Hallo,
im Rahmen von BEM Verfahren betreue ich zwei Beschäftigte unterschiedlicher Unternehmen, einer ist Beamter auf Lebenszeit, der andere aufgrund der Betriebzugehörigkeit nicht mehr ordentlich kündbar.
In beiden Fällen habe ich, da aufgrund der Krankheitszeiten bzw. der Leistungeinschränkung die Versetzung in den Ruhestand bzw. Verrentung droht in Zusammenarbeit mit den SBVen einen Gleichstellungsantrag auf den Weg gebracht.
In beiden Fällen wurde dies abgelehnt mit der Begründung durch den Beamtenstatus bzw. die Unkündbarkeit bestünde kein Schutzbedürfnis. Anrufe der SBV bei der örtlichen BA ergaben, das sich die Sachbearbeiterin auf eine interne Weisung bezog.
Die entsprechende Verfahrensvorschrift schließt eine Gleichstellung in o.g. Fällen explizit nicht aus.
Die Beschreitung des Rechtsweges (Widerspruchsverfahren, Klage dauert erfahrungsgemäß bis zu 2 Jahren. Sind das Einzelfälle.
Ist das eher eine grundsätzliche Position der BA oder eher mangelnder Sachverstand vor Ort?
Gibt es noch andere Möglichkeiten außerhalb des Rechtsweges, die beschritten werden könnten?
Danke
Gleichstellung für Beamte/Unkündbare Beschäftigte
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AW: Gleichstellung für Beamte/Unkündbare Beschäftigte
Hallo,
warum sollte denn der Rechtsweg nicht beschritten werden? Z. B. erst einmal fristwahrend formlos Widerspruch einlegen verbunden mit Antrag auf Akteneinsicht, § 25 SGB X - Recht auf Akteneinsicht.
Da es idR aufgrund des Beamtenstatus an einer Konkurrenzsituation auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mangeln dürfte, wird es eine Gleichstellung aber nur im Ausnahmefall geben, z. B. wenn behinderungsbedingt eine Versetzung in den Ruhestand oder auf einen nicht gleichwertigen Arbeitsplatz droht (und dies z. B. durch behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung mit Hilfe von Leistungen des Integrationsamtes verhindert werden könnte). Es geht ja nicht nur um den Kündigungsschutz, sondern auch um Leistungen. Dabei reicht es aus, wenn der behinderte Mensch durch eine vom Arbeitgeber (ggf. mit Unterstützung des Integrationsamtes) zu stellende behindertengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes in die Lage versetzt werden kann, diesen vollständig auszufüllen.Es müssen auch solche Arbeitsplätze in den Blick genommen werden, die erst durch zumutbare (§ 81 Abs. 4 S. 3 SGB IX) Umgestaltung zu geeigneten Arbeitsplätzen iSv § 2 Abs. 3 SGB IX werden (vgl. Feldes/Kohte/Stevens-Bartol, SGB IX, Rnr. 28 zu § 2, S. 161 f.).
warum sollte denn der Rechtsweg nicht beschritten werden? Z. B. erst einmal fristwahrend formlos Widerspruch einlegen verbunden mit Antrag auf Akteneinsicht, § 25 SGB X - Recht auf Akteneinsicht.
Da es idR aufgrund des Beamtenstatus an einer Konkurrenzsituation auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mangeln dürfte, wird es eine Gleichstellung aber nur im Ausnahmefall geben, z. B. wenn behinderungsbedingt eine Versetzung in den Ruhestand oder auf einen nicht gleichwertigen Arbeitsplatz droht (und dies z. B. durch behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung mit Hilfe von Leistungen des Integrationsamtes verhindert werden könnte). Es geht ja nicht nur um den Kündigungsschutz, sondern auch um Leistungen. Dabei reicht es aus, wenn der behinderte Mensch durch eine vom Arbeitgeber (ggf. mit Unterstützung des Integrationsamtes) zu stellende behindertengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes in die Lage versetzt werden kann, diesen vollständig auszufüllen.Es müssen auch solche Arbeitsplätze in den Blick genommen werden, die erst durch zumutbare (§ 81 Abs. 4 S. 3 SGB IX) Umgestaltung zu geeigneten Arbeitsplätzen iSv § 2 Abs. 3 SGB IX werden (vgl. Feldes/Kohte/Stevens-Bartol, SGB IX, Rnr. 28 zu § 2, S. 161 f.).
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AW: Gleichstellung für Beamte/Unkündbare Beschäftigte
Hallo,
eine Verbeamtung oder eine (tarifliche) ordentliche Unkündbarkeit schließt eine Gleichstellung nicht grundsätzlich aus. Dies steht auch so ausdrücklich im Runderlass der AA zur Gleichstellung, der auch im Netz frei verfügbar ist, z.B. hier:
http://www.schwbv.de/text/erlass_zur_gleichstellung.pdf" onclick="window.open(this.href);return false;
Bei ordentlich unkündbaren AN gibt es schließlich für den AG auch noch das Instrument der sog. "außerordentlichen (krankheitsbedingten) Kündigung mit sozialer Auslauffrist". Dies ist - nach meinen Erfahrungen - vielen AA-Entscheidern überhaupt nicht bekannt.
