Ein of­fen­bar rein "redaktioneller Fehler", wel­cher­ im neuen Ausschreiben für die SBV-Stufe (Seite 106 Nr. 6) nicht enthalten ist. So zu Recht auch das neue WahlNAVI, Stich­wort: "Bewerbung für zwei Ämter", wonach beide Varianten zulässig sind.

Erfolgt der Doppelwahlvorschlag des Kan­di­da­ten hingegen auf zwei verschiedenen Urkunden, so ist die Unterzeichnung "meh­re­rer" Wahlvorschläge ausnahmsweise zu­läs­sig. Wer also den einen Vorschlag un­ter­schreibt, darf auch den anderen un­ter­schrei­ben. Es müssen also nicht un­ter­schied­li­che sbM sein, die die getrennten Vorschläge auf beiden Zetteln jeweils un­ter­schrei­ben. Das Verbot der Mehr­fach­un­ter­stüt­zung greift hier nicht, da es sich ja (im Unterschied z.B. zur Betriebsratswahl, was aber schon gern mal übersehen wird) um verschiedene Ämter bzw verschiedene Wahlen handelt (so auch zu Recht Düwell "Wahl der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung", 2. Auflage 2018, Abschnitt 10.3.3, m.w.N.; ferner Sachadae, "Die Wahl der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung", Seite 419).

TIPP: Diesen Doppelwahlvorschlag durch­win­ken, wenn sonst alles passen sollte, weil Sie sich sonst angreifbar machen würden! Vergl. auch Diskussion aus 2014 mit zahlreichen weiteren Nachweisen und die Diskussion „zur perfekten Verwirrung“ bei einer Polizeibehörde.

Viele Grüße
Albin Göbel

*) "Dieser Doppelwahlvorschlag kann auf ein und derselben Urkunde oder auch auf zwei getrennten Urkunden gemacht wer­den­." (Prof. Düwell, Wahl der SBV 2018, Abschnitt 10.3.3 Wahlvorschläge m.w.N).
a. friend

Re: Gültigkeit eines Wahlvorschlags

Beitrag von a. friend »

Hallo Albin,

erstmal danke für die schnelle Antwort!

Nachdem der Bewerber VON SICH AUS zwei getrennte Wahlvorschläge für die Bewerbung als VP und SV eingereicht hat - beide mit ausreichend Stützunterschriften - ist wohl eindeutig, daß der Kandidat sich für beide Posten bewerben will.

Der Wahlvorstand hat daher Sinn über Form gestellt und beide Vorschläge akzeptiert.
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