BEM Mitarbeiterliste

dpolg-bayer
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Beitrag von dpolg-bayer »

Guten Tag,
ich hätte da eine Frage zum Beitrag:
"Für den BR hat das BAG diesen Auskunftsanspruch auch gegen den Willen der Betroffenen für die gesamte Belegschaft bereits entschieden (BAG, 7.2.2012, 1 ABR 46/10)."
:?:
Könnte das zitierte Urteil des BAG auch auf den Auskunftsanspruch des Personalrates in einer bayerischen Behörde angewandt werden?

Diese Behörde bestreitet dies nämlich mit der Begründung, dass es sich um ein Urteil zum Betriebsverfassungsgesetz handelt und deshalb auf das Bayerische Personalvertretungsgesetz nicht einfach übertragen werden kann - auch nicht sinngemäß. Das kann ich wieder einmal nicht nachvollziehen.

Vielen Dank
Ulrich.Römer
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Beitrag von Ulrich.Römer »

Hallo dpolg-bayer,
eigentlich wäre das Urteil meiner Meinung nach natürlich auch auf bayerische Verwaltungen anwendbar. Kurioserweise erinnere ich mich, dass es nach dem BAG-Urteil ein Urteil des Münchner Verwaltungsgerichtshofes gab in dem das nicht bestätigt wurde. Habe das Urteil leider nicht verfügbar, vielleicht können uns hier die Kollegen aus Bayern weiterhelfen?
Ulrich Römer

Moderator der BIH-Foren
dpolg-bayer
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Beitrag von dpolg-bayer »

Hallo Herr Römer,

eigentlich hätte ich selbst darauf kommen können. Der Bayer. VGH hat tatsächlich gegenteilig entschieden.

Auszug:
§ 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX i.V.m. Art. 69 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BayPVG verleiht der Personalvertretung kein Recht, vom Leiter einer Dienststelle ohne die Einwilligung der Betroffenen die Bekanntgabe der Namen der Personen verlangen zu können, denen ein betriebliches Eingliederungsmanagement angeboten wurde (vgl. BayVGH vom 30.4.2009 Az. 17 P 08.3389).

Anspruch des Personalrats auf Mitteilung der Namen der Personen, denen ein betriebliches Eingliederungsmanagement angeboten wurde;

Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Beschäftigten

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof 17. Senat, Beschluss vom 12.06.2012, 17 P 11.1140

§ 84 Abs 2 SGB 9, Art 69 Abs 2 S 1 PersVG BY, Art 69 Abs 2 S 2 PersVG BY, Art 2 Abs 1 GG, Art 1 Abs 1 GG
dpolg-bayer
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Beitrag von dpolg-bayer »

Sollte Sie das gesamte Urteil interessieren:

www.dejure.org/2012,20073


Schönes Wochenende
albin.göbel
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AW: BEM-Mitarbeiterliste monatlich und namentlich!

Beitrag von albin.göbel »

dpolg-bayer hat geschrieben:Das kann ich nicht nachvollziehen...
... das VG München auch nicht:

1. Es ist dem Verwaltungsgerichtshof München zu Recht nicht gefolgt, hat u.a. dessen Entscheidung vom 12.06.2012 als viel zu eng angesehen und hat daher den Kernaussagen des Beschlusses des BVerwG vom 04.09.2012, 6 P 5.11, bzw. den stichhaltigen Nachweisen zu Art. 69 BayPVG klar den Vorzug gegeben mit fundierter bzw. umfänglicher Begründung zur Namensliste der BEM-Berechtigten, ohne die der Normvollzug nicht geprüft werden könne. Es hat herausgearbeitet sowie festgestellt, dass rein abstraktes Zahlenmaterial nicht ausreichend ist:

TENOR: "Der Beteiligte wird verpflichtet, einem vom Personalrat benannten Mitglied und im Verhinderungsfall dessen Ver­tre­tung die Namen und Organisationse­in­hei­ten­ der vom BEM betroffenen Be­schäf­ti­gten monatlich aktualisiert mitzuteilen."
VG München, 4.11.2014, M 20 P 13.3160