Ein Widerspruchsverfahren bei der AA dauert idR 4-8 Wochen.
eine Verbeamtung oder eine (tarifliche) ordentliche Unkündbarkeit schließt eine Gleichstellung nicht grundsätzlich aus. Dies steht auch so ausdrücklich im Runderlass der AA zur Gleichstellung, der auch im Netz frei verfügbar ist, z.B. hier:
http://www.schwbv.de/text/erlass_zur_gleichstellung.pdf" onclick="window.open(this.href);return false;
Bei ordentlich unkündbaren AN gibt es schließlich für den AG auch noch das Instrument der sog. "außerordentlichen (krankheitsbedingten) Kündigung mit sozialer Auslauffrist". Dies ist - nach meinen Erfahrungen - vielen AA-Entscheidern überhaupt nicht bekannt.
Ein Widerspruchsverfahren bei der AA dauert idR 4-8 Wochen.
&Tschüß
Wolfgang
Wolfgang
AW: Gleichstellung für Beamte/Unkündbare Beschäftigte
Ich habe den Betroffenen enpfohlen Rechtsmittel einzulegen und den erwähnten Runderlass der BA, sowie entsprechende Rechtsprechung des BVerwG, die bestätigt haben, das die zur Ruhesetzung dem Verlust eines Arbeitsplatzes gleichkommt und somit eine Gleichstellung gerechtfertigt ist. Die Widerspruchsverfahren sind auch abgelehnt worden. Die hiesige Agentur für Arbeit scheint hier völlig schematisch vorzugehen nach dem Grundsatz: Beamter/Unkündbare Angestellte = keine Gleichstellung. Man könnte das auch Rechtsbeugung nennen.
Ein 1,5 - 2 Jahre dauerndes Rechtsstreit vor dem SG kostet wichtige Zeit.
@Matthias Günther: Habe ich gesagt man solle den Rechtsweg nicht beschreiten? Aber trotzdem danke für Ihre Hinweise!
Ein 1,5 - 2 Jahre dauerndes Rechtsstreit vor dem SG kostet wichtige Zeit.
@Matthias Günther: Habe ich gesagt man solle den Rechtsweg nicht beschreiten? Aber trotzdem danke für Ihre Hinweise!
AW: Gleichstellung für Beamte/Unkündbare Beschäftigte
Zu den Kriterien einer Gleichstellung von Lebenszeitbeamten - unter Aufhebung des Urteils des LSG Mainz - siehe z.B. BSG, wonach eine Unkündbarkeit bei Vorliegen "besonderer Umstände" der Gleichstellung nicht von vornherein entgegensteht. Diese Meinung wurde seit langem auch von der beamtenrechtlichen Literatur vertreten.
BSG, 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R
"Ob der Beamtenstatus hinreichend gegen (widerrechtliche) Versetzungen und den Verlust eines amtsangemessenen Arbeitsplatzes schützt, ist dabei ohne Bedeutung. Die Freiheit, auch als Beamter ein neues Tätigkeitsfeld zu suchen, kann nämlich nicht dadurch eingeschränkt werden, dass ein Beamter gegenüber anderen behinderten Arbeitnehmern bei der Arbeitsuche schlechter gestellt wird."
Die Rechtsprechung verlangt aber eine schlüssige Darstellung bzw. substantiierte Begründung "besonderer Umstände", etwa konkret drohende behinderungsbedingte Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand oder die drohende behinderungsbedingte Umsetzung auf einen anderen nicht gleichwertigen oder der Behinderung nicht entsprechenden Dienstposten. Auch bei Beamten kann es darum gehen, einen geeigneten bzw. behinderungsgerechten Arbeitsplatz zu behalten oder zu erlangen nach § 81 Abs. 4 SGB IX z.B. im Rahmen von konkreten BEM-Maßnahmen.
Expertenanmerkung zum Urteil:
Dr. Maximilian Baßlsperger
Dr. Babette Tondorf, RA
Johann Mayr, ZBFS
Gruß,
Jada Wasi
BSG, 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R
"Ob der Beamtenstatus hinreichend gegen (widerrechtliche) Versetzungen und den Verlust eines amtsangemessenen Arbeitsplatzes schützt, ist dabei ohne Bedeutung. Die Freiheit, auch als Beamter ein neues Tätigkeitsfeld zu suchen, kann nämlich nicht dadurch eingeschränkt werden, dass ein Beamter gegenüber anderen behinderten Arbeitnehmern bei der Arbeitsuche schlechter gestellt wird."
Die Rechtsprechung verlangt aber eine schlüssige Darstellung bzw. substantiierte Begründung "besonderer Umstände", etwa konkret drohende behinderungsbedingte Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand oder die drohende behinderungsbedingte Umsetzung auf einen anderen nicht gleichwertigen oder der Behinderung nicht entsprechenden Dienstposten. Auch bei Beamten kann es darum gehen, einen geeigneten bzw. behinderungsgerechten Arbeitsplatz zu behalten oder zu erlangen nach § 81 Abs. 4 SGB IX z.B. im Rahmen von konkreten BEM-Maßnahmen.
Expertenanmerkung zum Urteil:
Dr. Maximilian Baßlsperger
Dr. Babette Tondorf, RA
Johann Mayr, ZBFS
Gruß,
Jada Wasi
AW: Gleichstellung für Beamte/Unkündbare Beschäftigte
Danke für alle Vorschläge . Damit kann ich super arbeiten!!!!