Befreiung von Mehrarbeit

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Hase

Befreiung von Mehrarbeit

Beitrag von Hase »

Wer kann mir weiter helfen?
Bin seit über 4 Jahren GDB 50
Arbeite seit vielen Jahren in der Altenpflege als Vollzeitkraft (38,5 Stunden)
12 Tage (a 6,5 Std), dann 2 Tage frei.
An den Wochenenden fasst immer mit Doppelschichten (oftmals von 6.30 Uhr bis 20.00 Uhr oder 21.00 Uhr mit Pausen, so dass meistens 9 - 10 Arbeitsstunden an einem Tag erreicht werden).
Dieses ist im Dienstplan ca. 2 Wochen vorher, für den kommenden Monat so vermerkt.
Ganz selten am Wochenende eine 6,5 Stunden Schicht. Diese Jahr bis jetzt an 2Wochendtagen.
Ich merke, dass ich diese Wochenenden nur noch mit sehr viel Anstrengung schaffe.
Das bleibt auch an meinen Körper nicht ohne Spuren.
Letztes Jahr hatte ich innerhalb von 5 Jahren meine 2 . Darm OP. Vorher immer wieder kehrende Entzündungen mit Durchfällen und Stenosenbildung. Vom Dickdarm ist jetzt nur noch die Hälfte vorhanden.
Vom Nachtdienst bin ich mit einem ärztlichen Attest befreit.
Auch die Überlegung in Teilzeit zu gehen befreit mich nicht von den Wochenend Doppelschichten und diese haben es gerade in sich, Halber Personalbestand und über 20 % länger arbeiten.
Nun habe ich mich heute Morgen mit einem Mitarbeiter des Integrationsamtes in Verbindung gesetzt.
Bis jetzt las ich immer, dass bei GDB 50 nach schriftlichen Einreichen des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber "auf Verlangen des Schwerbehinderten dieser von Mehrarbeit frei gestellt wird.
Nun sagte mir der Mitarbeiter des Integrationsamtes, dass dieses nicht so ohne weiteres zutrifft, wenn nach der Mehrarbeit ein Zeitausgleich geschaffen wird. Im übrigen wäre es keine Mehrarbeit, wenn bei einer Vollzeitkraft nicht mehr als 48 Wochenstunden gearbeitet werden, da ja ein Zeitausgleich erfolgt
Bis jetzt bin ich immer davon ausgegangen, dass bei meiner täglichen Arbeitszeit von 6, 5 Stunden alles darüber hinaus auch Überstunden wären. Diese werden dann auch auf meinen Zeitkonto gut geschrieben und dann irgendwann mal abgefeiert.
albarracin_01
Beiträge: 572
Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

AW: Befreiung von Mehrarbeit

Beitrag von albarracin_01 »

Hallo,

die Mehrarbeit nach § 124 SGB IX ist durch die Rechtsprechung definiert worden. Maßstab ist ein "normaler" Vollzeitbeschäftigter im Rahmen des Arbeitszeitgesetze (ArbZG), das noch von einer 6-Tage-Woche ausgeht:

Entweder 8 Std/Tag

oder 48 Std./Woche

Die Einhaltung dieser Grenzen kann von einem schwerbehinderten/gleichgestellten Beschäftigten verlangt werden - und zwar ohne Angabe von Gründen.
Allerdings sollten im geschilderten Fall mögliche Auswirkungen auf das individuelle Arbeitszeitmodell beachtet werden.
&Tschüß
Wolfgang
albin.göbel
Beiträge: 701
Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

AW: Befreiung von Mehrarbeit

Beitrag von albin.göbel »

Zum Unterschied von Überstunden und Mehrarbeit siehe auch FAQ des BMAS:

"Unter Mehrarbeit ist eine Arbeitszeit zu verstehen, die über die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden hinausgeht. Nach § 3 Satz 1 des Arbeitszeitgesetzes vom 6. Juni 1994 darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer 8 Stunden nicht überschreiten. Ist im konkreten Fall eine tägliche Arbeitszeit von 7 Stunden vereinbart, kann der schwerbehinderte Mensch die Ableistung einer weiteren Arbeitsstunde nicht mit Hinweis auf § 124 SGB IX verweigern. Hier handelt es sich nicht um Mehrarbeit, sondern um eine "Überarbeit" oder "Überstunde". Erst eine über 8 Stunden hinaus zu leistende Arbeit kann als Mehrarbeit abgelehnt werden."

Hase hat geschrieben:Doppelschichten (oftmals von 6.30 Uhr bis 21.00 Uhr mit Pausen, so dass meistens 9 - 10 Arbeitsstunden an einem Tag erreicht werden).
Das können Sie ablehnen nach § 124 SGB IX, soweit über acht Stunden hinausgehend.

Hase hat geschrieben:Nun sagte mir der Mitarbeiter des Integrationsamtes, dass dieses nicht so ohne weiteres zutrifft, wenn nach der Mehrarbeit ein Zeitausgleich ge­schaffen wird.
Oops – das ist voll daneben!
Dem ist energisch zu widersprechen!

Da liegt hier wohl "Missverständnis" vor - Zeitausgleich hin oder her. Denn ab acht Stunden arbeitstäglicher Arbeitszeit kann m.E. ein sbM Freistellung von Mehrarbeit verlangen nach § 124 SGB IX. Das steht auch genau so und nicht anders im B­IH-Fachlexikon jedenfalls ab Version 2014 drinnen. Gegenteilige frühere (amtliche) Verlautbarungen halte ich daher definitiv für falsch sowie für un­ver­ein­bar mit stän­di­ger BAG-Rechtsprechung und der Fach­li­teratur. Das trifft also "ohne weiteres" zu und hängt gerade nicht vom Zeitausgleich ab nach dem Wortlaut des § 124 SGB IX, wo das Wort "Zeitausgleich" nicht vorkommt. "Deshalb muss auch die Möglichkeit, nach § 3 Satz 2 ArbZG die Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden täglich zu verlängern, außer Betracht bleiben." Das gilt jedenfalls für "Arbeitnehmer", nicht aber unbedingt für alle „Beschäftigte“ wie Beamte und Richter.

Hase hat geschrieben:An den Wochenenden fast immer mit Doppelschichten...
Gibt's denn da keinen Betriebsrat, der sich um das ArbZG kümmert? ­ Siehe auch hier zu Doppelschichten und zu ­ Ruhezeiten (NJW 8/2012, 487-491, zur "Arbeitszeit in Krankenhäusern")

Viele Grüße
Albin Göbel
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