2. Das Verwaltungsgericht hat demnach für Recht erkannt, dass der Personalrat nicht lediglich mindestens halbjährlich, sondern zumindest monatlich zu unterrichten ist. Das entspricht dem Sinn des BEM und der ihm immanenten Gesundheitsprävention: Das VG München hat auch insoweit dem Feststellungsantrag zu Recht entsprochen, wonach eine Info von nur 2x jährlich beim BEM nicht ausreicht. Eine lediglich halbjährliche Info wäre nicht "rechtzeitig" i.S.d. Art. 69 BayPVG, regelmäßig viel zu spät bzw. folglich nicht ordnungsgemäß (vergl. dazu auch ArbG Marburg vom 11.04.2008, 2 Ca 466/07). Der PR ist regelmäßig zeitnah nach 6 Wochen AU zu unterrichten und nicht irgendwann. Es gibt nirgends eine so lange gesetzliche Frist von sechs Monaten. Soweit vereinzelt in Beschlüssen aller Instanzen dennoch von überlangen sechs Monaten die Rede ist, hat dies allein "prozessuale" Gründe und beruht auf ungeschickten Anträgen von Personalräten bzw. ihren Anwälten.

3. Die Dienststelle hat hier unaufgefordert zu unterrichten. Die "umfassende" Info i.S.d. Art. 69 BayPVG umfasst nicht nur die bloße BEM-Berechtigung, also die Namen derjenigen, denen ein BEM anzubieten ist, sondern nach h.M. zumindest auch das konkrete BEM-Hinweisschreiben mit BEM-Angebot (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.09.2012, 6 P 5.11, Rn. 36/37). Auf evtl. gegenteilige BEM-Vereinbarungen (nur "anonymisierte" Listen alle sechs Monate) wie hier, oder auf BEM-Umfragen in der Dienststelle (soll PR unterrichtet werden?) wie hier, oder auf eine gegenteilige Ansicht von Datenschutzbeauftragten wie hier kommt es personalvertretungsrechtlich laut Beschluss des VG München hingegen nicht an! Der PR muss einen "besonderen Anlass" oder ein konkretes besonderes Überwachungsbedürfnis nicht darlegen entgegen dem z.B. obsoleten Beschluss des VG München vom 12.11.2008, M 20 P 08.3530. Denn das besteht generell von Rechts wegen kraft bundesgesetzlicher Aufgabenzuweisung! Vgl. dazu auch B­IH-Akademie sowie BMAS wie folgt:

"Der Betriebs- oder Personalrat hat das Recht, vom Arbeitgeber darüber informiert zu werden, ob ein Beschäftigter im Betrieb länger als sechs Wochen arbeitsunfähig ist und ob diesem Beschäftigten ein BEM angeboten wurde. Denn die Aufgabe des Betriebs- oder Personalrates ist es, zu überwachen, ob der Arbeitgeber seine gesetzliche Verpflichtung zum BEM einhält..."

Vgl. zum namentlichen Auskunftsanspruch rechtsvergleichend auch Prof. Kohte u.a., 06.04.2016, jurisPR-ArbR 14/2016 Anm. 1, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, und SüdWest Datenschutz, Karlsruhe.

Die Unterrichtung umfasst dreierlei: wem anzubieten ist (BEM-Namensliste), wann angeboten wird (Anschreiben) und wie angeboten wird (Hinweisschreiben), was alles natürlich auch gleichzeitig in einem Zug möglich ist.
tatekuru hat geschrieben:Würde gerne wissen, ob SBV das Recht hat, von Personalabteilung regelmäßig Listen der Mitarbeiter übermittelt zu bekommen, welche für das BEM in Frage kommen.
Ja, folgt bei sbM u.a. aus VG München und LAG München, 24.11.2010, 11 TaBV 48/10. Ist sinngemäß auch auf die SBV bei schwerbehinderten Arbeitnehmern sowie schwerbehinderten Beamten übertragbar, weil identische Interessenlage (§ 95 Abs. 2 bzw. § 99 Abs. 1 i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 6 und 7 bzw. § 95 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IX; Düwell, LPK-SGB IX, § 84 Rn. 87 und § 99 Rn. 3; BAG, 16.04.2003, 7 ABR 27/02, Rn. 18). Denn sonst könnte die SBV ohne einen solchen Auskunftsanspruch weder ihr bundesgesetzliches BEM-Initiativrecht noch ihr BEM-Überwachungsrecht effektiv ausüben im Interesse (uninformierter) sbM, denen ein BEM nicht oder nicht rechtzeitig bzw. nicht ordnungsgemäß und folglich nicht wirksam angeboten wurde (ebenso Dr. Paschke: Forum B, Beitrag B10-2014, Seite 6, zum SBV-Unterrichtungs- bzw. Auskunftsanspruch m.w.N. unter reha-recht.de). Demnach ist die SBV jeweils unverzüglich zu unterrichten nach § 95 Abs. 2 SGB IX, sobald bei sbM die BEM-Voraussetzungen vorliegen. Das setzt voraus, dass AU-Zeiten laufend erfasst sowie ausgewertet werden.

