- »Ein Vorschlagszettel reicht«
a.friend hat geschrieben: Im Wahlvorstand herrscht jetzt etwas Unsicherheit über die Frage, ob der fehlerhafte Wahlvorschlag gültig ist (mMn ungültig) und falls ja, ob der Fehler heilbar oder unheilbar ist (mMn unheilbar).
Dieser Ansicht ist m.E. energisch zu widersprechen!
Hallo, ich kann hierbei eigentlich - keinerlei - Wahlehler erkennen. So wie ich den zweiten
Wahlvorschlagszettel für sich genommen verstehe, erfolgt
Doppelkandidatur. Es ist glasklar erkennbar, dass für beide Ämter kandidiert werden soll, nämlich sowohl als "Vertrauensperson" und "stellvertretendes Mitglied". Die Wahlberechtigten wollen die doppelte Kandidatur unterstützen; das ist laut dem Rechtsgedanken des § 9 Absatz 5 SchwbVWO deren eindeutig erkennbarer und jeden Zweifel ausschließender Wille, den der Wahlvorstand respektieren muss: Es geht um das Erfordernis, dass sich der
"Wille des Wählers zweifelsfrei ergibt", den Kandidaten X als ordentliches und stellvertretendes Mitglied ins Rennen zu schicken. Andere Auslegung ist ausgeschlossen*)
Das ist ohne weiteres und unproblematisch möglich – auf ein und derselben Urkunde – laut dem Fachschrifttum*) Das wurde auch schon
hier sowie
hier im Forum m.w.N. leidenschaftlich und
kontrovers diskutiert zu der in dem Punkt leider etwas missverständlich formulierten Wahlordnung. Wenn mit genug Stützunterschriften im Original (so viele, wie im Ausschreiben stehen - und nicht doppelt so viel
!) unterzeichnet, dürfte das als gültig anzusehen sein für
Doppelkandidatur. Alles andere wäre ein durch nichts zu rechtfertigender bzw. ein weit
überzogener Formalismus: Von einem solchen (sinnfreien) Bürokratismus steht nichts in der Wahlordnung! (ebenso Prof.
Düwell, Handbuch: "Wahl der Schwerbehindertenvertretung", 2. Auflage 2018, Abschnitt 10.3.3 m.w.N.)
Zahl der Unterstützer?
Auch wenn für einen Vorschlag z.B. zehn Unterstützer benötigt werden gemäß Ausschreiben, sind für einen Doppelwahlvorschlag für einen Bewerber nicht etwa doppelt so viele Unterstützer erforderlich, wie man auf dem ersten Blick meinen könnte,
sondern auch nur zehn, was aber leider von einzelnen Wahlvorständen zuweilen verkannt wurde nach Berichten in diesem Wahlforum, da sich diese auf überzogene zwanzig statt zehn Unterstützer versteiften und nicht als gültig akzeptierten: Dabei wäre ggf.
Tempo geboten ummittelbar nach einer Ablehnung mit sofortigem Eilantrag beim ArbG, sofern ein Wahlvorstand trotz Einwendungen nicht einlenken und Fehlbeschluss nicht revidieren sollte. (
Adlhoch in: Ernst/Adlhoch/Seel, SGB IX, § 94 Rn 123, zur Zulassung eines Wahlvorschlags)
Zahl der Formulare?
Soweit verbreitet in Formularen zur Wahlausschreibung steht, dass die Doppelkandidatur nur auf zwei verschiedenen Wahlvorschlagszetteln möglich sei, nämlich
in einem "Wahlvorschlagszettel" als Vertrauensperson und im anderen als stellvertretendes Mitglied (so unter anderm in BIH-Wahlbroschüre, Seite 103; dem unkritisch folgend: Wiegand/Hohmann, Kommentar SchwbVWO, Seite 309, Nr. 6), so ist das definitiv
keine Vorgabe der Wahlordnung sowie irreführend, und kann daher nicht verlangt werden. Eine Ablehnung alleine aus diesem Grunde würde folglich beide Wahlen generell angreifbar machen per Eilantrag bzw Anfechtung beim ArbG. Es müssen
nicht zwei verschiedene Wahlvorschlagszettel sein,
sondern ein Vordruck (Schriftstück) reicht vielmehr allemal aus! (
Düwell, LPK-SGB IX Rn 59 zu § 94 aF*).
Können = ja, müssen = nein. Darüber hat ein Wahlvorstand
nicht zu befinden! Dies ist allein Sache der Unterstützer bzw. des Bewerbers, da es eine solche formelle Anforderung nicht gibt, also ohne Belang! Solche zusätzlichen völlig zweckfreien Wahlvoraussetzungen in Ausschreiben - übers Wahlrecht hinaus - sind unbeachtlich. Ein offenbar rein "redaktioneller Fehler", welcher im neuen Ausschreiben für die SBV-Stufe (Seite 106 Nr. 6) nicht enthalten ist. So zu Recht auch das neue
WahlNAVI, Stichwort:
"Bewerbung für zwei Ämter", wonach beide Varianten zulässig sind.
Erfolgt der Doppelwahlvorschlag des Kandidaten hingegen auf zwei verschiedenen Urkunden, so ist die Unterzeichnung "mehrerer" Wahlvorschläge ausnahmsweise zulässig. Wer also den einen Vorschlag unterschreibt, darf auch den anderen unterschreiben. Es müssen also nicht unterschiedliche sbM sein, die die getrennten Vorschläge auf beiden Zetteln jeweils unterschreiben. Das Verbot der Mehrfachunterstützung
greift hier nicht, da es sich ja (im Unterschied z.B. zur Betriebsratswahl, was aber schon gern mal übersehen wird) um verschiedene Ämter bzw verschiedene Wahlen handelt (so auch zu Recht
Düwell "Wahl der Schwerbehindertenvertretung", 2. Auflage 2018, Abschnitt 10.3.3, m.w.N.; ferner
Sachadae, "Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung", Seite 419).
TIPP: Diesen Doppelwahlvorschlag durchwinken, wenn sonst alles passen sollte, weil Sie sich sonst angreifbar machen würden! Vergl. auch
Diskussion aus 2014 mit zahlreichen weiteren Nachweisen und die
Diskussion „zur perfekten Verwirrung“ bei einer Polizeibehörde.
Viele Grüße
Albin Göbel
*) "Dieser Doppelwahlvorschlag kann auf ein und derselben Urkunde oder auch auf zwei getrennten Urkunden gemacht werden." (Prof.
Düwell, Wahl der SBV 2018, Abschnitt 10.3.3 Wahlvorschläge m.w.N).