Die Unterrichtung umfasst dreierlei: wem anzubieten ist, wann angeboten wird und wie angeboten wird, was alles natürlich auch gleichzeitig in einem Zug möglich ist.

Viele Grüße
Albin Göbel
Ulrich.Römer
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Beitrag von Ulrich.Römer »

;)
Danke für die Aktualisierung.
Ulrich Römer

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albin.göbel
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Beitrag von albin.göbel »

Ulrich Römer hat geschrieben:Eigentlich wäre das Urteil meiner Meinung nach natürlich auch auf bayer. Verwaltungen anwendbar.
Ulrich Römer ist zuzustimmen! Da lag der 17. Senat nach der Literatur zum BayPVG und SGB IX drei-fach daneben und zwar
(1) in datenschutzrechtlicher sowie
(2) in personalvertretungsrechtlicher als
(3) in verfassungsrechtlicher Hinsicht mit seinen Beschlüssen von 2009 und 2012. Zum Verfassungsrecht vgl. auch BVerfG vom 25.03.2015, 1 BvR 1418/12, zum BetrVG, wonach Verfassungsbeschwerde gar nicht zur Entscheidung angenommen wurde.

Bay VGH vom 15.03.2016 - 17 P 14.2689,
bestätigt Anspruch eines PR auf Namen
potentieller BEM-Fälle nun auch in Bayern
(Aufgabe bisheriger Rechtsprechung)
BAYERN | RECHT

LEITSATZ: "Der Dienststellenleiter hat einem vom Personalrat bestimmten Mitglied regelmäßig - hier MONATLICH - die NAMEN der Beschäftigten, denen ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX anzubieten ist, unabhängig von deren Zustimmung mit­zu­tei­len (Aufgabe der bisherigen Recht­spre­chung)"facebook

Hinweise der Landesanwaltschaft unter
www.landesanwaltschaft.bayern.de

Kontextlink:
Düwell, jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 1

Viele Grüße
Albin Göbel
magdalena.mayer
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Beitrag von magdalena.mayer »

Hallo zusammen,
wie ist der Hinweis der Landesanwaltschaft zu verstehen, wonach die Dienststelle sich mit der Erfassung der BEM-Berechtigten (und folglich mit dem BEM-Angebot bzw. der Info des PR) ggf. auch länger Zeit lassen "dürfte" je nach "organisatorischer Vorgehensweise"? Bedeutet dies etwa, dass sich die Personalverwaltung damit mehrere Monate Zeit lassen kann, also größere Zeitabstände auf einer nach oben offenen Zeitskala bei der Erfassung der BEM-Fälle? Sind solche monatelange Intervalle noch zeitnah und rechtzeitig?

Grüße,
Magdalena Mayer
Ulrich.Römer
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Beitrag von Ulrich.Römer »

Hallo Frau Mayer,
die von der Bayrischen Landesanwaltschaft herausgegebene Information halte ich für sehr großzügig interpretiert. Aus Rnr 41
c) Dem Antragsteller die geforderte Übersicht der vom betrieblichen Eingliederungsmanagement betroffenen Beschäftigten monatlich zuzuleiten, begegnet vorliegend keinen Bedenken. Nach Angaben der Beteiligten zu 1 in der mündlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgerichtshof werden die streitgegenständlichen Krankheitsdaten laufend erfasst und jeweils am Anfang des Monats für die zurückliegenden zwölf Monate ausgewertet. Das Angebot zur Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements werde zeitnah nach der Datenerfassung den betroffenen Beschäftigen versandt. Es bedarf daher keiner zusätzlichen Datenerfassung, um den Antragsteller nicht nur regelmäßig in größeren Zeitabständen, sondern monatlich zu informieren. Die monatliche Übermittlung stellt sicher, dass der Antragsteller zeitnah seiner Überwachungsaufgabe nachkommen kann.
lässt sich das meiner Meinung nach nicht so einfach ableiten. Hier wird lediglich der Auswertungszeitraum von einem Monat "noch" als zeitnah angesehen.
Ulrich Römer

Moderator der BIH-Foren
albin.göbel
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Beitrag von albin.göbel »

magdalena.mayer hat geschrieben:Sind solche monatelange Intervalle noch zeitnah und rechtzeitig?
Das sehe ich eher kritisch und zwar auch deswegen, weil es mit moderner EDV-Software seit Jahren überhaupt kein Problem ist, standardmäßig automatische Benachrichtigungen zu generieren, auch tagesaktuell, zum Beispiel wie folgt: "Die BEM-Initiierungsliste zeigt mögliche Fälle stichtagsgenau an und dient u.a. der Initiierung von neuen Verfahren." Das ist folglich eine reine Frage des Wollens, wie von albarracin bereits nachgewiesen bzw. klargestellt am 07.09.2015. Dem PR ist daher grundsätzlich mindestens monatlich eine Namensliste zu übermitteln.

Ebenso Prof. Dr. Kohte: "Dies ist bei dem allgemeinen Einsatz der EDV im Per­so­nal­wesen und der rechtzeitigen Vorlage von Ar­beits­unfähig­keits-Bescheinigungen einfach durchzuführen. Nur auf diese Weise ist es möglich, dass die Angebote rechtzeitig nach sechs Wochen Ar­beits­unfähig­keit erfolgen" (Kohte, Werkbuch BEM 2016, zur "Verfahrenspflicht des Arbeitgebers").

"Überdies sind die Angaben über die Dauer der Arbeitsunfähigkeitszeiten ohnehin vorhanden, weil sie die Grundlage für die Berechnung der in diesem Zeitraum zu zahlenden Vergütung bilden (§ 3 EFZG)", jedenfalls soweit Arbeitnehmer betroffen.
BAG, 07.02.2012, 1 ABR 46/10, Rn. 41

So sehen dies einhellig auch das BMAS, die Bundesregierung, der Gesetzgeber, die Gesetzesmaterialien zur SGB IX-Novelle 2004, sowie die Rechtsprechung, wonach Ziel die frühzeitige Klärung ist (BAG vom 30.09.2010, 2 AZR 88/09 Rn 34; BVerwG vom 23.06.2010, 6 P 8.09, Rn. 66), um so kurzfristig Beschäftigungshindernisse zu überwinden und den Arbeitsplatz durch Leistungen und durch Hilfen zu erhalten (BT-Drs. 15/1783 Seite 12).

Die vereinzelt im Internet ohne nähere Begründung vertretene Gegenansicht halte ich mit der BAG-Rechtsprechung und dem o.g. Gesetzeszweck für unvereinbar. Problematisch sind folglich z.B. "Hinweise" von Arbeitgebern, wonach es regelmäßig ausreiche, wenn "zumindest vierteljährlich" die BEM-Fälle erfasst werden. Derart lange Zeiträume von bis zu drei Monaten und länger lassen sich aus dem SGB IX nicht ableiten und sind verbreitet im Schrifttum auf Ablehnung gestoßen.

Im Übrigen ist die SBV "unverzüglich" bei sbM zu informieren und nicht etwa nur in monatelangen Intervallen (§ 95 Abs. 2 bzw. § 99 Abs. 1 i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 6 und 7 bzw. § 95 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IX).


Viele Grüße
Albin Göbel
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